stilistische etc. fehlgriffe auf hoechstem Niveau

Begonnen von gehabt gehabt, 2005-09-16, 12:09:27

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gehabt gehabt

Neulich las ich die Glocke. Das ist das Gedicht, welches der Dichter um moeglichst viele gefluegelte Worte docht ( erroetend folgt er ihren Spuren; drum pruefe, wer sich ewig bindet; da werden Weiber zu Hyaenen ...

Ein Vers daraus lautet:

"Auch des Wappens nette Schilder Loben den erfahrnen Bilder"

Ich nehme, an jeder Deutschlehrer wuerde das Wort "nett" in dem Kontext als nichtssagend anschlaengeln und ein aussagekraeftigeres Wort anmahnen. Mir scheint, Schiller war hier nicht auf der Hoehe seines Koennens.

Kann jemand weitere offensichtliche Fehlgriffe grosser Kuenstler (also nicht zB von Friederike Kempner, dem schlesischen Schwan) benennen?

VerbOrg

Zitat von: gehabt gehabt in 2005-09-16, 12:09:27
Neulich las ich die Glocke. Das ist das Gedicht, welches der Dichter um moeglichst viele gefluegelte Worte docht ( erroetend folgt er ihren Spuren; drum pruefe, wer sich ewig bindet; da werden Weiber zu Hyaenen ...
Da taucht sie wieder auf: die berühmte Frage, was denn nun zuerst da war, die Henne oder das Ei (in diesem Falle die Glocke oder die geflügelten Worte).
Nach umfangreichen Recherchen kam ich zu dem Ergebnis, dass diese Worte, um die der Dichter herumdocht, erst geflolgen wurden, nachdem es das "Lied von der Glocke" bereits gab. Es sind sozusagen geflolgne Zituren.

Kilian

Das ist für mich the very definition von "geflügelten Worten". Schillers Worte bekamen Flügel. Redensarten ohne markante bekannte Erstverwendung brauchen wohl keine metaphorischen Flügel, die bewegen sich von Natur aus durch die Lüfte.

Das Ei war übrigens zuerst da, z.B. das Dinosaurier-Ei.

Und nun: Spielverderben und auf die frühere Bedeutung von nett (rein, zierlich, hübsch) hinweisen oder mitspielen? Ha, Letzteres. Wie das immer so ist, erinnere ich mich ganz genau, auch schon solche Stellen gesehen haben, die heute kurios erscheinen, aber gerade fällt mir kein Beispiel ein.