Infinitiv?!

Begonnen von Ashley, 2005-06-29, 01:27:34

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Agricola

Aber es ist doch kein wörtliches Zitat. Da kann die Bezeichnung des Objektes durchaus aus der Perspektive des Hauptsatzsubjektes unabhängig von der Nebensatzbedingung erfolgen. Wie könnte man folgenden Sachverhalt denn sonst überhaupt darstellen:

Du bewohnst Zimmer A, ich bewohne Zimmer B, folglich musst du Zimmer A aufräumen, ich muss Zimmer B aufräumen. Sage ich also zu Dir:

"Wenn ich an deiner Stelle wäre, müsste ich ja auch nicht ... Zimmer (B), sondern ... Zimmer (A) aufräumen."

Meines Erachtens vollkommen korrekt so ausgedrückt:

"Wenn ich an deiner Stelle wäre, müsste ich ja auch nicht mein Zimmer, sondern dein Zimmer aufräumen."
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

amarillo

Ich an Deiner Stelle würde Dir mal überlegen, ob  Deine Beispiele nicht hinken. ;D
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Agricola

Wessen Beispiele denn jetzt?
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

amarillo

Ich habe doch gar keine gebracht. Wird sich also um die Deinen handeln.

Aber jetzt kommt eines: Sagt der Vater zum Sohn: "an Deiner Stelle würde ich Dich mal rasieren."
Geht nicht, weil ist ja reflexiv gemienen.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Agricola

also doch "meine"?

Schönes Beispiel mit dem Bart. Aber wie ist es hiermit:

Ein Professor verweigert einem Studenten den Schein, und das musste er schon um der Gerechtigkeit den anderen Kanditaten gegenüber tun. Der Student ist sichtlich eingeknickt, scheint aber den Grund der Maßnahme halbwegs nachvollziehen zu können. Sagt also der Professor:

"Es tut mir wirklich leid, aber Sie müssen es im nächsten Semester noch einmal versuchen. Sie sehen doch auch: wären Sie an meiner Stelle, hätten Sie sich den Schein auch nicht gegeben."
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

amarillo

Ja, so hätte ich es auch an Stelle des Professors gesagt. Und was will mich das lernen? Ich sollte meine Beispiele gefälligst auch aus hochschulischer Umgebung wählen!
Sieht ganz so aus, als ginge es in einigen Fällen, in anderen nicht. Vielleicht liegt es daran, daß das personaelle Objekt, in dessen Situation man sich hypothetisch begibt, einmal im Akkusativ und einmal im Dativ anzutreffen ist? Ich weiß es nicht. Bin aber überzeugt, daß Du mich gleich aufzuklären zu versuchen, nicht unterlassen wirst können. :D
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Agricola

Ich glaube, es liegt eher daran, dass die hypothetische Situation nicht vollkommen hypothetisch ist, sondern reale Objekte mit einbezieht. Letztere werden dann absolut (also nach ihrem realen Namen) bezeichnet.

Um auf das allererste Beispiel zurückzukommen: Der Satz:
"Ich würde an deiner Stelle mal ganz schnell dein Zimmer aufräumen!"
war ja von meinen Eltern nicht hypothetisch gemeint, sondern als Befehl (Räum mal schnell Dein Zimmer auf!). Es geht nicht um das hypothetische Zimmer, das meine Eltern hätten, wenn sie an meiner Stelle wären, auch nicht um das hypothetische Aufräumen. Es geht nur darum, die angesprochene Person daran zu erinnern, dass die drohenden Konsequenzen so unangenehm sind, dass meine Eltern sie im hypothetischen Fall lieber vermieden hätten.

Ebenso geht es bei dem Studenten nicht darum, sich einen anderen, hypothetischen Studenten vorzustellen, sondern er soll als hypothetischer Professor seiner realen Person entgegentreten. Daher die merkwürdige reflexive Form. Das müsste mit dem Akkusativ auch funktionieren ... (nachdenk ...) ... zum Beispiel:

Wenn Sie sich als Professor unterrichten memüssen, wären Sie an sich schon längst verzwilfen!
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

amarillo

Hypothetisch hin oder her, ein Satz wie: "Ich würde an deiner Stelle mal ganz schnell dein Zimmer aufräumen!" wäre mir unter Verwand des gennanten zweiten Possessivbegleiters nie über die Lippen gekommen.
Ich an Deiner Stelle würde meine Versuche, mich von meiner These zu überzeugen, so langsam über Bord werfen. Klingt auch Sch... weil die Person einmal als angenommenes Zweit-Ich (an Deiner Stelle) und einmal als Real-Ich zur Erwuhn kommt.
Hiiiiiiiilfeeeeee! :D
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Agricola

Ich bin gerade dabei, mir vorzustellen, wie ich hülnde, wenn ich mich an deiner Stelle in mich (dich?) hineinversätze ... Hiiiiiiiiilfeeeeeeeee!!!!! :D
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

amarillo

Wenn ich mich recht entsinne, hat Théophile Gautier in "Mademoiselle de Maupin" ein ähnlich verrückt gelagertes Thema beschrieben: eine Frau, die sich als Mann verkleidet, der (die) sich wiederum als Frau gibt. Das hat natürlich eine ungeheuer pikante Erotik zur Folge, waß unserem Diskussionspunkt - Gott sei's geklagen - völlig abgeht. :D
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.