verschiedene Partizipien von "können", "müssen" etc.

Begonnen von Agricola, 2006-06-01, 14:24:58

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Agricola

Wie behandelt man eigentlich die verschiedenen Partizipien von "können", "müssen" etc. nach der starken Konjugation? Es gibt ja in der Standardsprache je nach Zusammenhang entweder das ge-Partizip wie in
"er hat es gut gekonnt" "er hat es nicht gemusst"
und das infinitivgleiche Partizip
"er hat singen können" "er hat reden müssen"
Bleibt letzteres auch in der starken Konjugation infinivgleich, oder gibt es dafür eine bessere Lösung?
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Kilian

Die Modalverben sind ohnehin unregelmäßig und können daher grundsätzlich so bleiben, wie sie sind. Jedoch gibt es noch einen anderen, auch sehr hübschen Vorschlag von Nadja Nitsche: Reduplikation.

AmelieZapf

Heißt das nicht Radapfleich?

Recessus narrativus: Der Matsch eines überfahrenen Apfels, der im Reifenprofil klebt.

*duck und weg*

Amy

Religion heute:
Ex oriente deus,
ex machina lux.

Bertl

Zitat von: AmelieZapf in 2006-06-01, 17:54:45
Heißt das nicht Radapfleich?

Recessus narrativus: Der Matsch eines überfahrenen Apfels, der im Reifenprofil klebt.
(...)
Amy

Liebe Amy!
Du gehörst zu den gar nicht vielen, die sowohl die Sache mit der althochdeutschen Konsonatenverschiebung, nebst 'Kilians Auflautregeln', von Fremdwörtern mit allzu ausgelotschenen Endungen als auch das mit dem 'Recessus narrativus' voll geschnallt haben.
Mir fiele, weil die Reduplikation ein Verfahren ist, auf das man selten kommt und das ein wenig verblüfft, noch folgende andere Molgick ein:

Ratafflach

Das hat nicht nur drei schöne 'a', sondern meint auch noch:
'Erst rat, Aff, dann lach!'
Daß ich noch dazu einen wunderschönen Flügel sehe, spricht mich (ich schreibe nicht 'klimpert mich' oder gar - nach Liesl Karlstadt - 'klappert mich') mich als Sänger jenes Bereiches, wo der dunkle Bariton und der helle Baß besonders ähnlich klingen, besonders heimelig an. Wäre da vielleicht irgendwann eine gemeinsame 'Winterreise' möglich oder auch nur denkbar?
Herzlichst!
Berthold Janecek











Bertl

Zitat von: Bertl in 2006-06-01, 19:52:34
(...)
Daß ich noch dazu einen wunderschönen Flügel sehe, spricht mich (ich schreibe nicht 'klimpert mich' oder gar - nach Liesl Karlstadt - 'klappert mich') mich als Sänger jenes Bereiches, wo der dunkle Bariton und der helle Baß besonders ähnlich klingen, besonders heimelig an.  
(...)
Ein 'mich' war zu viel.

Bertl

Die 'Konsonatenverschiebung' lasse ich aber stehen. Dabei wurcken mein Unbewußtes und der Flügel zusammen.  

Kilian

Gibt's auch eine inhaltliche Verbindung der Reduplikation zu einem überfahrenen Apfel oder einem rätselnden Affen?

Bertl

Zitat von: Kilian in 2006-06-01, 21:46:22
Gibt's auch eine inhaltliche Verbindung der Reduplikation zu einem überfahrenen Apfel oder einem rätselnden Affen?
Lieber Kilian!
Das finde ich schon. Irgendwie halt. Ein zerquetscher Apfel kekünne seine Oberfläche verdoppelt haben; duplizoren - und da geht dann nur noch das 're' ab.

Hingegen ist jemand, der über andere Formen für Partizipien (Perfecti) von 'können' und 'müssen' nachrätselt (oder sich die Frage stellt, wann es 'gekonnt' und wann es 'können' heißt), irgendwie komisch unterwegs. Kommt er dann für das P. P. auf 'mymiussen' oder 'kökonnen' (damit's nicht immer die Nadja sei, sondern einen finnischen Tatsch bekomme), darf er befreit auflachen. - Das dünkt mich des Recessus narrativi genug.
Heieiei, lieber Kilian!
Ganz, gaanz herzlich!
Der Berthold





Agricola

Zitat von: Bertl in 2006-06-01, 22:59:39
Zitat von: Kilian in 2006-06-01, 21:46:22
Gibt's auch eine inhaltliche Verbindung der Reduplikation zu einem überfahrenen Apfel oder einem rätselnden Affen?
Lieber Kilian!
Das finde ich schon. Irgendwie halt. Ein zerquetscher Apfel kekünne seine Oberfläche verdoppelt haben; duplizoren - und da geht dann nur noch das 're' ab.

Hingegen ist jemand, der über andere Formen für Partizipien (Perfecti) von 'können' und 'müssen' nachrätselt (oder sich die Frage stellt, wann es 'gekonnt' und wann es 'können' heißt), irgendwie komisch unterwegs. Kommt er dann für das P. P. auf 'mymiussen' oder 'kökonnen' (damit's nicht immer die Nadja sei, sondern einen finnischen Tatsch bekomme), darf er befreit auflachen.
Das verstehe ich nicht ganz. Weshalb soll ich jetzt von irgend etwas befrien sein? Weil man dann sowohl "ich habe es wissen kökonnen" als auch "ich habe es kökonnen" sagen kann? Das kömmt mich dann aber doch etwas komisch an, dass dieses Forum der Abschaffung von Differenzierungen im modernen Deutsch das Wort reden soll.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Kilian

Zitatsowohl "ich habe es wissen kökonnen" als auch "ich habe es kökonnen"

Du meinst sowohl "ich habe es wissen können" als auch "ich habe es wissen gekönnen" als auch "ich habe es wissen kökonnen", oder...?

Bertl

Zitat von: Agricola in 2006-06-01, 23:46:08
Zitat von: Bertl in 2006-06-01, 22:59:39
Zitat von: Kilian in 2006-06-01, 21:46:22
Gibt's auch eine inhaltliche Verbindung der Reduplikation zu einem überfahrenen Apfel oder einem rätselnden Affen?
Lieber Kilian!
Das finde ich schon. Irgendwie halt. Ein zerquetscher Apfel kekünne seine Oberfläche verdoppelt haben; duplizoren - und da geht dann nur noch das 're' ab.

Hingegen ist jemand, der über andere Formen für Partizipien (Perfecti) von 'können' und 'müssen' nachrätselt (oder sich die Frage stellt, wann es 'gekonnt' und wann es 'können' heißt), irgendwie komisch unterwegs. Kommt er dann für das P. P. auf 'mymiussen' oder 'kökonnen' (damit's nicht immer die Nadja sei, sondern einen finnischen Tatsch bekomme), darf er befreit auflachen.
Das verstehe ich nicht ganz. Weshalb soll ich jetzt von irgend etwas befrien sein? Weil man dann sowohl "ich habe es wissen kökonnen" als auch "ich habe es kökonnen" sagen kann? Das kömmt mich dann aber doch etwas komisch an, dass dieses Forum der Abschaffung von Differenzierungen im modernen Deutsch das Wort reden soll.

Momenterl; den Infinitiv hab ich gar nicht angetasten.

Agricola

Zitat von: Bertl in 2006-06-02, 12:01:22
Zitat von: Agricola in 2006-06-01, 23:46:08
Zitat von: Bertl in 2006-06-01, 22:59:39
Zitat von: Kilian in 2006-06-01, 21:46:22
Gibt's auch eine inhaltliche Verbindung der Reduplikation zu einem überfahrenen Apfel oder einem rätselnden Affen?
Lieber Kilian!
Das finde ich schon. Irgendwie halt. Ein zerquetscher Apfel kekünne seine Oberfläche verdoppelt haben; duplizoren - und da geht dann nur noch das 're' ab.

Hingegen ist jemand, der über andere Formen für Partizipien (Perfecti) von 'können' und 'müssen' nachrätselt (oder sich die Frage stellt, wann es 'gekonnt' und wann es 'können' heißt), irgendwie komisch unterwegs. Kommt er dann für das P. P. auf 'mymiussen' oder 'kökonnen' (damit's nicht immer die Nadja sei, sondern einen finnischen Tatsch bekomme), darf er befreit auflachen.
Das verstehe ich nicht ganz. Weshalb soll ich jetzt von irgend etwas befrien sein? Weil man dann sowohl "ich habe es wissen kökonnen" als auch "ich habe es kökonnen" sagen kann? Das kömmt mich dann aber doch etwas komisch an, dass dieses Forum der Abschaffung von Differenzierungen im modernen Deutsch das Wort reden soll.

Momenterl; den Infinitiv hab ich gar nicht angetasten.
Wenn ich es richtig verstehe, ist in dem Ausdruck "das habe er wissen können" das Wort "können" kein Infinitiv, sondern ein infinitivförmiges Partizip. Es wäre ja nun ein starkes Stück (und damit im Sinne der GSV), wenn man diesem infinitivförmigen Partizip eine eigene starke Form zuweisen würde, die aber wiederum nicht mir dem normalen starken Partizipio (das sicher nicht "gekonnt" heißt) zusammenfallen darf, um nicht eine sprachliche Differenzierung einzuebnen, die es noch gibt.
The future lies in front of me,
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Kilian

#13
Ach so, jetzt verstehe ich. :) Dieses infinitivförmige Partizip nennt man übrigens Ersatzinfinitiv.  Ich verwünde vielleicht als normales Partizip II Nadjas gekönnen und triebe an Stelle des Ersatzinfinitivs, wie von Bertl vorgeschlagen, die Reduplikation noch ein bisserl weiter: kökonnen...

Bertl

Sehr geeherter und lieber Bebauer der Scholl' und Krume!
Ich las da soeben im Duden - Stilwörterbuch (Beispiele z.T von mir). Hier werden bei 'können' zwei Hauptgruppen unterschieden:
I.: Das Vollverb: a) etwas können, etwas beherrschen: Diese Arien habe ich früher alle gekonnt.
b) mit Artangabe; in bestimmter Weise zu etwas fähig, in der Lage sein: Er hat so lange gesungen, wie er gekonnt hat.
c) Kraft haben: Hast du damals noch gekonnt?
(...)

II.: Das Modalverb mit Infinitiv(!):
a) imstande sein, vermögen: (Der) Karl hat sich nicht beherrschen können.
b) dürfen: Damals habe ich dir gratulieren können, daß deine Depression so schnell wieder abgeklungen ist.
c) möglicherweise sein: Vielleicht hat im klassischen China das Leben eines 'einfachen' Menschen weniger wert sein können als im modernen China.
Punkt c) erscheint mir aber eher eine Form für die Gegenwart zu sein, wo der Ausgang noch ungewiß ist. Duden, leicht abgeornden: Das Öklogielehrbuch kann verlorengegangen sein; ...; der Psychiater kann jeden Augenblick kommen; die Verhältnisse können sich schnell ändern; mir kann keiner!  

Für I) empföhle ich, bescheiden, wie meistens, 'kekunnen' oder 'kökonnen'.
Bei II) bliebe ich bei 'können'.
Wenn dies kein Infinitiv wäre, was wären das in der folgenden Zeile aus dem 'Kalevala' für Formen?
'So hab ich es sagen hören - anders hab ich* meinen hören.'
Hochachtungsvoll - und
Herzlichst!
Der Berthold

*Ich glaube, da steht gar nicht 'ich's'.