antike Rhythmen

Begonnen von Berthold, 2006-07-25, 17:49:39

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caru

ich hab heut ins institut für sinologie geguck. da liegen auch atlässe rum.

(seit der herr sieberer da nimmer ist, sind eine anzahl sprachen bei morawa zusehends immer unterrepräsentierter. nur nebenbei.)
(\___/)
(>´x´<)
('.')__('.')

Nijntje - de echte nederlandse konijn

Berthold

Zitat von: caru in 2006-08-28, 18:53:21
(seit der herr sieberer da nimmer ist, sind eine anzahl sprachen bei morawa zusehends immer unterrepräsentierter. nur nebenbei.)
Na guut - oder auch nicht gut. - Aber da muß ich nun doch ralchtter die Damen vertreten, die jetzt dort sind. Und ich schreibe: der Umbau!

Agricola

#137
Ich habe gerade einmal in das schlauste Buch geguckt, das ich zu Hause habe (国語大辞典) und finde folgenden Artikel (in ganz grobem Übersatz):

函谷関(關) かんこくかん (クヮン) Eine Grenzwachposten (関), der sich an einer für die Landesverteidigung günstigen Stelle auf dem Weg von der 華北-Ebene in das 渭水-Tal befindet. An einer von steilen Löss-Felsen umgebenen Stelle gebaut ähnelt er in der Form einem Kasten [daher das Zeichen 函]. Es gibt den von den 秦-Herrschern als östliche Schutzwache erbauten alten Posten (古関) im nordwestlichen Teil der 河南-Provinz, der heutigen 霊宝-Präfektur, und den von den 前漢-Herrschern in der 新安-Präfektur der 河南-Provinz erbauten neuen Posten (新関), das heutige 函谷関. Bei Sonnenuntergang wurde er geschlossen und mit dem ersten Hahnenschrei wieder geöffnet. Kurz auch 函関 genannt.

Es gibt demnach also einen Ort dieses Namens auch heute, aber bis zur früheren Han-Zeit war der Grenzposten an einer anderen Stelle.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Berthold

#138
So g'scheite Bücher über das Großthema 'Ostasien, seine Sprachen und seine Geschichte' hat der Berti nicht. Oygnes steht ja in einem 'Wörterbuch des alten Chinesisch', wo die beiden verschiedenen Grenzposten sogar unter 1) und 2) aufzufinden sind. Weil ich viel anderes im Schädel hatte, wewull ich das gestern nicht mehr mühsagl übersetzen. Mein Chinesisch ist ja, trotz gelallgachnter Daherschwudrunur, eher sehr schlecht.

Etwas Interessantes aber fand ich doch noch, nachlm in meinem oygnzen Buch, wo auch was über chinesische Dialekte - mit Karte - steht (Norman, J., 1988/1999: Chinese.- Cambridge). Die Stadt Sanmenxia soll ja nur etwa 30 km vom Han-Gu-Paß entfornen sein (ob vom ersten oder vom zweiten, tut hier nicht allzu viel zur Sache). E von Sanmenxia - und heute in Henan - liegt Luoyang, einst die Hauptstadt des Zhou-Reiches. Ca. 50 km W von S. aber hat der Huang He (Wiener Baldsbürgerston: Hóang Ho) sein Hauptknie und biegt von N nach E um. - Er ist eine lange Strecke auch Grenze zwischen Shanxi (im E) und Shaanxi (im W). -
Just in der Gegend dieses Knies kommen  drei Gruppen des Norddialektes (Mandarin - bei3 fang1 hua4) zusammen!
Es sind dies:
das 'Northern Mandarin' (gesprochen etwa in Henan und Hebei - Auch der Beijinger Dialekt zählt dazu.),
das 'Northwest Mandarin' (gespr. etwa in großen Teilen von Shaanxi - das zur Zeit der 'Streitenden Reiche' zu Qin gehor - und Shanxi)
und das 'Southwest Mandarin' (gespr. etwa in einem kleinen S-Teil von Shaanxi - hier sind wohl auch hohe Gebirge die Dialektgrenze [z.B. Qin Ling / Tabai Shan: 3767 m, das ist etwa gleich hoch wie die Wildspitze in den Ötztaler Alpen] -, in Sichuan und Yunnan.

Das heißt, in der Nähe des Han-Gu-Passes (wohl eher des zweiten) ist heute noch eine wachgte Dialektgrenze.
   
     

Berthold

Zitat von: Berthold in 2006-08-27, 17:46:59
Über das Semitische - bis hin zum Amharischen - und einige Kaukasussprachen (Georgisch), die bei der 'nostratischen Hypothese' auch genannt werden/wurden, fand ich in jenen Internetseiten nichts.
Quatsch, Bertl! Jene russischen Internetseiten sind voll von Etymologien, auch von Sprachen, von denen ich noch nie etwas gehoren habe:
http://starling.rinet.ru/cgi-bin/main.cgi?root=config&morpho=0

Agricola

Hochinteressant! Man müsste hundertmal mehr Zeit haben im Leben ... Denke ich immer, wenn ich ans Sprachenlernen denke.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

katakura

#141
Zitat von: Agricola in 2006-08-30, 18:10:58
Hochinteressant! Man müsste hundertmal mehr Zeit haben im Leben ... Denke ich immer, wenn ich ans Sprachenlernen denke.

... ich schließe mich seufzend und heftig nickend dieser aussage an ...
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

Berthold

Zitat von: katakura in 2006-08-30, 18:17:39
Zitat von: Agricola in 2006-08-30, 18:10:58
Hochinteressant! Man müsste hundertmal mehr Zeit haben im Leben ... Denke ich immer, wenn ich ans Sprachenlernen denke.

... ich schließe mich seufzend und heftig nickend dieser aussage an ...
Ich auch.

Berthold

#143
Lieber Agricola!
Fängst Du etwas mit diesem Text an, den mir ein Zuckmückenforscher zusandte?

医者のタイトルを導きたいと思うか?

クリスチャン

無料配達郵便物

Der Kurt Polanec fand heraus:
Denkst (Denken Sie), den Titel eines Arztes weiterzuführen?

Christian

Unentgeltliche Sond (??) Paket

Härchlzest!
Der Berthold




Agricola

Zitat von: Berthold in 2006-09-01, 13:12:04
Lieber Agricola!
Fängst Du etwas mit diesem Text an, den mir ein Zuckmückenforscher zusandte?

Hab' ich gerade in einen anderen Faden gestellt. Halte ich für eine SPAM-Mail.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Berthold

Zitat von: Agricola in 2006-09-01, 13:19:01
Zitat von: Berthold in 2006-09-01, 13:12:04
Lieber Agricola!
Fängst Du etwas mit diesem Text an, den mir ein Zuckmückenforscher zusandte?

Hab' ich gerade in einen anderen Faden gestellt. Halte ich für eine SPAM-Mail.
Lieber Agricola!
Nein, Spam-Mail war's wohl keine. Außerdem hab ich's vorher apkupforen.
Es war eine schnelle Antwort eines mir mit Namen bekannten Fachkollegen (Dr. Christian Frank aus, glaub ich, Berlin). Ich schack ihm vorher meine Einlud zu einem Lieder- und Vortragsabend. Da waren auch zwei Bilder dabei. Eines mit einer 'Kalligraphie' (eher einer braven 'Abschrift') eines Mao-Zedong-Gedichtes.
Viele Grüße!
Der Berthold

Berthold

#146
1298 oder gar 1299 (21 : 49 : 20) Wjuus.
Meine Damen und Herren, ich bin or''ntlich gerohren.
Der Berthold

Agricola

Zum neuen Jahr habe ich folgendes verfassen (ganz unstarkverbig, ist auch eigentlich für ein anderes Forum geschrieben, aber als Sprachspiel passt es hier wohl auch!)

SACRIS APTA CANO VOTA APRIS DEDITVM AD ANNVM
ANNVM AD DEDITVM APRIS VOTA CANO APTA SACRIS

REGVLA
retro dicta mihi sint metris orba vel aucta!
aucta vel orba metris sint mihi dicta retro!

ANNO
cyclos, anne, facis nunc aprum prodere nobis
patronum; orta instans lux tibi mane nova est.
apris aprabus cedat vigilis canis inde!
inde canis vigilis cedat aprabus apris!
est nova mane tibi lux instans orta; patronum
nobis prodere aprum nunc facis, anne, cyclos.

CANI
petras, hirte canis, nunc apro credere debes!
debes credere apro nunc, canis hirte, petras!

APRO ET APRAE
agros orbis, aper, serva, collucrifer, horno!
patrona uncta adsis dehinc penetralis, apra!
apra, penetralis dehinc adsis uncta patrona!
horno, collucrifer, serva, aper, orbis agros!

GREGALIBVS
apro orbis cum principe abhinc accedite cursum!
cursum accedite abhinc principe cum orbis apro!

Übersetzung:

Ich singe (cano) Sprüche (vota), passend (apta) zum (ad) den heiligen (sacris) Wildschweinen (apris) gewidmeten (deditum) Jahre (annum). Zum Jahre, das den heiligen Wildschweinen gewidmet ist, singe ich passende Sprüche.

Regel (regula):
rückwärts (retro) Gesagtes (dicta, n.pl.) sei (sint) mir (mihi) bezüglich der Metren (metris) beraubt (orba) oder (vel) erweitert (aucta). Erweitert oder beraubt bezüglich der Metren sei mir das rückwärts Gesagte.
(Erläuterung: Jeder Vers ergibt vorwärts gelesen einen Hexameter, rückwärts gelesen einen Pentameter, oder umgekehrt. Dabei geht also ein Versfuß verloren oder erscheint neu. Das Bild vom geraubten Versfuß habe ich aus der Vorrede zu Ovids Amores entnommen.)

An das Jahr (anno, dat.sg.):
Oh Jahr (anne, voc.), du veranlassest (facis) nun (nunc), dass die Zyklen (cyclos) uns (nobis) das Wildschwein (aprum) als Schutzherrn (patronum) zu Tage bringen (prodere); dir (tibi) ist (est) das uns vor Augen stehende (instans) neue (nova) Licht (lux) am Morgen (mane) aufgegangen (orta). Den Ebern (apris) und Bachen (aprabus) weiche (cedat) der wachsame (vigilis) Hund (canis) von nun an (inde)! Von nun an weiche der wachsame Hund den Bachen und Ebern! Das neue Licht, das uns vor Augen steht, ist dir am Morgen aufgegangen; als Schutzherrn uns den Eber hervorzubringen veranlassest du nun, oh Jahr, die Zyklen.
(Anmerkung: Die Form ,,aprabus" anstatt von ,,apris" ist eine Schöpfung von mir, aber analog etwa zu ,,amicabus" und ,,servabus" im Paar mit ,,apris" unmittelbar verständlich.)

An den Hund:
Die Felsen (petras), struppiger (hirte) Hund (canis), musst du (debes) nun (nunc) dem Wildschwein (apro) anvertrauen (credere). Du musst dem Wildschwein nun anvertrauen, struppiger Hund, die Felsen!

An den Eber und die Bache:
Die Felder (agros) in der ganzen Welt (orbis), glückbringender (collucrifer) Eber (aper), beschütze (serva) in diesem Jahr (horno)! Als reiche/fette (uncta) Schutzherrin (patrona) der Innenräume (penetralis) sei anwesend (adsis) von nun an (dehinc), Bache! Bache, sei du von nun an bei uns als der Häuser Schutzherrin! In diesem Jahr beschütze du, glückbringender Eber, die Felder der Welt.
(Anmerkung: ,,collucrifer" ist meine Wortschöpfung aus ,,con" und ,,lucrifer" – gewinnbringend.)

An die Freunde:
Mit (cum) dem Wildschwein (apro) als der Welt (orbis) Vorsteher (principe) beschreitet (accedite) ab jetzt (abhinc) eure Pfade (cursum)! Eure Pfade beschreitet ab jetzt mit dem Vorsteher der Welt, dem Wildschwein!

Ermöglicht wird das Rückwärtslesen der Wörter durch die sehr freie Wortstellung im lateinischen Satz. Allerdings dürfen bestimmte Konstruktionen mit Präpositionen und Konjunktionen nicht verwendet werden, da sie eine bestimmte Wortstellung voraussetzen. Wenn man einen Hexameter konstruieren will, der bei umgekehrter Wortstellung zum Pentameter wird, besteht die eigentliche Schwierigkeit jedoch in der Anordnung der langen und kurzen Silben und der Zäsuren, die bei Hexameter und Pentameter unterschiedlich sind. Für die einzelnen Vokabeln sind die Längen und Kürzen lexikalisch in der Regel genau festgelegt. Es gibt allerdings wenige Ausnahmen sogenannter ,,anceps"-Silben, die wahlweise lang oder kurz gelesen werden können. (Die erste Silbe von ,,aprum" und die zweite Silbe von ,,mihi" kann zum Beispiel entweder lang oder kurz sein.) Außerdem ändert sich die Länge der letzten Silbe eines Wortes oft unter dem Einfluss des Anfangskonsonanten oder Anfangsvokals des folgenden Wortes, oder die letzte Silbe wird ganz elidiert. Dies geschieht aber auch nach festen Regeln, schafft also keine neuen anceps-Silben. Da ein Pentameter einen Versfuß weniger hat als ein Hexameter, müssen bei ihm also entweder Silben kürzer gelesen oder elidiert werden. Dafür sind die anceps-Silben wegen ihrer wahlweisen Verwendbarkeit zwar sehr praktisch, aber es gibt nicht viele Vokabeln mit anceps-Silben, und daher schränkt eine Konzentration auf anceps-Silben die poetische Freiheit zu sehr ein. Ausschließlich auf anceps-Silben beruht daher nur einer der obigen Verse, und zwar der unter ,,REGVLA" stehende. In ihm sind drei anceps-Silben enthalten (die ersten Silben von ,,retro" und ,,metris" und die zweite Silbe von ,,mihi"), die jeweils im Hexameter lang und im Pentameter kurz gelesen werden. Ohne Elisionen kommt sonst nur einer der Verse aus, nämlich der dritte Vers unter ,,ANNO". Er hat zwei anceps-Silben (die ersten Silben von ,,apris" uns ,,aprabus") und eine Silbe, deren Länge sich aufgrund des folgenden Wortes ändert (die letzte Silbe von ,,cedat" ist lang vor ,,vigilis" und kurz vor ,,aprabus"). Elisionen werden besonders intensiv im zweiten bzw. fünften Vers unter ,,ANNO" genutzt. Während die Hexameter-Version (der fünfte Vers) ohne Elision auskommt, werden in der Pentameter-Version die letzten Silben von ,,patronum" und ,,orta" und der Anfangsvokal von ,,est" elidiert. Dieser Vers kommt mit nur einer anceps-Silbe aus (der zweiten Silbe von ,,tibi"). Theoretisch müsste es möglich sein, einen solchen Vers auch ganz ohne anceps-Silben zu konstruieren, aber es wird dann extrem schwierig, die klassischen Zäsur-Regeln einzuhalten. Außerdem ist eine allzu starke Häufung von Elisionen unschön.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Singularis porcus

Sehr erfreulich, daß meinereiner da drin so oft und rühmlich erwähnt wird. Grunz!

Da gab's doch noch den beinah leoninischen Vers, den man zweimal untereinander schreiben kann, und dann ist's ein Distichon:

Quando nigrescit nox, rem latro patrat atrox;
   quando nigrescit nox, rem latro patrat atrox.


("Wenn die Nacht sich schwärzt, übt sein Werk der gräßliche Räuber;
    wenn sich die Nacht schwärzt, übt gräßlich der Räuber sein Werk.")



Jedenfalls:

agrICoLae VotIs, DeCeat qVae VersVs VterqVe,
   pIngVIs erIt CVnCtIs DeDItVs annVs apro!


:)
Oink!

Agricola

#149
Zitat von: Singularis porcus in 2007-01-01, 12:28:45
Sehr erfreulich, daß meinereiner da drin so oft und rühmlich erwähnt wird. Grunz!

Da gab's doch noch den beinah leoninischen Vers, den man zweimal untereinander schreiben kann, und dann ist's ein Distichon:

Quando nigrescit nox, rem latro patrat atrox;
   quando nigrescit nox, rem latro patrat atrox.


("Wenn die Nacht sich schwärzt, übt sein Werk der gräßliche Räuber;
    wenn sich die Nacht schwärzt, übt gräßlich der Räuber sein Werk.")



Jedenfalls:

agrICoLae VotIs, DeCeat qVae VersVs VterqVe,
   pIngVIs erIt CVnCtIs DeDItVs annVs apro!


:)

Genial! Sowas als Distichon ... Echt saumäßig gut.

Sowas ähnliches wie das obere Distichon habe ich auch einmal gemacht, aber unter einer anderen Prämisse: Dass sich nämlich, wenn sich die Längen und Kürzen ändern, auch die Bedeutung ändern soll. Hier ist's:

Distichon iuuenibus uersus facientibus dedicatum:

Aut leuis arte moris dic uoluere seri
Aut leuis arte moris dic uoluere seri

Der Vers ist folgendermaßem zu lesen:

Distichon iûvenibus versûs facientibus dêdicâtum:

Aut lêvîs artê môris dîc volvere sêrî
Aut "levis arte morîs" dîc "voluêre serî"
- - / - - / - || - / - - / - vv / - -
- vv / - vv / - || - / vv - / vv -

Übersetzung:
Ein Distichon, den jugendlichen Versemachen gewidmet:
Entweder (aut) sage (dic), dass du dich mit glatten (levis) [Versen] der ernsten Art (moris seri) innig (arte) beschäftigst (volvere)
Oder (aut) sage: [Verse] der leichten (levis) [Art] wollten (voluere) mit [meiner] Kunst (arte) den Zeiteinheiten (moris) gefügt werden (seri).

Nun gut, zugegebenermaßen ohne Erläuterung kaum verständlich und deshalb nicht mehr als ein absurdes Experiment. Aber dafür kommt der Vers ohne eine einzige Anceps-Silbe aus.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.