nicht durstig

Begonnen von Kilian, 2004-12-08, 23:52:43

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Kilian

hungrig : satt = durstig : ?

Das Thema ist alt, aber ich mache es noch einmal auf, weil mir schon mehrere Vorschläge, diese Lücke der deutschen Sprache zu füllen, begegnet sind, und vermute, dass ihr vielleicht noch weitere kennt.

Schon 1992 führte Sven Böttcher in "Der tiefere Sinn des Labenz" das Wort "stulln" dafür ein, die Version, die ich als Labenz-Fan bevorzuge und benutze:

Zitatstulln (Adj.)
Das Gegenteil von "durstig".

Sehr fantasielos finde ich den Sieger des Duden-Lipton-Wettbewerbs von 1996:

sitt

Für die Website Freut euch des Labenz! wurden mir in Unkenntnis des Böttcher'schen stulln schon zwei Wörter angeboten:

quapp

dorst

MrMagoo

#1
Der Knackpunkt, weshalb die deutsche Sprache für das Gegeteil von durstig kein eigenständiges Wort benutzt, hat folgenden Hintergrund:

Streng genommen gibt es nichteinmal ein eigeständiges Wort für "nicht (mehr) hungrig", denn:

"satt" ist eine Ableitung von "sättigen" und bedeutet somit generell "gesättigt". In welcher Form dabei die Nahrung, die das Sättigungsgefühl hervorbrachte, aufgenommen wurde, also flüssig oder fest, spielt keine Rolle.

Bei dem oben erwähnten Wettbewerb wurde dieses "satt" nur auf die feste Nahrungsaufnahme eingegrenzt, dadurch war es dann möglich, eine Nebenform 'sitt' abzuleiten, die natürlich völliger Humbug ist, denn genau wie satt zu sättigen und gesättigt steht, müßte demnach sitt auch die Formen sittigen und gesittigt hervorbringen, die aber wiederum mit der Grundbedeutung 'sättigen' übereinstimmen würden. Daher kann ich auf die Form 'sitt' getrost verzichten.

Anschaulich wird es bei einem Säugling: Bekommt das Kind die Flasche Milumil zu trinken oder zu essen? Ist es danach nicht mehr hungrig oder nicht mehr durstig? Natürlich beides: Es ist "gesättigt", hat kein Verlangen mehr nach Nahrung.

WENN überhaupt zwischen "nicht durstig" und "nicht hungrig" unterschieden werden sollte, dann müßten zwei gänzlich neue Wörter dazu geschaffen werden, die nicht in Zusammenhang mit "satt" stehen dürfen; wie wäre es zum Beispiel mit "fütt" und "tränk" von füttern und tränken:
Ich bin fütt / ich bin tränk.
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

MrMagoo

Mir fällt gerade außerdem auf, daß Formen, die "nicht durstig" und "nicht hungrig" bedeuten sollen, auch NICHT von dürsten oder hungern abgeleitet werden dürfen, demnach wäre auch die oben erwähnte Form "dorst" völliger Blödsinn, denn:
So wie satt "gesättigt" bedeutet, quasi den Abschluß des Vorgangs des Sättigens darstellt, würde dorst "gedürstet" bedeuten, also hier den Abschluß des Vorgangs des Dürstens darstellen - einen Abschluß des Dürstens gibt es zwar, doch läge dieser im Gegenteil dessen, was man eigentlich erreichen will, nämlich im Tod: man ist "voll des Durstes" => "verdurstet"!!
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

gehabt gehabt

Wenn man sich satt getrunken hat, dann sind die Koerperzellen optimal mit Fluessigkeit getraenkt, wie ein Schwamm, der mit Wasser getraenkt ist oder ein Loeschpapier mit Tinte.

Jetzt koennte man sagen ich bin getraenkt. Passt aber nicht ganz, denn das ware eher die Uebertragung von pappsatt-mehr geht nichtrein. Satt meint aber, dass man nicht hungrig ist, sich aber nicht unbedingt ueberfressen hat. Deshalb ist die korrekte Form von nicht durstig "wohlgetraenkt".:

Noch ein Glas Wein?    - Nein danke, ich bin schon wohlgetraenkt.

Jetzt koennte jemand einwenden, dass wohlgenaehrt ja auch etwas anderes bedeutet als satt. Ist aber nicht so tragisch, wenn ich regelmaessig zuviel esse, werde ich zwar wohlgenaehrt, der Erfolg bleibt aber beim Trinken von Wasser aus. Ich kann jeden Tag 4 liter Wasser  trinken, werde aber nur kurzzeitig wohlgetraenkt, nicht relativ dauerhaft wie beim Essen.

Wenn man zwei oder drei Glas Wein getrunken hat, aber noch nicht trunken ist, so ist man wohltrunken.

amarillo

Noch ein Gläschen vom "Château du Délire" ?

Gerne, noch bin ich ja übeltrunken.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.