hacht

Begonnen von Fleischers Karsten, 2006-02-02, 12:22:01

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Fleischers Karsten

Im Wörterbuch der Gebrüder Grimm stieß ich unter balgen auf folgenden Vers:

hacht sie mit weib und kind an galgen,
und laszt sie mit den raben palgen.


Weder unter henken als auch unter hängen fand ich jedoch die Form hacht wieder.
Weiß jemand von euch, zu welchem dieser beiden Verben hacht gehört und ob diese Form gebräuchlich war?
Karsten

Kilian

Merkwürdig - im Grimm gibt's HACHEN, v., aber die Bedeutung sich wie ein hache gebärden, gierig sein, sich habsüchtig zeigen will ja nicht so recht in den Vers passen.

Fleischers Karsten

#2
Ich glaub ich hab's, kommt wohl von hahen.

1)  aufhängen, suspendere: den diep sol man hahen. HALTAUS 780;

miuse sol man vâhen,
diebe sol man hâhen.
        Vridank 47, 19:

man sol in an ain galgen hahen,
oder seinen kopf abslagen.
        fastn. sp. 474, 10;

dasz die müller bei hohem wasser und eisgängen ihre mühlen mit seilen an die stadtmauer hahen und festmachen. Regensburger chron. bei SCHMELLER 2, 166.

2)  hangen, pendēre:

das primglöcklein darin auch hecht,
ehe dann man zu singen anfecht,
täglichen frue und vesperzeit
wirt esz ein gantze stundt geleüt.
        SCHMELZL lobspr. 78,

in einem rätsel auf die haselnusz:

es ist hal
und hecht gen tal.
        fastn. sp. 1458;


Bd. 10, Sp. 158

noch jetzt südböhmisch.

mân schwester sitzt in arrest,
und mân brueder hacht afn golgn.
        FROMM. 6, 269.

in übertragenem sinne:

das got den sünder nit erhört,
nur den der hecht an seinem wort.
        SCHMELZL blindgeb. sohn 9a.  
 
Karsten

Bertl

Zitat von: Fleischers Karsten in 2006-02-02, 14:18:14
Ich glaub ich hab's, kommt wohl von hahen.
Eh.
Ich schreib ein bisserl was aus dem 'Etymologischen Wb. d. Deutschen' vom Wolfgang Pfeifer (2. Aufl. 1993) ab:
Bei ,hängen'
Das starke, ehemals reduplizierende Verb hāhan (trans.) ,
(auf)hängen, kreuzigen' (um 800; vgl. zuohāhan ,aufhängen', 8. Jh.)
aengl. hōn (trans. und intrans.)
anord. hanga (trans. und intrans.)
got. hāhan (trans.) -
setzen germ. *hanhan voraus, das in den Einzelsprachen teilweise Nasalschwund mit Ersatzdehnung aufweist.
(Dann geht's lange weiter.)

 

Bertl

Sogar eine - wie bei uns einige sagen: - 'Disidation' gibt's da:
Rissleben, D. (1931): D. Gesch. d. Verbgruppe hāhan - hangēn - hengen - henken. - Phil. Diss. Greifswald.

MrMagoo

Jap, "hacht" kommt von hahan (=hängen, oder richtiger: hangen).

Ein "h" im Auslaut oder vor t ("hacht" < haht) wurde früher wie ein "ch" gesprochen, daher die angleichende Schreibweise "hacht".
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

MrMagoo

Zitat von: Bertl in 2006-02-02, 16:01:43
Sogar eine - wie bei uns einige sagen: - 'Disidation' gibt's da:
Rissleben, D. (1931): D. Gesch. d. Verbgruppe hāhan - hangēn - hengen - henken. - Phil. Diss. Greifswald.


Genau:

hâhan (aus: hanhan) ist das ursprüngliche, einst resuplizierende, dann starke Verb "hangen" mit den Formen hing, gehangen.

---> Der heutige Infinitiv "hängen" ist aus dem abgeleiteten schwachen Verb hängen (aus: hengen) übernommen und für das starke Verb eigentlich falsch.


"hangen" (hing - gehangen) ist intransitiv und hat die Bedeutung "frei schwebend über etwas sich befindend":
"Das Bild hing an der Wand."
"Die Lampe hat im Wohnzimmer gehangen".

"hängen" (hängte - gehängt) ist das Kausativ zu "hangen" und bedeutet hangen machen, machen, daß etwas hangt:
"Ich hängte das Bild an die Wand."
"Die Lampe habe ich ins Wohnzimmer gehängt."

"henken" ist wohl vollkommen eins mit hängen;
einerseits soll "henken" ein Intensivum zu hängen sein, wird aber von einigen verworfen - ob der Mann gehengt oder gehenkt wird, soll sich phonetisch nie unterschieden haben, daher sei die Annahme eines "stärkeren" henken nicht wirklich zu unterstützen.
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)