Adverb

Begonnen von amarillo, 2005-01-20, 18:09:36

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amarillo

#45
Ich glaube das Thema war schon mal auf dem Plan. Sprache gehorcht weder in ihrer Struktur noch ihrer Funktion klar abgegerenzten Kriterien wie sie in den Naturwissenschaften angewandt werden.

Die Übersetzung eines Titels bedarf m.E. eines Schutzes ebenso wie der Titel selbst oder wie ein Eigenname. Seit ich weiß nicht wie langer Zeit heißt Shakespears "The Taming of the Shrew" im Deutschen "Der Widerspenstigen Zähmung". "Widerspenstig" trifft "shrew" aber auch wirklich nur am äußersten Rande, so daß man sich tausend bessere und treffendere Übersetzungen vorstellen könnte. Aber der deutsche Titel besitzt doch hoffentlich so etwas wie einen Markenschutz.

"... daß alle Welt sich schätzen ließe." ./. "...alle Leute sollten sich in Steuerlisten eintragen lassen."

Das mit den Steuerlisten ist inhaltlich vollkommen korrekt und sprachlich untadelig formuloren. Aber ich werde mir den Beginn der Heilsgeschichte doch nicht von solch banalem Vokabular versauen lassen. Das ist doch etwas für Leute, die ihre Liebesbriefe mit dem Computer schreiben und dann eine Kopie im Ordner "Privates" abheften.

Balzac wird sich freuen ;D
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

gehabt gehabt

Das mit dem Titelschutz von Uebersetzungen stimmt. Aber viele Werke werden halt mehrfach und jedesmal anders uebersetzt, und das kann den Titel mit einschliessen. Der Erstuebersetzer hat ja kein Patent darauf, dass der Titel von allen spaeteren Uebersetzern uebernommen wird.

Stimmt, das mit den Steuerlisten klingt prosaisch aber dass sich alle Welt schaetzen liesse, darunter kann sich heute niemand etwas vorstellen.

Das Faszinierende an der Weihnachtsgeschichte ist, dass sie so nuechtern geschrieben ist, wie die Nachrichten aus der Tagesschau, nur ohne Bilder (das klingt auch in der Luther-Uebersetzung durch). Es liegt an dem Leser oder Hoerer, sich das ganze Elend, die buerokratische Willkuer, die unklaren Familienverhaeltnisse, die Geburt in einer Huette vor Augen zu fuehren, empoert zu sein oder verzueckt oder gleichgueltig.

Un genauso wie Maler sich die Szene unterschiedlich vorgestellt haben, denke ich ist es auch erlaubt, den Text der Weihnachtsgeschichte auf verschiedene Weisen zu uebertragen, denn die Heilsgeschichte, die unter so widrigen Umstanden begann, hat ja nicht um 1500 aufgehoert.

amarillo

Zitat von: gehabt gehabt in 2005-02-03, 11:31:17
Stimmt, das mit den Steuerlisten klingt prosaisch aber dass sich alle Welt schaetzen liesse, darunter kann sich heute niemand etwas vorstellen.

Will das überhaupt jemand?


Zitat
Das Faszinierende an der Weihnachtsgeschichte ist, dass sie so nuechtern geschrieben ist, wie die Nachrichten aus der Tagesschau, nur ohne Bilder (das klingt auch in der Luther-Uebersetzung durch). Es liegt an dem Leser oder Hoerer, sich das ganze Elend, die buerokratische Willkuer, die unklaren Familienverhaeltnisse, die Geburt in einer Huette vor Augen zu fuehren, empoert zu sein oder verzueckt oder gleichgueltig.

So groß mein Interesse an Historischem auch sein mag, unterm Weihnachtsbaum interessieren mich keine Behörden, Familienverhältnisse etc. , da hat die Geschichte gefälligst so zu klingen, wie ich sie seit meiner Kindheit kenne.

Erzähl' mal einem Kind, das eine bestimmte Fassung des "Dornröschen" gewöhnt ist, das gleiche Märchen mit anderem Wortlaut; na, das gibt Ärger.

Aber vielleicht wird ja demnächst in irgendeinem Theater "Die Zähmung der Beißzange/Spitzmaus" aufgeführt - von Wilhelm Schütteltbirne. ;)
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

caru

klar, und am abend drauf eine tragödie aus dem französischen, von Hans Wurzel1.

und gegenüber, im opernhaus, spielen sie opern von Josef Grün2 und Ruben Löwenpferd3.




1 Jean Racine
2 Giuseppe Verdi
3 Ruggiero Leoncavallo (und das ist kein witz, der hieß wirklich so!)
(\___/)
(>´x´<)
('.')__('.')

Nijntje - de echte nederlandse konijn

gehabt gehabt

Ein Vorschlag zur Guete, dem wir wohl alle freudig zustimmen werden:

"Der eingeboldene Kranke" ;)

amarillo

Ein wahrhaftlich salomonischer Vorschlag ;D
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

gehabt gehabt

Zitat von: caru in 2005-02-03, 20:22:40
klar, und am abend drauf eine tragödie aus dem französischen, von Hans Wurzel1.

und gegenüber, im opernhaus, spielen sie opern von Josef Grün2 und Ruben Löwenpferd3.




1 Jean Racine
2 Giuseppe Verdi
3 Ruggiero Leoncavallo (und das ist kein witz, der hieß wirklich so!)

Wo wir gerade bei italienischen Namen sind, fallen mir einige Kalauer ein, die aber trotsdem, oder gerade deshalb, gut sind:

Der Erfinder des Schnellkochtopfs war bekanntlich Garibaldi, aber es ist noch umstritten ob der Erfinder des Buestenhalters der italienische Komponist Ferruccio Busoni war oder der TenorTitto Ruffo  ;D

caru

#52
o ja :D Titta Ruffo hieß der mann.  :D wobei das einer der ulkigsten künstlernamen der geschichte ist - geboren wurde er nämlich als Ruffo Titta (Titta als familienname)  ;D


p.s.: kein tenor, ein bariton. la voce di leone. il caruso dei baritoni!
(\___/)
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('.')__('.')

Nijntje - de echte nederlandse konijn

Arnymenos

Auf einigen Plakaten wurde Verdi tatsaechlich schon als "Josef Verdi" angekuendigt. Die Quelle muss ich euch leider schuldig bleiben, hab' vergessen, wo ich das fand.

gehabt gehabt

Warum eigentlich nicht? Hier in Spanien heisst Jules Verne   Julio Verne und Albrecht Duerer heisst Alberto Durero. Und natuerlich heisst der Fuerst von Wales dort nicht Charles sondern Carlos und seine Mama heist Isabel. Fuer Wolfgang gibts leider kein spanischen pendant, deshalb sprechen sie aus wie sie Volkswagen aussprechen wuerden: Volkswagen Amadeo Mozar

amarillo

#55
Spanier waren schon immer respekt- und gnadenlos im Umgang mit fremden Namen. Das macht sie mir nicht unsympathischer. Dort verkrampft sich niemand die Zunge, um ein fremdes Wort auch perfekt fremdländisch auszusprechen. Wird alles und sofort hispanisoren - ohne Rücksicht auf Verluste - toll.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Arnymenos

Ebenso ja das Angelsaechsische. Alles durch den sprachlichen Fleischwolf. Jeder nichtbetonte Vokal klingt grundsaetzlich gleich, naemlich wie das unbetonte kurze "e" im Deutschen (Linguisten auch als "Schwa" bekannt). Die haben absolut keinen Respekt vor der originalen Aussprache eines Wortes.

amarillo

Warum versuchen die Deutschen denn so musterknäbisch alles "authentisch" zu intonieren? Aber das ist wahrscheinlich eher ein politisch/soziologisches Problem.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Arnymenos

*ggg* Dazu habe ich gerade was geschrieben... anderer Faden.

Kilian

*ggg* Dito. ;D