<Schafsbeförderung> - stumme Bläser im Bambusorgelchor

Begonnen von Berthold, 2012-03-12, 13:26:45

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Berthold

Da ich ja eh "Schweifmeister" bin, darf ich mir diesen Abschwiff erlauben.
Ich schreib's her, weil ich hoffe, daß auch Seine Magnifizenz, unser Rektor, hin und wieder hier im Forum vorbeischaut.
(Aus Harro von Senger (2011): 36 Strategeme - Fischer Taschenbuch Verlag)
Aus einem Artikel der Nr. 5 des Heilongjianger Periodikums "Parteileben" - später (3. April 1984) im Renmin Ribao noch einmal abgedruckt:

"Bei der Beförderung von Nachwuchsfunktionären stößt man immer wieder auf allgemein beliebte <Schafe>. Sie besitzen einen gefügigen Charakter, sagen zu allem ja und amen, sind moralisch und fachlich mittelmäßig und haben der Führung noch nie Schwierigkeiten bereitet. Selten verletzen sie jemand und rufen kaum jemandes Unwillen hervor. Von diesen Leuten kann man sagen: <Die Führung beargwöhnt sie nicht, und die Kollegen meiden sie nicht.> Wenn es um eine Beförderung geht, fällt sie ihnen in den Schoß. Sie werden <mit leichter Hand emporgeführt.>
Dies ist gar nicht angebracht. Ich sage <nicht angebracht>, nicht aus Furcht davor, daß solche Personen Recht und Ordnung durcheinanderbringen und Unruhe stiften könnten, sondern aus Sorge darum, daß sie als stumme Bläser im Bambusorgelchor einen Platz einnehmen, ohne entsprechende Qualifikationen zu besitzen und als Kuckuck unter Nachtigallen Einsitz nehmen, nichts versuchen und nichts zustande bringen, ja die Leistung beeinträchtigen. Es läßt sich leicht ausdenken, daß einer, der immer nur ja und amen sagt und bei allem immer nach der Führung schielt, dann, wenn er selbst auf einen führenden Posten versetzt wird, auch wieder nur sein Augenmerk nach oben richten und weiterhin nur zweit- oder drittklassige Arbeit leisten wird. <Mit leichter Hand ein Schaf emporführen> ist einfach, doch wird dadurch kein Neubeginn herbeigeführt."     

Wortklauber

So etwas könnte auch in "Mein Kampf" stehen (und steht, in sehr ähnlicher Form. Nicht ganz zufällig, meinen manche, mit dem Hinweis auf einige Stellen in der chinesischen Übersetzung, die sich bei Mao plagiiert finden)

Berthold

#2
Zitat von: Wortklauber in 2012-03-12, 13:50:42
So etwas könnte auch in "Mein Kampf" stehen (und steht, in sehr ähnlicher Form. Nicht ganz zufällig, meinen manche, mit dem Hinweis auf einige Stellen in der chinesischen Übersetzung, die sich bei Mao plagiiert finden)

Was (auch) in "Mein Kampf" stehen kekünne, kann und will ich jetzt nicht beurteilen.
An den dachte ich keinen Augenblick. Nicht einmal an Helmut Qualtingers beklemmende Lesungen.
Außerdem paßt die Passage mit "nach der Führung schielt" dort überhaupt nicht hinein.
Mir gefällt, muß ich zugeben (auch von der Sprache her),
"stumme Bläser im Bambusorgelchor" und
"als Kuckuck unter Nachtigallen Einsitz nehmen".
Außerdem widerstrebt's mir - bitte, keine übertriebenen Schlüsse zu ziehen -,
"the fuhrer" und Mao in einen Topf zu schmeißen.

Wortklauber

Zitat von: Berthold in 2012-03-12, 14:21:17
Außerdem paßt die Passage mit "nach der Führung schielt" dort überhaupt nicht hinein.

Da hast du recht. Ich dachte auch mehr an die verlogene Methode, gleichzeitig den "Wert der Persönlichkeit", des Mutes, der Erfindung und der unterschiedlichen Begabungen zu verherrlichen und dann jeden, der sich nicht konform verhält, gnadenlos zu bestrafen. In China scheint es mir ähnlich zu sein. Gerade vor ein paar Monaten ist ein guter chinesischer Bekannter von mir nach China zurückgekehrt und dort schon nach wenigen Wochen wegen Teilnahme an einer Kundgebung für Demokratie zwei Monate inhaftiert worden. Immerhin konnte er mir das schreiben, als er wieder raus war, aber auf e-mail reagiert er jetzt nicht mehr, entweder weil er meine Mail gar nicht kriegt oder weil er sich nicht mehr traut, Kontakt mit Ausländern zu pflegen. Das ist das moderne, weltoffene China.

Berthold

#4
Hui, dann hast Du zumindest eine "schneidende" persönliche Erfuhr. Nicht wie ich, der ich halt mit Wiener China-Beiseliers ein bisserl Chinesisch radebreche. Was die chinesischen Gäste dort so zueinander reden, verstehe ich ja nach wie vor fast überhaupt nicht. Ich habe auch keine guten chinesischen Bekannten, mit denen ich etwas unternehmen kekünne.
Damals, bei meinem sehr kurzen Aufenthalt in und bei Beijing, hab ich mich auch eher um die chinesische Mauer, die Verbotene Stadt, den Zoo und die Kalligraphengasse geschoren.

Hausmeister

Zitat von: Berthold in 2012-03-12, 13:26:45
Ich schreib's her, weil ich hoffe, daß auch seine Magnifizenz, unser Rektor, hin und wieder hier im Forum vorbeischaut.

Und was soll Seine Magnifizenz nach der Lektüre dieser interessanten Zeilen tun? Ein Schaf befördern?

Berthold

#6
Das wird S. M. schon wissen.

Falls Sie aber selber S. M. sind - "Hausmeister" wäre dann ein guter Witz - :
Ich meine den sogenannten "Zuckmücken-Bertl". Diesen Grauschädel, droben in "seiner" "Cellula scrutorum sapientiae". 

amarillo

Da ich davon ausgehe, daß Deine <Schafsbeförderun> sich auf diese Forum bezieht, kekünnest Du zumindest kundtun, wer denn mit "stumme Bläser im Bambusorgelchor" und
"als Kuckuck unter Nachtigallen Einsitz nehmen" gemienen sei?
Wer sind diese stummen Bläser, die Kückücke und die Nachtigallen?
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Berthold

#8
Zitat von: amarillo in 2012-03-13, 11:21:19
Da ich davon ausgehe, daß Deine <Schafsbeförderun> sich auf diese Forum bezieht, kekünnest Du zumindest kundtun, wer denn mit "stumme Bläser im Bambusorgelchor" und
"als Kuckuck unter Nachtigallen Einsitz nehmen" gemienen sei?
Wer sind diese stummen Bläser, die Kückücke und die Nachtigallen?

Nachtlur - und Hand aufs Herz - niemand von unserer Gesellschaft! Dieses Forum, mit seinen mir lieben Menschen, bleibe da weit draußen! - Ich beziehe mich, in räsonierender Weise, auf unsere Uni. Und mir ist es, als altem "Assistenten zu Lasten eigener Einnahmen", schon unangenehm, daß mir bisweilen meine liebe alte Mutter Hunderter im Kuvert schicken muß. Woran ich nicht allein selber schuld bin, nicht allein.
Und "Nachtigall und Kuckuck"? -: Hat irgendeineR meiner KollegINNen schon Franz Schuberts "Winterreise", z.B. in Schloß Atzenbrugg, gesungen - oder Schuberts "Die schöne Müllerin" im Amonhaus in Lunz am See? Aber spöttisch "Kuckuck-kuckuck!" rufen, das können sie allemal. - Ein paar tun das, bei weitem nicht alle.
http://burgenkunde.at/niederoesterreich/noe_schloss_atzenbrugg/noe_schloss_atzenbrugg.htm
http://www.eisenstrasse.info/index.php?id=393