antike Rhythmen

Begonnen von Berthold, 2006-07-25, 17:49:39

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Berthold

#90
Zitat von: AmelieZapf in 2006-08-10, 14:32:30
Hallo Berthold,

Zitat von: Berthold in 2006-08-10, 12:54:19
Und: Als echter Egomane säße ich nicht in einem derart schnal(c)ken Kammerl, ich wäre verstrorben bis oben hin, schriebe nicht in diesem Forum und hätte wohl meine Hupeileizaus längst in der Tasche.

Hupeileizaus... deine Sorgen memüge ich haben. Ich werkle noch an meiner Pframiez... das hat aber bald ein Ende.

Grüße,

Amy
Liebe Amy!
Zu meinen Sorgen zählt die Hippeileizaus (Hipp! - eile ich nach Hause) nur ganz am Rande. Haffelnt hast Du mein Schreiben über die Sache mit dem Brief an Dich und das Sonderstückerl der Post gelesen. Früher wog fran in der Trafik ja etwas schwerere Briefe, was einem jetzt niemand mehr macht.
Härlchzest!
Der Berthold


Agricola

Kann mir hier mal jemand mit den Wörtern Pframiez und Hupeileizaus auf die Sprünge helfen? Ich stehe auf den Schlauch ...
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Berthold

#92
Zitat von: Agricola in 2006-08-10, 14:46:49
Kann mir hier mal jemand mit den Wörtern Pframiez und Hupeileizaus auf die Sprünge helfen? Ich stehe auf den Schlauch ...
Habilitation > (besser noch:) Hippeileizaus (Rec. narr.: 'Hipp! - eile ich nach Hause' - ein wenig Dialekt des Wiener Raumes, auch in der Variante zu folgendem Wort)
Promotion > Pframiez. Vielleicht auch Pfrühmies (Rec. narr.: Pf! - Rühme ich es?).  

Berthold

#93
Zitat von: Agricola in 2006-08-10, 14:46:49
Ich stehe auf den Schlauch ...
Lieber Agricola!
Immer, wenn mein Institutskollege, der Kurt Polanec, in Japan weilt (Er kann mittlerweile sehr gut Japanisch.) habe ich mir in E-mails folgenden Witztyp erloben: Man rühmt irgendwas an der chinesischen Kultur. In Japan dagegen...
Es war nur Neckerei.

So finde ich es denn sehr gut, daß Du Dein Bild getoschen hast. Frug ich mich doch immer: Warum nimmt dieser liebe und grundgescheite Mensch ausgeronchen japanische 'Kalligraphie' - und wär's Bashô oder Buson?
Hätte er doch die Schrift irgend eines der großen chinesischen Meister verwonden: von Yan Zhenqing etwa, von Ouyang Xun oder von Liu Gongquan! Echte Kalligraphen!
Warum das Gekrakel der Japaner, die nicht einmal die Pinsel rachgt halten??  
 

Agricola

Zitat von: Berthold in 2006-08-10, 15:06:34
Zitat von: Agricola in 2006-08-10, 14:46:49
Ich stehe auf den Schlauch ...
Lieber Agricola!
Immer, wenn mein Institutskollege, der Kurt Polanec, in Japan weilt
Wo weilt er denn da?
Zitat von: Berthold in 2006-08-10, 15:06:34
So finde ich es denn sehr gut, daß Du Dein Bild getoschen hast. Frug ich mich doch immer: Warum nimmt dieser liebe und grundgescheite Mensch ausgeronchen japanische 'Kalligraphie' - und wär's Bashô oder Buson?
Hätte er doch die Schrift irgend eines der großen chinesischen Meister verwonden: von Yan Zhenqing etwa, von Ouyang Xun oder von Liu Gongquan! Echte Kalligraphen!
Warum das Gekrakel der Japaner, die nicht einmal die Pinsel rachgt halten??  
Als Ehepartner einer japanischen Kalligraphin kann ich dazu eigentlich gar keinen Kommentar abgeben, der würde sofort wegen Befangenheit abgelehnen. Aber die Frage, warum ich dieses Bild ausgewohlen hatte, lässt sich sehr einfach beantworten: Weil ich einen Beitrag für die Tankomanie bruch, und ich suchte einfach nach einem hübschen Tanka, das sich mit etwas Phantasie in konjunktivische Dichtung umsetzen ließ. Obwohl mir die Kalligraphie ganz gut gefiel, hatte ich sie überhaupt nicht nach ästhetischen Gesichtspunkten ausgewohlen.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Berthold

#95
Ich weiß augenblalck nur, daß der Kurt die Tiere - das sogenannte Makrozoobenthos: die eher am oder im Gewässerboden lebenden, nicht allzu kleinen Tiere, mit Ausnahme der Fische - des Shimanto-Flusses bearbeitet. Ist dieser Fluß auf Shikoko? - Der Kurt verwendet dabei japanische Bestammsbücher - da kenne ich aus Europa wenig vergleichbar Gutes.
Selbstverstanlnd gibt es in Japan meisterhafte Kalligraphien (zumal ja die vereinfachenen Zeichen der Volksrepublik China oft weniger hermachen). Und gegenüber Deiner Frau weiß ich sicher & sowieso einen Pimperl. Nur: So etwa lief damals der Schmäh zwischen dem Kurt und mir. (Er läßt über Japan gar nix kommen.) Und daß ich wertende Urteile über andere Kulturen abgäbe, über die ich einen Lercherlschaaß weiß, das käme ja eh nicht vor.
Über Nigeria daherzuschwätzen und grad ein paar Büchln vom großen Chinua Achebe gelesen zu haben, das geht nicht an.

Agricola

#96
Aus japanischer Sicht verhält sich chinesische Kalligraphie zur japanischen ungefähr wie die griechische und lateinische Literatur zur klassischen und modernen deutschen: Kaum jemand in der japanischen Kalligraphiewelt wird die wunderbaren klassischen chinesischen Kalligraphien geringschätzen, sie dienen regelmäßig der Stilübung, und viele sehr gute Kalligraphen halten sie für unerreicht. Aber es gibt eben auch viele klassische und moderne japanische Stilrichtungen, die in der chinesischen Kalligraphie überhaupt kein Vorbild haben. (Die Waka-Kalligraphie, von der ich ein Beispiel hier präsentiert hatte, ist dafür ein repräsentatives Beispiel.) Niemand, der halbwegs bei Sinnen ist, wird fordern, die deutsche Literatur abzuschaffen, nur weil er die klassische griechische und lateinische für überlegen hält.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Agricola

Zitat von: AmelieZapf in 2006-08-10, 14:32:30
Ich wlirk (das machen wir natürlich auch in der 1. Person unregelmäßig, siehe einen Deiner letzten Einträge) noch an meiner Pframiez... das hat aber bald ein Ende.
Liebe Amy,
was will denn die professionelle Pianistin mit der Pframiez? In welchem Fach? (Ich frage nur so aus Interesse ...)
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Berthold

#98
Zitat von: Agricola in 2006-08-10, 16:30:45
Aus japanischer Sicht verhält sich chinesische Kalligraphie zur japanischen ungefähr wie die griechische und lateinische Literatur zur klassischen und modernen deutschen: Kaum jemand in der japanischen Kalligraphiewelt wird die wunderbaren klassischen chinesischen Kalligraphien geringschätzen, sie dienen regelmäßig der Stilübung, und viele sehr gute Kalligraphen halten sie für unerreicht. Aber er gibt eben auch viele klassische und moderne japanische Stilrichtungen, die in der chinesischen Kalligraphie überhaupt kein Vorbild haben. (Die Waka-Kalligraphie, von der ich ein Beispiel hier präsentiert hatte, ist dafür ein repräsentatives Beispiel.) Niemand, der halbwegs bei Sinnen ist, wird fordern, die deutsche Literatur abzuschaffen, nur weil er die klassische griechische und lateinische für überlegen hält.
Das liest sich jetzt ein bißchen, als wäre den chinesischen Kalligraphen in späteren Tagen ein wenig die Puste ausgegangen.
Aber von chinesischer Gegenwartskalligraphie verstehe ich gar nichts.
Ich hab mich halt nur oft bemohen, Zeichen auch mit dem Pinsel zu schreiben und immer wieder einmal einen chinesischen Spruch auf eine Kaffeehausserviette zu pinseln oder als Buchwamd zu verwenden. Z.B. den folgenden Spruch:
生 龍 活 虎 輕 摇 蚊



Agricola

Zitat von: Berthold in 2006-08-10, 17:11:06
Zitat von: Agricola in 2006-08-10, 16:30:45
Aus japanischer Sicht verhält sich chinesische Kalligraphie zur japanischen ungefähr wie die griechische und lateinische Literatur zur klassischen und modernen deutschen: Kaum jemand in der japanischen Kalligraphiewelt wird die wunderbaren klassischen chinesischen Kalligraphien geringschätzen, sie dienen regelmäßig der Stilübung, und viele sehr gute Kalligraphen halten sie für unerreicht. Aber er gibt eben auch viele klassische und moderne japanische Stilrichtungen, die in der chinesischen Kalligraphie überhaupt kein Vorbild haben. (Die Waka-Kalligraphie, von der ich ein Beispiel hier präsentiert hatte, ist dafür ein repräsentatives Beispiel.) Niemand, der halbwegs bei Sinnen ist, wird fordern, die deutsche Literatur abzuschaffen, nur weil er die klassische griechische und lateinische für überlegen hält.
Das liest sich jetzt ein bißchen, als wäre den chinesischen Kalligraphen in späteren Tagen ein wenig die Puste ausgegangen.
Ob das so ist oder nicht wage ich nicht zu bewerten. Aber die Japaner (auch die meisten Kalligraphen) wissen von und interessieren sich für neue chinesische Kalligraphie ungefähr so viel wie die Deutschen für neugriechische Literatur. Der Vergleich passt also durchaus, aus japanischer Sicht eben. Das Entscheidende für die japanischen Kalligraphen ist eben nicht die Frage, ob es auch moderne Kalligraphie in China gibt, sondern die Tatsache, dass es in Japan eine eigene kalligraphische Tradition gibt, die einerseits auf der chinesischen Klassik aufbaut, andererseits aber seit der Heian-Zeit auch ganz eigene Formen entwickelt hat - insbesondere in der Frauenliteratur.
The future lies in front of me,
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Berthold

#100
Zitat von: Agricola in 2006-08-10, 17:22:51[Zur Kalligraphie:]
(... ) andererseits aber seit der Heian-Zeit auch ganz eigene Formen entwickelt hat - insbesondere in der Frauenliteratur.
Überhaupt soll ja die Hiragana von Frauen entwalcken worden sein. - Und - japanische Frauenliteratur aus alten Zeiten: Wenn Dir das 'Genji Monogatari' wirklich gefällt...? Das ist so reich als Kulturquell - und so halt... Aber ja! Jaa! - Als Österreicher bleibt mir da nur eine Antwort, die eh wieder alles umstößt: Seit 'Der Mann ohne Eigenschaften' habe ich nichts Faderes gelesen. Die 13 Bände von 'Grzimeks Tierleben' sind ein wahrer Genuß dagegen. Freilich die Hofdame Sei Shonagon? - Ja, die schon! Oder Märchen der Ainu (die zweidrei, von denen ich halt Übersötze ins Deutsche gelesen habe) - in Versen erzohlen. Jaa!! Berührend schön.

Agricola

Zitat von: Berthold in 2006-08-10, 17:38:39
- Und - japanische Frauenliteratur aus alten Zeiten: Wenn Dir das 'Genji Monogatari' wirklich gefällt...? Das ist so reich als Kulturquell - und so halt...
...
Freilich die Hofdame Sei Shonagon? - Ja, die schon! Oder Märchen der Ainu (die zweidrei, von denen ich halt Übersötze ins Deutsche gelesen habe) - in Versen erzohlen. Jaa!! Berührend schön.
Ich bin ohnehin nicht jemand, der alte japanische Literatur verschlingt (schon eher Gedichte), aber das Schöne an der klassischen japanischen Literatur ist ja der Nüancenreichtum der Sprache (insbesondere wenn emotionale und zwischenmenschliche Dinge geschildert werden) und die Vieldeutigkeit der Anspielungen (insbesondere der Spiel mit Homonymen etc.) - das sind Dinge, von denen bei der Übersetzung, wenn man Glück hat, nicht mehr als 90 Prozent verloren gehen.
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Berthold

#102
Da ich da was von den wundersamen Nüancen im Japanischen lese, nun, dann muß es sein. Teil 2 meines Leserbriefes zu Ôe Kenzaburos 'Tagame':
(N.B.: Nur wegen der paar chinesischen Zeichen habe ich den Text vergrorßen.)

"Hier noch eine kleine Ergänzung zu meinem Leserbrief vom 26. 7. 2006 (Zu 'Tagame' von Ôe Kenzaburo): Der Beitrag ist aber nur dann sinnvoll, wenn die wenigen chinesischen Zeichen nicht hinter öden Buchstaben-Zahlen-Pseudokodierungen verschwinden. Falls sie verschwinden, vergeßt meinen Text! Chinesisch zu schreiben, muß bei zeitgemäßer Kommunikation einfach möglich sein.
Da las ich in irgendeiner Kritik, in Ôes Roman solle auch ein Mensch als Text begriffen werden. Nun können aber auf Chinesisch oder Japanisch Schreibende noch stärker verdichten als Europäer, weil auch viele Schriftzeichen selber kleine Geschichten erzählen. Ganz sicher ist das bei der Weichschildkröte (鼈: bie1, bzw 王八: wang2 ba) der Fall. Die phonetische Komponente des Zeichens (敝: bi4: abgenutzt verdorben, kaputt) zeigt ein Tüchlein (巾 jin1: Tuch, Schal, Handtuch - auf dem Kopf als eine Art Turban oder auch - über dem Schambereich - als hängendes Stoffstück am Gürtel getragen), das von irgend jemandem zerrissen, zerfetzt wurde (vier Löcher oder Fetzen). Darunter lauert 黽: min3, die Kröte. Als Gesamtheit ist das schon ein gutes Bild für eine räuberische, bissige Schildkröte. Hier wird aber auch auf jene rechtsradikale Gruppierung angespielt, die die 'seidene' Zartheit (auch der Seelen) junger Menschen zu zerfetzen oder zu beschädigen imstande war. Über den letztens schon erwähnten wang2 ba kommen wir freilich auch zur sexuellen Komponente. Hier könnte das Zeichen etwa eine grobe Entjungferung darstellen. Über die homoerotische Beziehung zu einem Besatzungsoffizier schrieb ich ebenso wie über die Liebe des alternden Gorô zu einem sehr jungen Mädchen. Die Weichschildkröte ist in der Volksmeinung eben auch ein Symbol für 'ausufernde' Sexualität. Wang2 ba, der 'König acht' ist jemand, der auf die achte konfuzianische Tugend vergessen hat (忘, wang4 heißt vergessen), die Keuschheit. - Der Kampf gegen die Weichschildkröte ist nicht nur eine Auseinandersetzung mit Kogitos Vater und mit der rechtsradikalen Gruppe, der dieser vorstand, sondern auch ein Kampf gegen Gorôs und wohl auch Kogitos eigenen Schatten. In krasser, wenn auch unbeholfener Brutalität (der Intellektuelle und die Gewalt) wird gegen das angekämpft, was auch schon, verschlüsselt und verfeinert, im Schriftzeichen steckt.
Warum ich mich auf das Chinesische beziehe, da das doch ein japanischer Roman ist? Weil Ôe Kenzaburo davon schreibt, daß er/Kogito die Schildkröte allein mit einem großen, alten chinesischen - und nicht mit einem japanischen - Messer töten konnte. Heißt wohl auch ein bißchen: Liebe und gescheite Leser, mit Euren Deutungen: Ad fontes! Chinesisch! Hier hätte sich ein Kommentar empfohlen.
Wiederholen möchte ich, daß sogar die 'Lauerwanze' ('Tagame') 田: tian2 (Feld, Ackerland, Ackerboden. Japan: Reisfeld) 鼈: bie1 heißt.
Wäre vielleicht einmal interessant über die vielen Pflanzen und Tiere zu schreiben, die in einigen Ôe-Romanen wichtig sind."
     

Agricola

Zitat von: Berthold in 2006-08-10, 19:09:11
Wiederholen möchte ich, daß sogar die 'Lauerwanze' ('Tagame') 田: tian2 (Feld, Ackerland, Ackerboden. Japan: Reisfeld) 鼈: bie1 heißt.
In der Tat heißt sie so. Ob sie auch von Oe so geschrieben wurde? Die modernisierte Schreibweise ist ja 田亀, und 亀 ist nicht etwa die Simplifizierung von 鼈, sondern von 龜, da wäre der Bezug also weg. Im übrigen finde ich als Schreibvariante für Tagame auch 水爬虫.
The future lies in front of me,
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AmelieZapf

#104
Hallo Agricola,

Zitat von: Agricola in 2006-08-10, 16:57:18
was will denn die professionelle Pianistin mit der Pframiez? In welchem Fach? (Ich frage nur so aus Interesse ...)
Nun ja, einen Doktor vermult. Ich habe ja mal Biochemie studoren, nebenher immer Musik gemachen, bin dann zur Diplomarbeit in die physikal. Chemie abgewarnden (Flüssigkristalle, also lyotrope Mesophasen i.w.S) und die Doktorarbeit war quasi die Fortsatz davon. Dann or die Musik schnell zum Hauptberuf mut und die Doktorarbeit geriet in die Hintertruft. Dank eines großzügigen Arrangements mit meinem Doktorvater haben wir uns auf einen verlarngenen Zeitrahmen zur Fertigstall iengeegen, im Gegenzug habe ich auf die halbe Doktorandenstelle verzuchten.

Grüße,

Amy
Religion heute:
Ex oriente deus,
ex machina lux.