makabre Euphemismen

Begonnen von VerbOrg, 2006-02-04, 19:50:13

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VerbOrg

Ich las gerade in einem Redensartenbuch von 1896* und stieß auf eine alte Liste makabrer Euphemismen, die ich hier mal wiedergeben will:

Man hat scherzhafter Weise die Gleichnisausdrücke vom Sterben nach den menschlichen Berufsarten, Geschäften und Lagen zusammengestellt, denen sie entnommen sind. Darnach kann man etwa sagen:

Der Wanderer ist zur Heimath eingekehrt.
Der Höfliche hat der Welt Lebewohl oder Valet gesagt.
Das Kindlein ist unter die Engel aufgenommen.
Dem Laternenanzünder hat der Tod das (Lebens-) Licht ausgeblasen.
Dem Hornisten, Trompeter u.s.w. geht der Odem aus.
Für den Apotheker ist kein Kraut gewachsen.
Dem Bäcker ist das letzte Brot gebacken.
Dem Doktor, Zahnarzt thut kein Zahn mehr weh.
Der Müde hat sich zur Ruhe gelegt.
Dem Nachtwächter hat die letzte Stunde geschlagen.
Der Schauspieler hat seine Rolle ausgespielt.
Der Schiffer ist in den Hafen eingelaufen.
Der Fährmann hat dem Charon das Fährgeld entrichtet.
Der Schläfrige hat die Augen geschlossen.
Der Schwätzer wird ein stiller Mann.
Der Bauer, der Hirt hat ins Gras gebissen.
Der Trinker liegt in den letzten Zügen.
Dem Uhrmacher ist die Uhr (das Stundenglas) abgelaufen.
Der Unglückliche, Beklommene stößt den letzten Seufzer aus.
Dem Weber ist (von den Parzen) der Lebensfaden abgeschnitten.
Der Flötist pfeift auf dem letzten Loche.
Der Jude sitzt in Abrahams Schooß.
Der Adlige ist zu seinen Vätern versammelt.
Dem Neugierigen drückt der Tod die Augen zu.
Der Fuhrmann, Postillon, Kutscher ist abgefahren.
Der Seemann ist abgesegelt.
Die Waschfrau hat ausgerungen.
Der Gelehrte gibt den Geist auf.
Der Gottlose hat dran glauben müssen.
Der Diener ist zum Herrn gegangen.
Der General ist zur großen Armee abgegangen.
Der Schnelläufer hat seinen Lauf vollendet.
Der Krieger hat ausgekämpft, den letzten Kampf gekämpft.
Der Feinschmecker muss Erde kauen.
Der Flucher hat das Zeitliche gesegnet.
Der Schlächter ist den Weg alles Fleisches gegangen.
Der Idealist wandelt im Reiche der Vollendung.


Es gibt noch unglaublich viele dieser Wendungen. Vielleicht könnte man die in diesem Faden zusammentragen.


*Dr. Herman Schrader: "Der Bilderschmuck der deutschen Sprache"

Günter Gans

Gute Güte, die Altvorderen waren bei der Schwulstproduz echt unschlagbar.

Andere Zeiten, andere Euphemismen: Heute haben wir dafür Entlassungsproduktivität, Entsorgungsparks, Belegschaftsaltlasten und sozialverträgliches Frühableben.
Gehen Sie immer in den Wald zur Paarung? (Loriot)

caru

Der Pfarrer hat das Zeitliche gesegnet.
Der Gärtner schaut sich die Radieschen von unten an.
Der Jäger ist in die ewigen Jagdgründe gewechselt.
Der Rauchfangkehrer kehrt nie wieder.
Der Zerstreute hat das Ewige mit dem Zeitlichen vertauscht.
Das Stubenmädchen hat der Herr zu sich genommen.

(Und in Wien ist außerdem noch der Straßenbahnfahrer mit dem Einundsiebziger gefahren.)
(\___/)
(>´x´<)
('.')__('.')

Nijntje - de echte nederlandse konijn

Günter Gans

Zitat von: caru in 2006-02-04, 20:15:47
Das Stubenmädchen hat der Herr zu sich genommen.

Klasse!  ;D
Gehen Sie immer in den Wald zur Paarung? (Loriot)

VerbOrg

Der Journalist ist abgeschrieben.
Der Sportler ist über die Klinge gesprungen.
Der Grenzer entrichtet der Natur seinen Zoll.
Der Färber ist verblichen.
Der Meisterdieb wird des Lebens beraubt.
Der Kapitän liegt vor dem letzten Anker.

amarillo

#5
Der Vegetarier hat ins Gras gebissen.
Der Zahnazt hinterläßt eine schmerzliche Lücke.
Der Mantafahrer wurde tiefer gelegt.
Der Gourmet gibt den Löffel ab.
Der Meteorist hat sein letztes Fürzchen gemurmelt.

Nachtrach:

Der Busenstar ist abgenippelt.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Ku

Der Gabelstapler hat die letzte Gabel gestapelt

amarillo

#7
Der DJ hat die Platte geputzt.

Dem Architekten fällt nichts mehr ein.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

VerbOrg

Die Putzfrau wird zu Staub.
Der Globetrotter tritt die letzte Reise an.
Der Bergmann fährt in die Grube.
Der Schwule kneift den Arsch zu.
Der Schaffner liegt in den letzten Zügen.

VerbOrg

Der Maurer springt von der Schippe.
Der Turner verreckt.
Den Elektriker trifft der Schlag.
Der Spachtelfabrikant kratzt ab.
Der Beamte entschläft sanft.
Der Anwalt steht vor dem jüngsten Gericht.
Der Autohändler kommt unter die Räder.
Der KFZ-Mechaniker schmiert ab.
Der Spanner ist weg vom Fenster.
Der Rabbi geht über den Jordan.
Das Model führt das letzte Hemd vor.

Kilian

Klasse! :) Ich werde jetzt nicht großartig kreativ, sondern greife auf Vorhandenes zurück:

Von de Höhner (1992):

ZitatWenn der Herrjott ruft

Wenn der Herrjott ruft, dann ist Sense,
man nippelt ab - so oder so,
wenn der Herrjott ruft zur Himmelfahrt,
dann geht jeder auf seine Art.

Dem Uhrmacher schlägt das letzte Stündchen.
Der Dieb, der stiehlt sich einfach fort.
Der Professor gibt seinen Geist auf.
Der Matrose geht über Bord.

Der Schauspieler tritt ab von der Bühne.
Der Jäger geht in die Jagdgründe ein.
Der Manager findet die ewige Ruh.
Der Beamte schläft friedlich ein!

Wenn der Herrjott ruft, dann ist Sense,
man nippelt ab - so oder so,
wenn der Herrjott ruft zur Himmelfahrt,
dann geht jeder auf seine Art.

Der Metzger geht den Weg allen Fleisches.
Der Koch gibt seinen Löffel ab.
Der Gärtner, der beißt ins Gras
und der Maurer kratzt einfach ab!

Wenn der Herrjott ruft, dann ist Sense,
man nippelt ab - so oder so,
wenn der Herrjott ruft zur Himmelfahrt,
dann geht jeder auf seine Art.

Es nützt dir kein Schreien und Schnauben,
da stellt sich der Herrjott ganz taub.
Jeder muss einmal dran glauben,
auch die Putzfrau wird einmal zu Staub.

Wenn der Herrjott ruft, dann ist Sense,
aber wir hab´n ja noch was Zeit.
Wenn der Herrjott ruft:
stellen wir uns ganz hinten an.

Von ming Vatter (2001):

ZitatDer Botschafter wird abberufen,
der Wanderer geht endlich heim,
der Pfarrer segnet das Zeitliche,
der Schreiner kriecht Freund Hein auf den Leim.

Der Tramper steigt aus und der Turner verreckt,
der Züchter geht kläglich ein,
der Optiker schließt die Augen zu,
der Totengräber fällt selbst hinein.

Der Schleifer springt über die Klinge,
der Sänger haucht den Atem aus,
der Zoodirektor verendet,
dem Beleuchter geht das Lebenslicht aus.

VerbOrg

einen hab' ich noch:

Der Abrichter geht vor die Hunde.

amarillo

Der Bauer düngt den Boden.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

VerbOrg

Der Zauderer hat sein Leben beschlossen.

VerbOrg

Der Nimmersatt is(s)t nicht mehr.
Der Kostverächter hat das Brot bis auf den letzten Knust aufgegessen.