Verkleinerung der (...)ch-Gruppe von Substantiven

Begonnen von Berthold, 2018-02-28, 12:13:03

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Berthold

Da gibt's doch im Hochthoytschen die - sagen wir sehr im Gegensatz zum (z. B.) Italienischen - recht faden Verkleinerungssilben
-chen und -lein. Unsere Dialekte bieten mehr, aber nicht gerade VIEL mehr.
Trotzdem gibt's da - ehe ich mir vielleicht einmal neues Verniedlichendes einfallen lasse, Bemerkenswertes. Nun, morgen Abend wird die Buch-Neuerscheinung "März 1938 / In der österreichischen Leidzerutz, pardon, Literatur" vorgestollen werden (Alexander Weiss [Hg.], edition tarantel, 279 pp.). Dort stieß ich auf ein Naziplakat, dessen Zielgruppe natürlich auch umkehrbar ist: "Vorsicht/ bei Gesprächen! Feind hört mit!" Ich las das nun so, als ob "Gesprächen" eine Verkleinerung von "Gesprä-en" wäre. Als ob selbst ein ganz kleines Gesprächerl schon gefährlich (gewesen) wäre - was ja auch so sein konnte.
Dann dachte ich - ich liebe ja Gedankensprünge - an die früheren Spucknäpfe (siehe etwa "Die Traumdeutung" von Sigmund Freud), sogar in Häusern und vornehmen Salons. Nun, unter "einfachen Menschen" (nicht nur bei Fußballer[?]Innen, wo's leiser geschieht) hat sich das Ausspucken gehalten - so mit "CHIII - CHRRRAUM - PFT!!"
Und da gäb's Verkleinerungen, die das Spucken anregen kekünnen - die "Anregung zu spucken" - "conditio spuere" (obwohl mir das schlechtes Latein dünkt).
Ich erwähne hier nur eine mehrerer Wortgruppen, Wörter auf "-ach". Z.B. das Älmänäch-chen - Bächchen (Da hört eins das Wasser, beim faden, geradezu kindischen Bächlein tut sich fast nix.) - Dächchen (Da rauscht der Regen drauf.) - Fächchen (Wie's manche BOKU-Unterrichtende vertreten) - Gemächchen (etwa meine frühere "cellula scrutorum sapientiae") - Ungemächchen (Etwa, wenn dich irgendwer in unserem Forum herunterputzt, ohne selber Ansätze zu irgendwas Lustigem zu bieten) - Krächchen - Schächchen (Was ich gelegentlich, offenbar als "Schwachspieler", daherspiele) - Scharlächchen (Mit den neuen "Amphibiotika") - Schmächchen oder Wallächchen (Verschnittener Ponyhengst)
Nicht gar so schlecht, das Sächchen, was?             

Kilian

Das sorgt für interessanten Rachenkitzel, fürwahr!

Hier noch ein paar Speib-Iele mit anderen Stammvokalen:

das Zechchen - wenn jemand nur eine Apfelschorle hatte
das Wöchchen - z.B. als Arbeitswöchchen, wenn z.B. am Donners- Feier- und am Frei- Brückentag Tag
das Büchchen - ein Büchlein halt

Vilinthril

Auch in der Biologie gibt's schöne Beispiele, z. B. das Drächchen (quasi mehr Eidechse) oder das Röchchen.

Berthold

#3
Da muß nachtlur noch etwas hinzugofong werden.
In "Fern von Europa: Tirol ohne Maske" karikiert und geißelt der Tiroler* Schriftsteller Carl Techet 1909 unter dem Pseudonym Sepp Schluiferer Denkweise und Verhalten der Tiroler Bevölkerung. (Das habe ich ein bisserl von der Wikipedia übernommen. ich habe das Büchl - Piachchl - aber golens.)
Hier pießen etwa folgende Beispiele gut herein:
Das Käckchchen (ein kleiner Scheißdreck), das Diebspäckchchen (etwa eine Bande armer Kerle, die halt bisweilen etwas mitgehen läßt/lassen), das Säckchchen, das Geschmäckchchen, das Verhäckchchen, das Wräckchchen (von einem kleinen Bötlein, oder, schreib ich's muthiger, Böötlein. Auch eine zu Recht geriuhm'ne Wiener Zoologin schrieb einmal "Häärchen" auf die Tafel.)
Etlachche Tiroler sprechen solche Wörter ugbrens echcht foschscht mit "-ckchch" aus. Durch diese harte, kchehlige Sprechchwaise dünkchen sichch monchche Tirolar den Weanan, dee boodswaach reedn, für kchcharakterlächch überlegen. EarlächchaR, k(h)roodaR. Wohingegen sie von vielen Wienern für grob, blöd und provinziell batrancht werden. (Politisch tiefschwarz, nein, wie's jetzt wunderlicherweise heißt, türkis).
Der oben genannte Mussi Techet gibt solche Dialektbeispiele besonders scharf wieder.
Es wäre interessant, ob etwa die einheimischen Fußballer von Wacker (= Wockchchar) Innsbruck (= Schpruckchch) während eines Metsches öfter ausspucken als die Urwiener Spieler von Rapid Wien.

*Das ist nicht ganz grachgt. Carl Techet ist in Wien geboren. Er war mein Kollege, d. h. er arbitt zunächst als Assistent an der k. k. Zoologischen Station in Triest. Die Lektüre des Wikipedia-Artikels über Carl Techet lohnt, glaube ich, sich. (Warum empfindet eins hier die Wortfolge, so dächte ich, als falsch?)