partizipiell

Begonnen von VerbOrg, 2005-12-08, 05:56:49

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

VerbOrg

Keines weiteren Nachtschlafes, dafür aber eines Kreativitätsschubes teilhaftig werdend und meine Partizipien habend, schrieb ich - mich eines Graugriffels bedienend - folgendes Geschichtchen:


Partizipiell

Nahenden Donnergrollens gewahr werdend, eilte Hermann flinken Schrittes gen Heimstatt, hoffend, dort noch trockenen Fußes anzukommen. Sich einem viel befahrenen Feldwege nähernd und um den starken Verkehr zu ebenjener Jahreszeit wissend, achtete er kaum der mit der von den Feldern eingebrachten Ernte beladenen Wagen und rannte so sehenden Auges in sein Unglück.
Seine Pferde nicht im Zaum halten könnend, rauschte der Großbauer Friedrich mit seinem Fuhrwerk näher. Scheuend erfasste dessen stolzer Wallach Hermann mit dem rechten Vorderhuf, woraufhin dieser blutenden Kopfes zu Boden sank. Ob der scheuenden Pferde ward Friedrichs Wagen mitsamt der Ladung – und natürlich dem Kutscher – umgeworfen.

Der also versperrten Straße gewahr werdend, entäußerte Otto (aus der entgegengesetzten Richtung von seinem Felde kommend) sich eines derben Fluches, dessen Wortlaut hier wiederzugeben kaum schicklich wäre. Auch seine beiden Zugpferde - recht abgehalfterte Mähren – nicht mehr bremsen könnend, fand er sich augenblicks im nach einem regnerischen Sommer des Wassers übervollen Graben wieder. Ob der gebrochenen Hinterachse war des Entrinnens aus dieser Situation kaum zu denken. Seine Feldfrüchte (eine Fuhre besten Weizens) nun ebenfalls vergessen könnend, sah er sich am Orte des Geschehens um. Jetzt erst erblickte er seinen der Kopfverletzung erlegen seienden Sohn, woraufhin er – sich seiner aussichtslosen Lage bewusst werdend – zusammenbrach.

Im Dorfe wurde dieweil Magdalena, Ottos Eheweib, unruhig, wie sie dort - seiner Heimkehr harrend – das Abendessen bereitete. Sie wusste um die Schulden, die Otto, bereits mehrere Missernten eingefahren habend, überall hatte machen müssen. All seine Hoffnungen auf die diesmal zu erwartende reiche Ernte setzend, hatte er mit Müh und Not seine Gläubiger immer wieder vertrösten können, um nicht des Hofes und seines kleinen Feldes verlustig zu werden. Frohen Mutes war der Gatte des Morgens aufs Feld aufgebrochen, ihr vorher noch hoch und heilig versprechend, dass das Blatt sich nunmehr endlich zum Guten wenden würde.

Zornroten Kopfes näherte sich nun Bauer Friedrich in vom Sturze zerschlissener und über und über besudelter Kleidung. Laut über seinen verdorbenen Weizen schimpfend, überbrachte er der Frau die Nachricht des Ablebens ihres geliebten Sohnes. Wohl um den Schmerz Magdalenas wissend, hielt er nicht inne, seinem Unmut weiter Luft zu machen. Keine Zeit vergeudend beanspruchte er, der Hauptgläubiger Ottos, das kleine Anwesen mitsamt dem Vieh und dem Feld für sich, der armen Bäuerin auch die Geschichte der verlorenen Ernte ihres Mannes nicht ersparend.
Sich eines Aufschreis nicht erwehren könnend, strauchelte das arme Weib und schlug sich – vornüber fallend – den Kopf am Fenstersims auf.

Sein Bewusstsein wiedererlangt habend, war nun auch Otto betrübten Sinnes heimgekehrt. Seine geliebte Frau verletzt am Boden sehend und wissend, dass er sich einen Arzt für sie nicht würde leisten können, sah er sich all dessen beraubt, was ihm im Leben lieb und teuer war. Was sollte er – sich in einem Alter befindend, in dem sich anderswo zu verdingen kaum noch möglich war – jetzt noch machen?

Seiner Frau, der er nicht würde helfen können, feuchten Auges noch einen letzten Blick schenkend, benahm er sich mittels eines herumliegenden Küchenmessers selbst das Leben.

Des Donners Grollen hatte sich dieweil in eine andere Richtung verzogen, die Szene bar eines reinigenden Gewitters lassend.

Ludwig I. von Bayern

Vielen Dank Ihrer so rührend verfaßten Geschichte, mir starken Eindruck hinterlassen habend, da dieselbe lesend ich mich meines eigenen dem Mittelworte stark zugetanen Stiles fortwährend gemahnt gefühlt.

Ly

Sind wir Amis seiend oder was?

Aber ganz nett.
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

amarillo

#3
Donnerwetter, VerbÖrgchen, aus solch berufenem Munde ist ein "ganz nett" schon ein gewaltiges Lob. Ich sehe Dich am Anfang einer steilen Karriere.

Deine Partizipienreiterei persönlich klasse findend, empfehle ich mich, wissend, daß meine Meinung, vergleichsweise wenig Sachkenntnis beinhaltend, hinter profunder formulorenem Kennerlob völlig abstinkt.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Kilian

Dem Übermaß der Schicksalsschläge des Helden eine formale Entsprechung bietend, ist der geschickt eingesotzene Übermord der Mittelwörter ein ins Auge springendes Stilmittel, das, einfacherer sprachlicher Wege nicht achtend, ... usw. ;D