eichen, ochte, geucht

Begonnen von derstephan, 2004-05-30, 14:14:43

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derstephan

Ich finde meine flexion folgerichtiger.

Kilian


MrMagoo

Also mit "eichen - iech - geiechen" kann ich auch nicht so viel anfangen, denn hier sind zwei Ablautreihen durcheinandergeraten:

Entweder sollte "eichen" nach dem Schema "heißen" abgelautet werden, was demnach "eichen - iech - geeichen" ergäbe, oder aber, und das fänd ich noch weitaus logischer, nach "streichen":
"eichen - ich - geichen".
Nicht aber beide Reihen durcheinander!

Die Formen "ochte - geucht" sind übrigens komplett zu verwerfen, denn sie enthalten das für die schwache Konjugation so typische Dentalsuffix -te.

Mit zusätzlichem Ablaut entstünde demnach ein unregelmäßiges Verb, das im Präteritum und im Partizip II sowohl die schwache als auch die starke Konjugation zusammen aufwiese.
Dieses Konjugation allerdings ist auch nicht unbedingt só abwegig: Im Deutschen gibt es mindestens ein Verb, das dieses Phänomen aufweist: "bringen".

Annehmbar wäre vielleicht noch "eichen - och - geuchen", obwohl dies keiner bestimmten Ablautreihe folgt.
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

MASperl

Mr. Magoo, ich muss ihren Auslegungen Beifall spenden.
Sehr sprachlogisch erläutert.
Man muss ein wenig Wert auf die Folgerichtigkeit legen, ansonsten wird die Willkürlichkeit der Sprache wieder zu groß  ;D!
Die Kontextebene ist kontextabhängig!

Kilian

Die GSV hat sich noch nie bestehenden Ablautreihen, sondern immer Vielfalt, Kreativität und blühenden Unsinn verpflichtet gefühlt, so lange er uns nur schön deuchte.

MrMagoo

Aber man muß es doch a) immer noch verstehen und b) auch problemlos anwenden können. :)
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Kilian

Wer sagt das? Alltagstaugliche und wirkliche Sprachumwälzung muss (und kann) es nicht sein. Mit Verbformen, die Uneingeweihten nicht aus dem Kontext oder durch Assoziation zugänglich sind, sollte man entsprechend vorsichtig sein. Und niemand verbietet irgendwem, eigene, ihm besser, geeigneter scheinende Formen zu verwenden. Hier kann ich nur meinen eigenen, persönlichen Geschmack als Richtschnur anbieten. :)

Da aber die Stärkung nach dem Muster "streichen" das Präteritum "ich" bildet, hast du mich davon überzeugt. Solche Querschläge zu anderen Wörtern machen mir immer Spaß. Ist gearnden. :)

MrMagoo

Nunja, das ist eben meine Meinung - ich finde, daß diese Wiedererstarkung auf einem noch nachzuvollziehbarem Wege stattfinden muß, denn sonst ände (=Konjunktiv2 des wiedererstarkten Verbs "enden" (and-geenden) irgendwann alles im heillosen Chaos.

Hierunter fällt zum Beispiel auch dieser Konsonantensprung in "ändern" mit zusätzlichem Umlautausfall - 'gearnden'; also damit kann ich mich nicht anfreunden - aber auch hier ist das wieder meine persönliche Meinung! Jeder nach seiner Faςon! ;)
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

MrMagoo

#8
Heut stieß ich auf einen interessanten Eintrag in einem mittelhochdeutschen Wörterbuch:

Dort gab es ein starkes Verb "teichen - tich-getichen" = schaffen, fördern, (be)treiben, in Betrieb setzen
Dazu ein weiteres, aber schwaches "teichen" mit der Bedeutung "prüfen" welches wohl mit unserem heutigen "eichen" verwandt ist... .
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

gehabtgehabt

streichen strich gestrichen     also  auch eichen: (icht, ichst)  ich, ge-ichen,  imperati: iche

Das Problem, das aber auch bei geucht aftritt, ist, dass ein
ungeuebter Leser das so liest als ob es sich auf
"Leichen" oder "Deucht" riemte.

"Mich deucht,
die Waage ist falsch geucht."

"Er gab dem Kind zu wenig Breichen,
die Waage war nicht gut geichen"

ganz zu schweigen von