Partizip Perfekt Rezipientenpassiv

Begonnen von Homer, 2015-06-02, 09:32:29

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Homer

[EDIT Kilian: Diesem Thema seiner Interessanz und Größe wegen einen eigenen Faden und Arbeitstitel gegeben]

Gestern sug der Fußballkommenteur: (Der Schiedsrichter) wird assistiert von den Linienrichtern ...

Das ist wohl analog zu folgen konstru georen, bei dem gefolgt von seit langem fest eingebriurgen ist, wohl in Anlahn zunächst an frz. suivi par und jetzt eher engl. followed by. Auch unterstützen käme als Vorlage in Betracht.

Frage: Kennt ihr noch mehr intransitive Verben mit Dativobjekt, von denen – wenigstens hin und wieder in salopper Sprache – ein solches persolnes Passiv gebolden wird? Hier werden Sie geholfen aus der Wurb zählt ja wohl nicht.

Wortklaux

Ich kenne nur den umgekehrten Fall, in dem sich im Passiv das Akkusativobjekt zum Dativobjekt wandelt:
Ich lehre sie das Fürchten — Ihnen/Ihr wird von mir das Fürchten gelehrt.
Der Fall mit dem Assistieren kömmt mir aber auch sehr komisch vor. Das unpersönliche Passiv (dem Schiedsrichter wird vom Linienrichter assistiert) scheint mir geläufiger.

Homer

Zitat von: Wortklaux in 2015-06-02, 10:10:37
Der Fall mit dem Assistieren kömmt mir aber auch sehr komisch vor. Das unpersönliche Passiv (dem Schiedsrichter wird vom Linienrichter assistiert) scheint mir geläufiger.

Im Sinne des Standarddeutschen ist das sicher nicht korrekt. Aber mir kam es so vor, als hœre ich das nicht zum ersten Mal. Deshalb frage ich nach vergleichbaren Fällen von Substandard-Gebrauch, aus denen ja – wie bei gefolgt von – irgendwann Standard werden kann. Mir fällt nichts ein.

Berthold

#3
Zitat von: Homer in 2015-06-02, 09:32:29
Gestern sug der Fußballkommenteur: (Der Schiedsrichter) wird assistiert von den Linienrichtern ...


Kleiner Zusatz: Dann wäre der (und nicht nur dem) Schiedsrichter wohl auch assistierbar.
Bitte, bei transitiven Verben wie essen und trinken ist -bar ein besonders gutes Anfügsel. Es spielt hier wogmulch sogar die "Bar" eine Rolle. (Aus: "Grammatik aus Kalauristan") Singbar gibt's auch, aber wohl auch sangbar; schwätzbar, laberbar ... Weniger gut für mich in dieses Schema einfügbar sind hier streitbar oder schiffbar (hier läge ein "beschiffbar" nahe, wenn's nicht allzu sehr auf die Seite des "urinieren" schlüge.
Obige Beispiele habe ich ugbrens z.T. aus einer "Ausführliche[n] griechische[n] Grammatik": "XII. Adjectiva auf -ιμος".
Worauf ich aber hinauswill? - Da gab's da noi einmal eine Werbungs-Phrase: Wanderbares Österreich. Klar, das paart sich mit "wunderbar" (und nicht so gut "bewunderbar") - und "bewanderbar" wäre zu umständlich. Ein "wohl wanderbarer Waldweg" kläge doch nicht schlecht, oder?   

Homer

Ein sehr eingeschronken vergleichbarer Fall, der mir noch einfällt, ist unwidersprochen, das aber nur in dieser negorenen Gestalt, nur in dieser partizipialisch-adjektivischen Form und nur im Verbund mit bleiben oder lassen auftaucht: Seine Ausführungen blieben unwidersprochen.

Wortklaux

Zitat von: Berthold in 2015-06-02, 10:48:11
Worauf ich aber hinauswill? - Da gab's da noi einmal eine Werbungs-Phrase: Wanderbares Österreich. Klar, das paart sich mit "wunderbar" (und nicht so gut "bewunderbar") - und "bewanderbar" wäre zu umständlich. Ein "wohl wanderbarer Waldweg" kläge doch nicht schlecht, oder?   
In Österreich ein Wanderbur — das wär' doch wenig wunderbar.
Die Sprache ist aber wandelbar — auch das ist wohl eher nicht passivisch gemienen.
Und manchem Schlafwandler erschiene eine klare Vollmondnacht recht wandelbar.

Wortklaux

Zitat von: Homer in 2015-06-02, 10:49:38
Ein sehr eingeschronken vergleichbarer Fall, der mir noch einfällt, ist unwidersprochen, das aber nur in dieser negorenen Gestalt, nur in dieser partizipialisch-adjektivischen Form und nur im Verbund mit bleiben oder lassen auftaucht: Seine Ausführungen blieben unwidersprochen.
Auch die Gratulierten, die immerhin in einem Buch über Lehrerbildung zu von uns Begegneten werden, zezöhlen zu den entfernteren Verwandten.

Homer

Ja, danke, ich gratuliere Dich zu dem Fund! Solche Sachen suche ich.

Homer

Zitat von: Berthold in 2015-06-02, 10:48:11

Bitte, bei transitiven Verben wie essen und trinken ist -bar ein besonders gutes Anfügsel. Es spielt hier wogmulch sogar die "Bar" eine Rolle.

Wäre nett gewesen, scheint aber nicht so zu sein. In -bar steckt die idg. Wurzel *bher- für "tragen", in der Bar die "Schranke" (vgl. Barriere), die die Theke darstellt. Das Wort ist nicht sicher hergelitten, kekünne aber nicht-idg. westeuropäischen Ursprungs sein.

Wortklaux

Das mit den Begegneten war übrigens anscheinend auch keine Entgleisung.

Homer

Und noch eins: Ich bin (oder fühle mich) geschmeichelt.

Kilian

Ui, das ist ja verbrittener als erst gedacht! Nicht nur Dativobjekte, sondern auch Subjekte können übrigens zum Argument eines Passivpartizips werden.

Wortklaux

Ja, das Beispiel mit den Begegneten ist auch ein Grenzfall, da es, wenn man von den ,,mir begegneten" Personen spricht, wie du andernorts bemorkst, ein Regelfall der deutschen Grammatik ist. Da aber in dem von mir verlinkten Fall der Dativ fehlt, scheint hier ausnahmsweise die Person bzw. Sache, der begegnet wird, zum Subjekt der Passivkonstruktion geworden zu sein.

Wortklaux

Wie ist es eigentlich im Fall der vertrauten Personen? Sind das welche, die uns vertrauen, oder welche, denen wir vertrauen? Oder wird das Wort ganz anders hergelitten?

amarillo

Szene eines stark frequentorenen aber nicht sehr noblen Ruhrgebietsresterangs:
"Ein Moment Geduld bitte, Sie werden gleich die Karte gebracht."
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.