Gesöff

Begonnen von Berthold, 2008-11-04, 11:31:02

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Berthold

Das ging mir heute Morgen um drei Uhr, knapp vor dem Einschlafen, durch den Kopf. Vielleicht steht's ja schon irgendwo bei den Nomina, obwohl ich die Sachen jetzt kurz durchgagnang bin.

Ein Gesöff ist kein Kollektivbegriff für etwas Trinkbares. Es ist eine Abwart, etwas Grausliches, eher ein Trank für Viecher als ein Trunk für kultivierte Menschen. Das 'ö' wäre sowohl Ton des Ekels, als auch, vielleicht, Hinweis auf ein Satzgefüge mit Konjunktiven 2: z.B.: Nur wenn ich nahe dem Verdursten wäre, söffe ich das.

Nun, Vergleichbares ließe sich auch aus anderen '-aufen-Verben' herleiten. Ich füge jeweils eine Doyt hinzu:

kaufen - Geköff: wertloses Zeug, das man irgendwo kauft
laufen - Gelöff: ein Laufen mit schlechter Lauftechnik, ohne Ausdauer, fast ein Gehumpel
raufen - Geröff: eine gemeine, regellose Rauferei
schnaufen - Geschnöff: ein ungutes Geschnaufe mit gurgelndem Husten
taufen - Getöff: z.B. die Zwangstaufe einer ganzen Gruppe von Sachsen in der Zeit Karls des Großen. (Nicht etwa das Stottern eines Automotors, bevor er kaputtgeht.)

Hätte es damals schon Neuhochdeutsch gegeben, Heinrich der Löwe hätte die Staufer 'das Gestöff' nennen können. - Das hätte froychl ins Kollektive gospnöll.

Fleischers Karsten

#1
Man kekünne dies ausweiten auf die Verben mit -ausen, da wird dann ein Ge-öss draus.

hausen - Gehöss: Furchtbar unaufgeriomene Wohnhaft (so wie meine).
grausen - Gegröss: Was wirlk ganz grausames.
schmausen - Geschmöss: Wenn die Mahlzeit nicht den Erwurten entspricht, ist sie ein Geschmöss.
lausen - Gelöss, brausen - Gebröss, sausen - Gesöss, mausen - Gemöss
Karsten

Berthold


Darüber werd ich kein Gemöll anstimmen. Das war ja nur ein Anfang.
Und - falls Du's wissen willst, der einzige Schmeid, den ich besitze, ist mein alter Verlobungsring.

Fleischers Karsten

#3
Mancher Sprachpurist dedürfe ein arges Gestönn beim Durchforsten unseres Forums empfinden. Und wir dürfen uns dann das Angepflömm wieder anhören.
Karsten

Agricola

Niemals wüge ich mich in eine Versammlung evangelikaler Christen. Das Geglöbb dort kekünne ich nicht aushalten.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Berthold

#5
Solang's nicht der 靖國神社 ist, 農夫先生, vernohrer Shintoist, soll's mir Recht sein.

Agricola

#6
Im 靖国神社 hat man's ja weniger mit Geglöbb zu tun — eher mit dem Zusammengelöff aller möglichen Opportunisten.

Ich hoffe allerdings, dass ein mangelnder Wertschatz der Wohllot Bertholdscher Wortgeschöpfe nicht dazu führt, dass sie irgend jemand einmal diff als Gelött amöre.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Kilian

Die Grauslichkeit scheint mir nicht im Ableitungsmuster, sondern im Verb zu liegen. Stellt man Getränk daneben, fällt der Konjunktiv-II-Stamm auf... aber das sind denn auch die einzigen beiden Beispiele, die mir gerade dazu einfallen. Auf jeden Fall bringt die ö-Methode prachtvolle Wörter hervor.

Ich bekenne, dass ich anderen Benutzer meiner Internetleitung gestern mit extensivem Gesögg (oder süge man gleich: Gesöch) norv.

Fleischers Karsten

Das funktiornt auch bei Verben auf -auen:

bauen - Gebö: Da hat sich der Architekt Müller aber ein Gebö einfallen lassen.
schauen - Geschö: Das Geschö im Fernsehen ist unertralg.
Karsten

Berthold

#9
Da gäb's noch andere Sachen, die ich, noch immer der Zuckmücken Brandenburgs wegen, nun gar nicht mehr herschreiben kann.
Nur ein Beispiel:
Folgendes kursiv guschrimpes Nomen, etwa, will ich gar nicht negativ verschdnann wissen. Aber wenn man als großgewachsener Mann des Abends im 10A-Autobus oder in anderen Omnibunten auf das Gezwirge blickt, dann, öh, - wächst die Menschenliebe.

Berthold

Zitat von: Fleischers Karsten in 2008-11-04, 15:43:32
Das funktiornt auch bei Verben auf -auen:
(...)
schauen - Geschö: Das Geschö im Fernsehen ist unertralg.

Da gibt's aber auch die Schauten, - wie sich hinwiederum an unseren Flüssen, teils statt der Auten (Auen, statt Gestöh!), die Stauten reihen. Auten kommen von keinem Verb, vielleicht, weil kein Mensch sie äut, sondern das Klima, die Natur und Gott. Vielleicht sesüllen wir da bei Auen bleiben. - Beim stolzen Pfau(en) kekünne man sich froychl das Gepföh vorstellen.

Fleischers Karsten

Apropos auten, nein, outen: Das Geött homosexueller Prominenter geht mir langsam auf die Nerven. Das interersst mich nicht die Bohne.
Karsten

Berthold

#12
Nun, aus dem 'Gespött' ließe sich ja, vice versa, das Verb spauten bö-, halt, bauen. Womochlg für besonders gemeines, lang dauerndes Verhöhnen.
Du späutzt, sie späutzt: Das klänge, etwas verschormpf, schon ganz brauchbar - für die Kehlen & Münder der Späuter.
Damit spauten allerdings in der 2. und 3. Person Singular zu jenen harten Verben wie (ab)fotzt, knotzt, kotzt, motzt, protzt, rotzt oder trotzt aufschließen kann, muß man davon ausgehen, daß der Murmellaut e zwischen den zwei t-s erdrückt/erstickt wird und nur -tzt übrig bleibt. 2. P.: tәst -> tst (tzt guschrimp); 3. P.: tәt -> t-t -> tst (tzt).
Man kekünne von einer Suffocatio vocalis ә sprechen. (S. = Erstack)

Schriebe ich "Ich fahre zu Weihnachten nach Hause", ein normativer Grammatiker/Syntaktiker miene jedoch zu meiner Variante "Falsch, im Hochdeutschen reicht 'Ich fahre Weihnachten nach Hause'", kekünne man solch eine strenge Kritik als Er-/Zersickung (-sack) bezeichnen. Hier darf man auch den Sickstoff nicht vergessen, der manches sprachkritische Werk erfüllt.

Fleischers Karsten

Vorhin, so um viertel vor sieben, kurz davor, Gesöff zu mir nehmen zu wollen, kam mir die "Schnüss" in den Sinn.
Man kekünne die Schnüss mit dem Verb "schneuzen" assoziieren (heutzutage schreibt es sich ja wohl "schnäuzen") und damit wieder verben auf -euXen schon pejorativ substantivieren.

schneuzen - Geschnüss: Das Geschnüss in meinem Taschentuch mag ich mir selber noch nicht mal anschauen.
beugen - Gebügg: Das Gebügg was die Gesellschaft zur Stärkung der Verben hervorbringt macht mich äußerst sickig.
Karsten