VII. Und hier der Programmtext schlechthin für unseren frischgebackenen Abschwiffauftberagenen:
Mitten im Kapitel über das Pronomen legt Virgilius in einem langen, umstälnden Abschwiff dar, warum lange, umstälnde Abschwiffe lästig sind:
Multa habui huiusmodi, quae disserere possim, nisi quia perlongum est omnia perscrutari. Sicut enim quis viator via proposita gradiens si alia semita declinare voluerit, in non parvas itineris sui incurrit moras, praecipue si festinare proposuerit, ita et qui scribendi officio se dedunt, si operis arrepti iter ingressi alia inter scripta properant, multam in opere suo conperendinationem necesse habebunt incidere in tantum, ut multis interiectionibus occupati quam potissime viam gradiantur a nonnullis incipiat ignorari. Unde et lectoribus multis nasci videam fastidium, dum longis scribendi circuitibus fatigati cepti sensus iter tandem inveniant. Rectissime etenim pedum nomine hominum animi vocantur, qui per campos meditationum sapientiae, per silvas quoque difficillimarum quaestionum iter agentes festinatione semper immoderata in tantum ut lasescant die noctuque utuntur, tanto desiderio accensi, ut sensum, qui latet vel qui difertur, cito invenire desiderent.
"Ich könnte noch viele Dinge dieser Art erörtern, wenn es nicht zu langwierig wäre, alles bis zum Ende durchzugehen. Wie nämlich ein Wanderer, der sich einen Weg vorgenommen hat und auf ihm geht, dann, wenn er auf einen anderen Pfad abzubiegen beschlossen hat, sich mit beträchtlichen Verzögerungen seines Weges konfrontiert sieht, vor allem wenn er sich vorgenommen hat, sich zu beeilen, so werden auch diejenigen, die sich der Aufgabe zu schreiben widmen, wenn sie den Weg des Werkes, das sie in Angriff genommen haben, beschritten haben und sich dann anderes zu schreiben beeilen, notwendigerweise eine große Verzögerung bei ihrer Arbeit hervorrufen, bis hin zu dem Punkt, daß manche, weil sie von der großen Zahl von Einschüben in Anspruch genommen sind, nach und nach nicht mehr wissen, auf welchem Weg sie in erster Linie gehen. Da sehe ich wohl auch bei vielen Lesern Überdruß entstehen, bis sie endlich, ermüdet von langen, umschweifigen Formulierungen, den Weg, wie er anfänglich gemeint war, wiederfinden. Völlig zu Recht werden nämlich die geistigen Organe der Menschen als Füße bezeichnet, die auf ihrem Weg durch die Felder philosophischer Raisonnements und auch durch die Wälder hochanspruchsvoller Fragestellungen immer, Tag und Nacht, bis hin zur Erschöpfung in maßloser Eile sind, so sehr brennt in ihnen das Verlangen, den Sinn, der versteckt oder entlegen ist, schnell zu finden."
Mit den longi scribendi circuitus sind nicht nur lange Digressionen, sondern auch lange, verscholchtene Sätze (wie eben der vorhergehende einer ist) gemienen. Denn circuitus "das Herumgehen" ist gleichzeitig auch der lateinische Lehnübersatz von griechisch περίοδος (períodos) "Satzperiode".