DEUTSCHE Grammatik

Begonnen von VerbOrg, 2006-07-28, 16:17:14

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Agricola

#30
Zitat von: Kilian in 2006-08-28, 00:10:02
Die NADG-Reihenfolge ist wohl das, worauf man einfach intuitiv kommen würde, einfach weil der Nominativ der "elementarste" Fall ist, die einfachsten transitiven Sätze enthalten dann meist einen Akkusativ, kompliziertere zusätzlich einen Dativ, und der Genitiv ist der mysteriöseste, etepeteteste, am wenigsten in den Tiefen der deutschen Sprachstruktur verankerte.

Entsprechend geht auch die von Grammatiktheoretikern zur Erklur zahlloser Phänomene herangezogene Kasushierarchie NADG.
Ah, jetzt sehe ich erst, dass da sogar noch der Dativ vor dem Genitiv steht. So etwas habe ich noch nie gesehen. In der lateinischen Reformgrammatik ist die Reihenfolge N[V]AkGDAb
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

caru

#31
Zitat von: Kilian in 2006-08-28, 00:10:02
Die NADG-Reihenfolge ist wohl das, worauf man einfach intuitiv kommen würde, einfach weil der Nominativ der "elementarste" Fall ist, die einfachsten transitiven Sätze enthalten dann meist einen Akkusativ, kompliziertere zusätzlich einen Dativ, und der Genitiv ist der mysteriöseste, etepeteteste, am wenigsten in den Tiefen der deutschen Sprachstruktur verankerte.

Entsprechend geht auch die von Grammatiktheoretikern zur Erklur zahlloser Phänomene herangezogene Kasushierarchie NADG.

da waren wohl die sanskritgrammatiker meister der intuition. denn bei denen lautet die reihenfolge seit alters

N, A, Instrumental, D, G, Ablativ, Lokativ -

und dann gibts noch den Vokativ, der steht aber in seiner eigenschaft als satzäquivalent außerhalb der reihe.

wenn man die kasüsse wegläßt, die's bei uns nicht gibt, bleibt NADG :)
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Nijntje - de echte nederlandse konijn

Agricola

#32
Hochinteressant. Was heißt hier "seit alters"? Und wo findet man diese Quellen? Seit wann sind sie in Europa bekannt?
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caru

Zitat von: Agricola in 2006-08-28, 10:53:53
Hochinteressant. Was heißt hier "seit alters"? Und wo findet man diese Quellen? Seit wann sind sie in Europa bekannt?


"seit alters" heißt, daß herr Panini in seinem grammatikwerk für die kasüsse durchwegs nur die bezeichnungen prathamâ, dvitîyâ.... saptamî ("erster, zweiter... siebter") benutzt, wobei die reihenfolge die oben angegebene ist. andere namen haben die kasüsse in der indischen tradition niemals bekommen (es sei denn in neuester zeit englische).
Paninis werk setzt die werke anderer grammatiker voraus und zitiert diese herren namentlich; ihm ging also bereits eine gewisse tradition voraus, als deren genialer abschluß sein werk dann später betrachtet wurde - es wurde nie ersetzt, traditionell ausgebildete indische gelehrte können es heute noch auswendig (wie zum beispiel frau Bhate).
nachdem Panini die ordnungszahlen-kasusnamen nirgends erklärt, sondern als bekannt voraussetzt, waren sie wohl schon bei seinen vorgängern im gebrauch - seine lebenszeit ist zwar schwer zu datieren, aber später als im 4. jh. v. chr. wird sie nicht angesetzt - spätestens gegen 350 v. chr. war die obige kasusreihenfolge also in indien gebräuchlich. das heißt "seit alters".

erstmals für westliche gelehrte in buchform herausgegeben wurde Paninis grammatik 1839-40. (seither ist sie nie außer druck gewesen, in ein paar verschiedenen ausgaben und aufmachungen.) eine handvoll indologen kannte sie wohl schon einige zeit vorher. also, man kennt sie in europa seit nicht ganz 200 jahren.
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Agricola

Danke für die erhellenden Ausführungen. Ich hätte Panini bis eben ansonsten für italienisches Backwerk gehalten ...
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caru

tja, das geht anderen auch so.


indologe in der buchhandlung, vor einem regal mit kochbüchern: "oh, guck mal, die haben ein buch über Panini!"

und herr Sadananda Das aus benares, der in heidelberg und anderswo gesprochenes sanskrit zu unterrichten pflegt, war hellauf entzocken, als er durch die wiener innenstadt ging und auf einer italo-imbißstube groß und breit das wort PANINI las :D
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VerbOrg

Vor mir liegt derzeit

DER GROßE DUDEN (jawoll, mit versalem eszett) von 1962.

Dort fand ich:

Merke:
1. Nennformen mit einfachem zu im Sinne von um zu gelten als erweitert.
2. Bei der Nennform der Leideform ohne nähere Bestimmung steht die Beistrichsetzung frei.

Der Beistrich steht nicht, wenn die erweiterte Nennform oder mehrere erweiterte Nennformen dem Hauptsatz als Satzgegenstand vorangehen und kein Deutewort auf sie zurückweist.


So, nun bitte ich um Erklärung, was es mit einem Deutewort auf sich hat.
Die Nennform ward sicher schon sicher als Infinitiv er-, sofern sie als solcher noch nicht bekannt war.

Kilian

Ein Deutewort muss so ein Wort sein, das im Satz auf eine Infinitivgruppe o.Ä. voraus- oder zurückweist, z.B.
Ich mag gar nicht daran denken, ihn zu sehen.
Geliebt zu werden, das ist das Schönste.
Ich hasse es, mich aufzuregen!

Aber wie heißt das auf Undeutsch? Keine Ahnung... ???

Agricola

Zitat von: VerbOrg in 2006-11-26, 18:34:00
2. Bei der Nennform der Leideform ohne nähere Bestimmung steht die Beistrichsetzung frei.
Das mit der Leideform wurde sicher in Japan erfunden, denn alle Deutschstudenten leiden hier sehr unter den Passivkonstruktionen, die sie nicht leicht verstehen.
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but "lies" is all that I can see.

VerbOrg

Zitat von: Kilian in 2006-11-26, 21:42:32
Ein Deutewort muss so ein Wort sein, das im Satz auf eine Infinitivgruppe o.Ä. voraus- oder zurückweist, z.B.

Geliebt zu werden, das ist das Schönste.

Aber wie heißt das auf Undeutsch? Keine Ahnung... ???
Nach dem oben stehen gelassenen Beispiel wurden auch die Deutewortsätze in dem Duden gebolden.

Aber am undeutschen Begriff grüble ich auch immer noch.

Wie hast Du das so einfach geschaffen  ::), auf die richtige Fährte zu kommen?
Der Begriff Deutewort selbst fohr mich erst mal zum Demonstrativpronomen. Aber das war wohl 'ne falsche Deutung.

Agricola

Deute Sprache swere Sprache.
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Kilian

ZitatWie hast Du das so einfach geschaffen  ::), auf die richtige Fährte zu kommen?

Wer sagt, dass es einfach war? :D Naja, Beistrich und Nennform kannte ich, und dank meiner profunden Rechtschreibkenntnisse konnte ich's mir dann zusammenreimen.

ZitatDer Begriff Deutewort selbst fohr mich erst mal zum Demonstrativpronomen. Aber das war wohl 'ne falsche Deutung.

War auch mein erster Gedanke - ein Deutewort kann natürlich durchaus ein Demonstrativpronomen sein, muss aber nicht.

Kilian

Das hat jetzt nicht mehr direkt mit Grammatik zu tun, aber ein Knaller aus der von Agricola empfohlenen Weise'schen Ästhetik der deutschen Sprache sprang mir im Inhaltsverzeichnis gleich ins Auge: Glimpfwort für Euphemismus.

VerbOrg

#43
Also noch mal zum Thema Fälle:

Nominativ = Nennbug
Genitiv = Besitzbug
Dativ = Kriegbug
Akkusativ = Werckbug
Vokativ = Ruffbug
Ablativ = Laßbug

Woher ich das habe?
Aus "Wolfgang Ratkes Schriften zur Deutschen Grammatik (1612-1630)" siehe auch hier.

...to be contineld...

Übrigens: Ratke hat in seinen Deklinationstabellen tatsalch Vokativ und Ablativ für die deustche Sprache aufgefohren.

oberhaenslir

Zitat von: VerbOrg in 2006-07-28, 16:17:14... Wie sagt man im Deutschen für Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ? Wer-, Wes-, Wem- und Wenfall? Wie langweilig:

Nominativ = Nennfall
Genitiv = Zeugefall (Zeugeendung)

Dativ = Gebefall (Gebeendung)
Akkusativ = Klagefall (Klageendung, Kläger)

Man könnte in diesem Faden doch weitere grammatikalische Begriffe in ihren alten deutschen Formen sammeln. Z.B. auch für Satzzeichen oder Wortarten ...

Die lateinischen Begriffe sind präziser.

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