Abschwächungsreihe

Begonnen von Pumene, 2016-07-25, 17:19:33

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Pumene

Bei Adjektiven gibt es in der deutschen Sprache eine Steigerungsreihe: Positiv (Grundform) - Komparativ - Superlativ. Was dagegen fehlt, ist eine Abschwächungsreihe normal - weniger - an wenigsten. Wegen dieses Mangels behilft man sich mit dem Komparativ des Gegenteils. Das ist unbefriedigend und müsste dringend verbessert werden. Mir geht's schlecht, mir geht's besser (=weniger schlecht), mir geht's gut. (Oder geht's mir erstmal nur am wenigsten schlecht?) Mir geht's gut, mir geht's besser, mir geht's am besten. Mir geht's besser ist uneindeutig, geht's mir besser als schlecht oder geht's mir besser als gut? Aus der absoluten Aussage ,,mir geht's besser" wird ohne die Grundvoraussetzung (gut/schlecht) nicht eindeutig klar, was gemeint sein soll. Die ,,ältere" Dame ist JÜNGER als die ,,alte" Dame. Hat jemand eine Idee, welche ,,Endungen" (analog zu ,,er" und ,,st" [bzw. ,,am ....-sten"]) man für die Abschwächungsreihe benutzen könnte, die gut klingt und weniger umständlich ist als das ,,weniger ..." und ,,am wenigsten"? Bin mal gespannt.

Wortklaux

Ich schlüge "-l" wie in "schwächeln" als Zeichen für den Dekomparativ vor:
Eine jüngele Dame
Ich kenne da eine Verlängelung (=Abkürzung). Wenn wir die nehmen, ist uns der Weg etwas beschwerlichel.
Die Einführung dieser Form empfiehlt sich auch unbedingt, um den Asiaten die Lebenswichtigkeit des l-r-Unterschiedes täglich vor Augen zu führen:
Arzt zum Patienten, der unter akutem Vitaminmangel leidet: Sie sollten unbedingt wenigel Obst essen!
Für den Infralativ fällt mir im Augenblick noch nichts Brauchbares ein.

Wortklaux

Wenn man den Superlativ vom Komparativ durch den r-s-Wechsel und Hinzufügung eines t erklären kann, kekünne der Infralativ aus dem Dekomparativ durch l-f-Wechsel und Hinzufügung desselben p erziügen werden. Die Endung "fpen" wird natürlich in der Regel "fpm" gelesen:

leicht - leichtel - am leichtefpen
schwerer - schwerel - am schwerfpen
lang - längel - am längfpen
kurz - kürzel - am kürzefpen

Opas Koffer ist sehr schwer, den nehme ich. Meiner ist etwas schwerel, den kann Johann tragen. Opa nimmt dann Johanns Koffer, weil der am schwerfpen ist.

Erseht!

Die Idee ist vielversprechend, aber ich persönlich habe zugegebenermanß kognitive Schwierigkeiten damit. "jüngele" klingt für mich nur wie eine alternative Form von "jüngere", nicht wie eine, die genau das Gegenteil bedeutet.
Um nicht zum Komparativdesgegenteils greifen zu müssen, könnte man auch ganz konservativ ein "un-" anfügen? Dadurch wird es zwar effektiv genauso ein Gegenteil, aber wenigstens bleibt der Wortstamm der gemeinte.

Mein Freunde nahmen das Auto und waren schnell am Ziel. Ich wusste, dass ich mit dem Regionalzug wesentlich unschneller sein würde, aber dass das das unschnellste Transportmittel der Welt ist, war mir nicht klar.
Nach der Warterei in Rheda-Wiedenbrück war ich noch unbegeisterter von der Reise.
Das war die unerfolgreichste Zugfahrt meines Lebens.
Ich wäre gern unerschöpfter zuhause angekommen.

Meine Großeltern mütterlicherseits habe ich unlieber als die väterlicherseits, aber meine Großtante habe ich am unliebsten.

Noch vor drei Jahren war ich viel unreicher als heute.

Wortklaux

Aber wenn ich Pumene richtig verstanden habe, geht es gerade darum, eine weniger faire Lösung von einer mehr unfairen abzugrenzen. Am Anfang steht im ersten Fall die faire, im zweiten die unfaire Lösung. Daher auch mein Beispiel mit den drei Koffern, die sich alle durch Schwerheit und nicht durch Leichtigkeit (=Unschwerheit) auszeichnen.

Erseht!

Ich wäre entzückt von der Möglichkeit, beliebig ausführliche Unununfairheitsgrade zur Verfügung zu haben.  ;D Die Bundesjugendspiele waren unfair, aber das Matheabi war ununfairer.

Wortklaux

Die vielversprechende Idee ist im übrigen ein interessantes Beispiel. Als Grundform scheinen da versprechende Ideen zu existieren, wobei man von versprechenderen und versprechendsten Ideen eher nicht sprechen möchte. Daher der Elativ vielversprechend und der Relativ (?) wenigversprechend mit dem Komparativ mehrversprechend, Superlativ meistversprechend, Dekomparativ wenigerversprechend und Supralativ wenigstversprechend.