"fragen"

Begonnen von MrMagoo, 2004-09-27, 03:16:46

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Kilian

Zitat von: gehabt gehabt in 2005-01-30, 08:57:40Das ists natuerlich: in diesem Zusammenhang sind Features=Rubriken.

In Zeitschriften fasst man unter dem Begriff "Rubriken" heute ja eher die regelmäßigen Beiträge zusammen, die keine inhaltlichen Kerne des jeweiligen Magazins sind. Das ist bei unseren Features aber nun wieder der Fall. Unter "Rubriken" stehen hingegen die technischen Dinge, das Drumherum, die Danksagungen, der Newsletter, die Kontaktmöglichkeiten etc. Was halt noch so dabei sein muss.

amarillo

Wie mir einer meiner Gewährsleute aus Neuchâtel heute fernmündlich mittiel, wird - zumindest in seinem Heimatteil der Schweiz - das Handy als "Nahtel" bezinchen.

Phonetisch wie semantisch vielleicht nicht der große Wurf, aber für mich klingt's ganz putzig.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

caru

putzig ist "quatschi" aber auch  :D
(\___/)
(>´x´<)
('.')__('.')

Nijntje - de echte nederlandse konijn

Kilian

Nahtel klingt gut, finde ich. Woher tel kommt, kann ich mir zusammenreimen, aber wieso Nah? Weil es dem Besitzer immer nah ist? Ein Kompositum aus Gegenteilen... hat was...!

amarillo

Ich glaube das ist es, man hat es immer in seiner Nähe.

Vielleicht sollte man noch andere Schweizer befragen, aber ich kenne keine weiteren.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

MrMagoo

Zitat von: MrMagoo in 2004-09-27, 03:16:46
Das Verb "fragen" ist immer schon ein schwaches gewesen; besonders in norddeutschen Mundarten aber hat sich schon früh analog zu "tragen" eine starke Präteritumform ('frug') und der Umlaut in der 2. und 3. Person Singular Präsens herausgebildet.

Einen starken Imperativ und ein starkes Partizip Perfekt jedoch hat "fragen" nie besessen. Anstelle des "?" gehören also in die Rote Liste, die ja nur tatsächliche Formen anführt (oder, Kilian?) die schwachen Formen "fragte - gefragt". Für die Liste der starken Verben würde ich vorschlagen, die Analogie zu 'tragen' beizubehalten und das Partizip "gefragen" zu übernehmen.


Ich zitiere mich heute ausnahmsweise mal selbst, denn soeben fand ich noch ein interessantes Gedichtchen zu den Formen von "fragen", das sehr gut hierherpaßt.

Es stammt aus dem Büchlein "Allerhand Sprachdummheiten" von Gustav Wustmann und ist sozusagen der Vorläufer von Bastian Sicks "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod".

In der Auflage von 1891 heißt es in einer Anmerkung:

"Die Grenzboten veröffentlichten 1882 ein hübsches Sonett aus Süddeutschland, das sich über das Vordringen der falschen Formen lustig machte. Es begann mit der Strophe:

Ich frug mich manchmal in den letzten Tagen:
Woher stammt wohl die edle Form: er frug?
Wer war der Kühne, der zuerst sie wug?
So frug ich mich, so hab ich mich gefragen.


Eine Anzahl von Zeitungen brachte dann Gegensonette, aus denen freilich nichts weiter hervorging, als daß ihre Verfasser keine Ahnung von den Anfangsgründen der deutschen Grammatik hatten, und daß ihnen die falschen Formen schon so in Fleisch und Blut übergegangen waren, daß sie für das richtige schon alles Gefühl verloren hatten.



Ein sehr interessantes und äußerst lesenswertes kleines Büchlein; auch wenn es, wie so vieles im 19. Jahrhundert, sehr stark auf der Organismuskonzeption fußt.


Viele Grüße
-MrMagoo
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Bertl

Zitat von: MrMagoo in 2005-11-17, 15:25:14
...auch wenn es, wie so vieles im 19. Jahrhundert, sehr stark auf der Organismuskonzeption fußt.

Lieber MrMagoo!
Mir als Zoologen ist das hochgrude pieln, aber was ist iegelnt die Organismuskonzeption?
Ich tipp und tapp' im Dunklen (kein Schmäh!), tapp es ins Internet und stieß als Num'ro eins auf einen Artikel zur Kultursoziologie - Doppelpunkt

(Burren & Rieder:)
"Es zeichnet sich ab, dass die herkömmlichen reduktionistischen, linearen und hierarchischen Modelle an Geltungskraft verlieren und durch Netzwerk- und Systemmodelle abgelöst werden, in welchen das Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren im Zentrum steht..."

So ging's gar gelohren dahin (und - Modephrase: - ich will auch nichts aus dem Zusammenhang reißen) - doch empföhle ich, dulmm, statt Netzwerkmodell, Retifikationsmodell (zum Stark solcher Substantive miech ich letztens dem Kilian einen wilden Vorschlag), nicht wäre meinem Verständnis gedohnen.

P.S.:
Ich freue mich immer über den Stil und Schliff Deiner Beiträge (Angerogen ward ich dadurch, etwa wieder in meiner so vergolb'nen wie verstob'nen althochdeutschen Grammatik zu stöbern.); ich mag dieses Forum in seiner Tiefe, Labenzwurdick, bisweilen auch Schärfe; und weil ich da irgendwo einmal las, jemand ziehe - kann ja fast nur "zöge" heißen - die "Mensa-" unserer Gesellschaft vor, fordere ich Menschen, die solches ernsthaft bekennen, auf:
Hic mensa - hic pensa! (Hier ist die Tafel! Hier erwäge!)
Herzlichst!
D. B.    



Bertl

Zitat von: Bertl in 2005-11-17, 17:14:35
...so vergolb'nen wie verstob'nen althochdeutschen Grammatik zu stöbern.[/color]

Erwierttenes Selbstgespräch:
Einen stabenden Stüber mit dem stäupenden Stäblein für mich! Im stäubixten Stüblein verwalx ich doch stauben mit stieben! - Allerdings kann kein Buch verstieben. Wohl nicht einmal Menschen können es; davon(-) [wie ich's von hier oft so gerne täte], hinweg(-), auseinander(-) - das schon; und zer- ! - :
"Zerstoben sind die Gäste all" - in Uhlands "Glück von Edenhall".
Ein "verstaub'nes" Buch wäre mir zu wenig. Muß es halt ein "verstub'nes" sein - strotzen doch viele Stuben (vor allem Bibliotheken) von Staub/vorm Staube.


MrMagoo

Zitat von: Bertl in 2005-11-17, 17:14:35
Zitat von: MrMagoo in 2005-11-17, 15:25:14
...auch wenn es, wie so vieles im 19. Jahrhundert, sehr stark auf der Organismuskonzeption fußt.

Lieber MrMagoo!
Mir als Zoologen ist das hochgrude pieln, aber was ist iegelnt die Organismuskonzeption?
Ich tipp und tapp' im Dunklen (kein Schmäh!), tapp es ins Internet und stieß als Num'ro eins auf einen Artikel zur Kultursoziologie - Doppelpunkt

(Burren & Rieder:)
"Es zeichnet sich ab, dass die herkömmlichen reduktionistischen, linearen und hierarchischen Modelle an Geltungskraft verlieren und durch Netzwerk- und Systemmodelle abgelöst werden, in welchen das Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren im Zentrum steht..."

So ging's gar gelohren dahin (und - Modephrase: - ich will auch nichts aus dem Zusammenhang reißen) - doch empföhle ich, dulmm, statt Netzwerkmodell, Retifikationsmodell (zum Stark solcher Substantive miech ich letztens dem Kilian einen wilden Vorschlag), nicht wäre meinem Verständnis gedohnen.

P.S.:
Ich freue mich immer über den Stil und Schliff Deiner Beiträge (Angerogen ward ich dadurch, etwa wieder in meiner so vergolb'nen wie verstob'nen althochdeutschen Grammatik zu stöbern.); ich mag dieses Forum in seiner Tiefe, Labenzwurdick, bisweilen auch Schärfe; und weil ich da irgendwo einmal las, jemand ziehe - kann ja fast nur "zöge" heißen - die "Mensa-" unserer Gesellschaft vor, fordere ich Menschen, die solches ernsthaft bekennen, auf:
Hic mensa - hic pensa! (Hier ist die Tafel! Hier erwäge!)
Herzlichst!
D. B.    





Ich grüße Dich, Bertl.

Dank sei Deiner Worte.
Wie ich sihe, bist Du sehr geandt im Verbenstärken; ich selbst muß zugeben, daß ich immer ganz verworren dreinscho (prät. von "schauen") nachdem ich viele Konsonantendreher erblocken habe.

Zu Deiner Frage: Die "Organismuskonzeption" schimpft sich in sprachwissenschaftlichen Kreisen meist "Organismustheorie" und ist unter diesem Namen weit geläufiger. ;)

Diese Organismustheorie besagt, daß Sprache selbst als ein "lebender" Organismus empfunden wird, daß Sprache sich also selbst (weiter)entwickelt, ohne daß der Mensch in irgendeiner Weise in die Struktur eingreifen und diese verändern soll - tut er dies doch, do könnten erhebliche Schäden an/in diesem Organismus entstehen, eben so wie bei jedem anderen lebenden Organismus (sei es Mensch, Pflanze oder Tier) auch der Fall wäre.
Dieses Verständnis hat die ganze Sprachforschung des 19. jahrhunderts geprägt und tritt auch heute immer wieder in Erscheinung; neben dutzender anderer Konzeptionen und Theorien.

Es grüßt
-MrMagoo
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Bertl

Lieber MrMagoo!
Vielen Dank für Deine Auskunft! - Mhm. - Also doch auf die Sprache bezogen. - Aber, herrjeh, dann wäre das, was wir da machen, womöglich von Übel - weil man ja gar nicht annehmen kann, daß alles spurlos an der Sprache vorübergeht. - ,Es soll ja auch nicht spurlos vorübergehen´, höre ich da einige von Euch/uns sagen.
                                                 -
Eine noch weiter anstehende, entsetzliche Arbeit (Donau-Mückenlarven vom Übelsten, mit irgend etwas - Bengalrot? - gefärbt wie rote Rüben/Beete, fixiert in ätzendem, Fingerbeeren zerschrümpeldem Formaldehyd...) zwingt mich, diesen Forum-Beitrag gleich wieder abzubrechen.
Herzlichst!
D. B.

 

bertl

... zerschrümpelndem ...

Kilian

Treffen sich zwei Sprachen beim Einkaufen.
- Na, altes Gerät, wie geht's?
- Ach, gar nicht gut. Der Doktor sagt, ich hab corroboratio verborum.
- Ach, mach dir nichts draus. Das hatte ich auch mal. Geht schnell vorüber.

Günter Gans

Den kenn' ich noch anders:

Treffen sich zwei Planeten im All.
,,Wie geht's?"
,,Ach, schlecht, ich hab' grad Homo sapiens."
,,Halb so schlimm, geht auch vorbei."
Gehen Sie immer in den Wald zur Paarung? (Loriot)

Kilian

Ja, das ist mein Lieblingswitz, fürs hiesige Thema modifizor'n. :)

caru

treffen sich zwei photonen irgendwo im raum. das eine torkelt.

fragt das andere: "na? wieder mal besoffen?"

"quatsch! siehst du denn nicht? ich versinke in einem gravitationsfeld!"



(a. einstein und niels bohr sollen sich über den halb krank gelacht haben :D)
(\___/)
(>´x´<)
('.')__('.')

Nijntje - de echte nederlandse konijn