DEUTSCHE Grammatik

Begonnen von VerbOrg, 2006-07-28, 16:17:14

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caru

hieß das bei euch in der schule so, oder hast du das auch anderweitig erfurschen?


(fein, daß die spunft wieder weg ist :) )
(\___/)
(>´x´<)
('.')__('.')

Nijntje - de echte nederlandse konijn

amarillo

#16
Nein, auf der Volksschule kam man nicht so weit, das waren ja nur die ersten 4 Jahre, da war mit Hauptwort, Wiewort, Tuwort etc.  schon der Lehrplan erschopfen.
Den Rest - aber dann in Latein - lorn ich auf dem Gymnasium. Hier waren die deutschen Begriffe verponen. Leute, das war 1962, da gab's noch solche Ideen wie: ein deutscher Gymnasiast...

Aus heutigem Rückblich muß ich leider sagen, daß ich zu dieser Zeit noch unter einem gerüttelt Maß an Altnazis zu leiden hatte.  >:(

Die anderen deutschen Begriffe habe ich erst im Laufe der Jahre 'wiedergefunden', die Quellen weiß ich nicht mehr. Aber meine eigene Lehrtätigkeit spielt da wohl auch eine Rolle.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Kilian

Zitat von: caru in 2006-07-29, 11:43:35
tatsalch? ich hab schon deutsche getroffen, die von dem wort strichpunkt heftig erstaunt waren und es äußerst lustig fanden. wie kann man zu sowas normalem wie einem semikolon nur "strichpunkt" sagen :D

Jepp, tatsalch. Da hast du wohl zufällig Deutsche mit Bildungslücke getroffen. :)

Zitat von: Agricola in 2006-07-29, 13:54:42Die Deutschlehrer hier in Japan sagen eher "Kolon" dazu, ein Begriff, den ich sonst abgesehen von der antiken Grammatik nur aus der Musiktheorie kenne.

Er bedeutet übrigens auch Grimmdarm.

ZitatAnführungszeichen: Gänsefüßchen, Hasenöhrchen, franz. Guillemets, engl. Inverted commas

Wobei »Guillemets« anders aussehen als ,,deutsche Anführungszeichen".

Zitatwer von euch kennt das Geschlechtswort, die Tatform und die Leideform?

Ja, kenn ich auch. Ich glaub, bei mir in der Grundschule haben wir gemischt gelernt, bei manchen Begriffen hauptsächlich die lateinischen Wörter und die deutschen als Erklärungshilfe.

VerbOrg

Tat- und Leideform kenn' ich erst seit ein paar Monaten. Darunter hätte ich mir vor dem Reiners nix vorstellen können.

Mit Geschlechtswort konnte ich dagegen was anfangen.
Wohl aber eher, weil man sich darunter sofort was vorstellen kann. Ich glaube, der, die, das wurden bei uns erst recht spät mit Namen versehen und waren dann gleich Artikel.

Agricola

Zitat von: Kilian in 2006-07-29, 22:55:50
ZitatAnführungszeichen: Gänsefüßchen, Hasenöhrchen, franz. Guillemets, engl. Inverted commas

Wobei »Guillemets« anders aussehen als ,,deutsche Anführungszeichen".
Die französischen Anführungszeichen werden in gedruckten Büchern ja auch im Deutschen häufig verwandt, aber, wenn ich mich recht erinnere, in der Schweiz häufig in «umgekehrter» Form. Im Lexikon standen die Zeichen nebeneinander, ohne dass erläutert wurde, was zu was gehört.

Ich frage mich, ob es vielleicht ,,Hasenöhrchen" und »Gänsefüßchen« sind? Aber in der Schule hießen die eher nach Hasenöhrchen aussehenden Zeichen bei uns Gänsefüßchen.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

VerbOrg

Hasenöhrchen kannte ich gar nicht.
Gänsefüßchen waren immer diese Dinger ,,hier".
Also das, was Herr Sick mal so schön als An- und Abführungszeichen bezinch.

Warum die Gänse solch merkwürdige Füße haben, weiß ich auch nicht.

VerbOrg

Gefunden unter www.textkritik.de/druckersprache:

ZitatGänsefüßchen  

Für diese noch nicht alten Zeichen begegnet uns zuerst die lateinische Benennung: »Hypopleroma« bei Jak. Mentel 1650 (s. Interpunktion). Die älteste deutsche Benennung ist »Gänßaugen«, wie sie noch heute im Dänischen »gaaseøine« heißen: »Gänßaugen, oder Hyphen [s.d.], werden diejenigen zwey krummen Striche genennet, die an der Seiten derer Columnen [jetzt nur noch am Anfang und Ende des betr. Satzes] gesetzt werden, wenn ein anderer Autor allegirt wird, da dessen Worte mit solchen bezeichnet werden, man kan sie auch nehmen, wenn eine Schrift anders seyn soll, als der Text ist [jetzt nur noch bei Versen].«  Geßner-Hager. – »Gänßaugen (oder Signum citationis) ...«  Geßner 372. – »Gänß-Aeuglein«. G. Matthiä, Lexicon lat.-germ., Halae 1748, s.v. caesum. – »Anführungszeichen (Citationszeichen) ... Wenn ein Schriftsteller ganze Stellen aus einem andern Buche anführt, oder sonst haben will, daß eine oder mehrere Stellen in seinem eigenen Werke dem Leser besser ins Auge fallen oder ihn besonders aufmerksam machen sollen ... Einige nennen die A. auch Gänsefüßchen oder Gänseaugen, allein diese Benennung ist nicht überall gebräuchlich.«  Täubel. – »Gänsefüße.« Campe, Wörterbuch, 1807. – »Gänsefüßchen oder Anführungszeichen dienen zur Hervorhebung einzelner Worte oder ganzer Sätze (Citate, Gespräche) inmitten des fortlaufenden Textes, sowie bei tabellarischem Satz als Unterführungszeichen an Stelle sich wiederholender Stichwörter.«  Waldow. – »Hasenohr, Hasenöhrchen«. Jacobsson, Technolog. Wörterbuch, 1781. – »Gänsefüße oder Hasenöhrchen.« Jean Paul, Über die deutschen Doppelwörter 1820 S. 226. – Das franz. guillemets soll von dem Erfinder Guillemet, einem franz. Gelehrten des 17. Jahrh., seinen Namen haben.
Da sieht man also, dass Gänsefüße zwei kumme Striche sind. Also nicht die Guillemet-Zeichen, sondern die deutschen An- und Abführungszeichen.

Und wieder haben wir einen neuen Begriff gelornen, nämlich die Gänß-Aeuglein oder Gänßaugen.

Agricola

Zitat von: VerbOrg in 2006-07-29, 23:35:58
Gefunden unter www.textkritik.de/druckersprache:

ZitatGänsefüßchen  

Für diese noch nicht alten Zeichen begegnet uns zuerst die lateinische Benennung: »Hypopleroma« bei Jak. Mentel 1650 (s. Interpunktion). Die älteste deutsche Benennung ist »Gänßaugen«, wie sie noch heute im Dänischen »gaaseøine« heißen: »Gänßaugen, oder Hyphen [s.d.], werden diejenigen zwey krummen Striche genennet, die an der Seiten derer Columnen [jetzt nur noch am Anfang und Ende des betr. Satzes] gesetzt werden, wenn ein anderer Autor allegirt wird, da dessen Worte mit solchen bezeichnet werden, man kan sie auch nehmen, wenn eine Schrift anders seyn soll, als der Text ist [jetzt nur noch bei Versen].«  Geßner-Hager. – »Gänßaugen (oder Signum citationis) ...«  Geßner 372. – »Gänß-Aeuglein«. G. Matthiä, Lexicon lat.-germ., Halae 1748, s.v. caesum. – »Anführungszeichen (Citationszeichen) ... Wenn ein Schriftsteller ganze Stellen aus einem andern Buche anführt, oder sonst haben will, daß eine oder mehrere Stellen in seinem eigenen Werke dem Leser besser ins Auge fallen oder ihn besonders aufmerksam machen sollen ... Einige nennen die A. auch Gänsefüßchen oder Gänseaugen, allein diese Benennung ist nicht überall gebräuchlich.«  Täubel. – »Gänsefüße.« Campe, Wörterbuch, 1807. – »Gänsefüßchen oder Anführungszeichen dienen zur Hervorhebung einzelner Worte oder ganzer Sätze (Citate, Gespräche) inmitten des fortlaufenden Textes, sowie bei tabellarischem Satz als Unterführungszeichen an Stelle sich wiederholender Stichwörter.«  Waldow. – »Hasenohr, Hasenöhrchen«. Jacobsson, Technolog. Wörterbuch, 1781. – »Gänsefüße oder Hasenöhrchen.« Jean Paul, Über die deutschen Doppelwörter 1820 S. 226. – Das franz. guillemets soll von dem Erfinder Guillemet, einem franz. Gelehrten des 17. Jahrh., seinen Namen haben.
Da sieht man also, dass Gänsefüße zwei kumme Striche sind. Also nicht die Guillemet-Zeichen, sondern die deutschen An- und Abführungszeichen.

Und wieder haben wir einen neuen Begriff gelornen, nämlich die Gänß-Aeuglein oder Gänßaugen.
Oder vielleicht sind die deutschen und französischen Zeichen nur Varianten derselben Ursprungsform? Wie sich ja auch beim Zirkumflex die griechische Schlange, der griechische Bogen und das französische Dach (ebenso wie mittelalterliche Neumenzeichen für die Verbindung eines hohen mit einem tiefen Ton) nur aus verschiedenen Schreibvarianten desselben Zeichens zusammensetzen.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Kilian

Zitat von: Agricola in 2006-07-29, 23:16:03Die französischen Anführungszeichen werden in gedruckten Büchern ja auch im Deutschen häufig verwandt, aber, wenn ich mich recht erinnere, in der Schweiz häufig in «umgekehrter» Form.

«So» ist es m.W. in der Schweiz üblich, « so » in Frankreich und »so« in deutschen Büchern.

Fleischers Karsten

#24
Zitat von: VerbOrg in 2006-07-28, 16:17:14
Vor mir liegt ein "Kleines Lexikon untergegangener Wörter", herausgegeben von Nabil Osman (Auflage von 1976).

Ah, haste dir den auch besorgen. Schönes Buch. Ich habe mittlerweile auch Nabil Osmans "Kleines Lexikon deutscher Wörter arabischer Herkunft". Auch sehr gut.

Zur Verdeutschung  der grammatikalischen Begriffe muss ich noch mal auf meine Ausgabe der Wustmannschen "Sprachdummheiten" zurückgreifen, Auflage von 1935 - voll nazifizoren. Da sind noch dollere Verdeutschungen drin.
Karsten

Kilian

#25
Es sei zur etwassen Erlircht des Umgangs damit angemorken, dass zumindest die größten Nazi-Chargen der Verdeutschung reservoren gegenüberstanden (Dieter E. Zimmer, Sprache in Zeiten ihrer Unverblarchß [das konnte ich mir jetzt nicht verkneifen], S. 127).

MrMagoo

Zitat von: caru in 2006-07-29, 16:34:16
was wir in der volksschule auch hatten, war die fall-numerierung.
erster, zweiter, dritter, vierter fall - sonst hatten die -tive gar keinen namen. die lateinischen bezeichnungen hab ich erst in der mittelschule gelernt, "wemfall" und so weiter noch viel später.

sehr viele menschen in österreich kennen all die grammatischen terminüsse nur auf deutsch, angefangen von meiner großmutter (geboren 1914) bis zu zeitgenossen, die in den 1980ern zur welt gekommen sind.


Die meisten deutschen Begriffe sind mir auch geläufig; in der Grundschule habe ich noch "Hauptwort", "Tuwort", "Wiewort" gelernt, später (auch noch in der Grundschule) wurden die dann in "Nomen", "Zeitwort" und "Wiewort" geändert, bevor man dann ab der 5. Klasse "Substantiv", "Verb" und "Adjektiv" sagen mußte.

Ähnlich auch mit den anderen Bezeichnungen, übrigens auch bei den Fällen:

Kennengelernt habe ich sie als "Wer-Fall", "Wes-Fall", "Wem-Fall" und "Wen-Fall" - dann kam die Numerierung à la "1., 2., 3., 4. Fall" und letztendlich die lateinischen Begriffe.
---> Der 1. Fall war der Nominativ, der 2. der Genitiv, der 3. Dativ und der 4. Akkusativ ===> Interessant ist, daß wohl noch bis in die 80er Jahre eine völlig andere "Ordnung" galt:

1. Fall = Nominativ
2. Fall = Akkusativ
3. Fall = Dativ
4. Fall = Genitiv

Noch bemerkenswerter finde ich allerdings, daß diese (wohl altertümliche) Anordnung anscheinend wiedergergestellt wird.
Das könnte für ein heilloses Durcheinander sorgen.

Gruß
-MrMagoo
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Agricola

Zitat von: MrMagoo in 2006-08-25, 22:36:34
---> Der 1. Fall war der Nominativ, der 2. der Genitiv, der 3. Dativ und der 4. Akkusativ ===> Interessant ist, daß wohl noch bis in die 80er Jahre eine völlig andere "Ordnung" galt:

1. Fall = Nominativ
2. Fall = Akkusativ
3. Fall = Dativ
4. Fall = Genitiv

Noch bemerkenswerter finde ich allerdings, daß diese (wohl altertümliche) Anordnung anscheinend wiedergergestellt wird.
Das könnte für ein heilloses Durcheinander sorgen.

Gruß
-MrMagoo
Ich glaube, die Reihenfolge Nom.-Gen.-Dat.-Akk.(-Abl.) ist älter. Den Akkusativ an die zweite Stelle zu stellen, haben sich irgendwelche Grammatiker des 19. Jahrhunderts ausgedacht, englische vielleicht, denn im angelsächsischen Bereich ist (in der Latein-Grammatik) die abweichende Zählung mit Akkusativ an zweiter Stelle (oder davor noch eingeschobenem Vokativ) sehr verbreitet. Die Idee ist, die ähnlichen Fälle (Nominativ und Akkusativ, bei einigen Wörtern Genitiv und Dativ, Dativ und Ablativ) zu bündeln.

Der für die mittelalterliche und neuzeitliche Grammatik wichtigste antike Grammatiker, Donatus, verwendete, wenn ich mich recht entsinne, die Reihenfolge
Nominativ
Genitiv
Dativ
Akkusativ
Vokativ
Ablativ
und für gewisse Wörter gab es noch einen siebten Fall. Nummern wurden damals allerdings selten verwendet. Die englische Reihenfolge eignet sich auch schlecht zum Numerieren, weil der gelegentlich eingefügte Vokativ alle Nummern verschieben würde.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

MrMagoo

ZitatIch glaube, die Reihenfolge Nom.-Gen.-Dat.-Akk.(-Abl.) ist älter. Den Akkusativ an die zweite Stelle zu stellen, haben sich irgendwelche Grammatiker des 19. Jahrhunderts ausgedacht, englische vielleicht, denn im angelsächsischen Bereich ist (in der Latein-Grammatik) die abweichende Zählung mit Akkusativ an zweiter Stelle (oder davor noch eingeschobenem Vokativ) sehr verbreitet. Die Idee ist, die ähnlichen Fälle (Nominativ und Akkusativ, bei einigen Wörtern Genitiv und Dativ, Dativ und Ablativ) zu bündeln.


Das vermute ich auch: Gerade in "Deutsch-als-Fremdsprache"-Werken ist diese Anordnung sehr beliebt; u.a. auch, weil Nominativ und Akkusativ im Deutschen formal sehr ähnlich sind und diese im Fremdsprachunterricht so am leichtesten abgehandelt werden können.

Gegen die verschiedenen Anordnungen (je nach Zweck) ist eigentlich auch nichts einzuwenden, man sesölle allerdings Bezeichnungen wie "2. Fall" und "3. Fall" vermeiden, da sie sonst verwürren.

Gruß
-MrMagoo
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Kilian

Die NADG-Reihenfolge ist wohl das, worauf man einfach intuitiv kommen würde, einfach weil der Nominativ der "elementarste" Fall ist, die einfachsten transitiven Sätze enthalten dann meist einen Akkusativ, kompliziertere zusätzlich einen Dativ, und der Genitiv ist der mysteriöseste, etepeteteste, am wenigsten in den Tiefen der deutschen Sprachstruktur verankerte.

Entsprechend geht auch die von Grammatiktheoretikern zur Erklur zahlloser Phänomene herangezogene Kasushierarchie NADG.