Erzähl mir doch nix!

Begonnen von Ku, 2007-04-15, 21:31:56

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Ku

So, liebe Kinder, ich möchte euch jetzt von Zeit zu Zeit Märchen erzählen, die ihr bestimmt noch nicht gehört habt. Sie sind zwar furchtbar langweilig, aber ihr werdet danach um so besser schlafen.
Erst wollte ich sie in gestorkener Form erzählen. Aber die Sprache der Märchen ist selbst schon sehr sehr stark und da stärkt es sich kläglich. Wenn ihr mir nicht glaubt, versucht es selber einmal. So ergab es sich, dass ich die Märchen in Schwachdeutsch erzähle.

Und noch was Kleingedrucktes: Es kann sein, dass mir jemand zuhört und meint, er hätte die gleiche Idee schon vor mir gehabt. Falls ich seiner früheren Idee zu nahe gekommen bin, war das nicht beabsichtigt. Ich iere nicht plagi.

Ich sehe, ihr sitzt schon zu meinen Füßen, habt große Augen und offene Münder, wie sich das für Kinder gehört, die Märchen anhören. Gruselt euch ruhig ein wenig, das gehört dazu.

Gleich geht's los.

Ku

Und hier ist das erste Märchen:

Einem reichen Manne wurde seine Frau krank, und als sie fühlte, dass ihr Ende herankam, rief sie ihr einziges Töchterlein zu sich ans Bett und sprach: ,,Liebes Kind, bleibe fromm und gut, so wird dir der liebe Gott immer beistehen, und ich will vom Himmel auf dich herabblicken und will um dich sein." Darauf tat sie die Augen zu und verschied. Das Mädchen ging jeden Tag hinaus zu dem Grabe der Mutter und weinte und blieb fromm und gut. Als der Winter kam, deckte der Schnee ein weißes Tüchlein auf das Grab, und als die Sonne im Frühjahr es wieder herabgezogen hatte, nahm sich der Mann eine andere Frau.

Die Frau hatte zwei Töchter mit ins Haus gebracht, die schön und voll von Angesicht waren, aber garstig und schwarz von Herzen. Da ging eine schlimme Zeit für das arme Stiefkind an. ,,Soll die dumme Gans bei uns in der Stube sitzen?" sprachen sie, "wer Brot essen will, muss es verdienen; hinaus mit der Küchenmagd!" Sie nahmen ihm seine schönen Kleider weg, zogen ihm einen grauen, alten Kittel an, gaben ihm hölzerne Schuhe und führten es in die Küche. Da musste es vom Morgen bis Abend schwere Arbeit tun, früh vor Tag aufstehen, Wasser tragen, Feuer anmachen, kochen und waschen. Abends, wenn es sich müde gearbeitet hatte, kam es in kein Bett, sondern musste sich neben den Herd in die Asche legen. Und weil es darum immer staubig und schmutzig aussah, nannten sie es Aschenputtel.

Es begab sich aber, dass der König ein Fest anstellte, das drei Tage dauern sollte, und wozu alle schönen Jungfrauen (aber nur solche) im Lande eingeladen wurden, damit sich sein Sohn eine Braut aussuchen möchte. Die zwei Stiefschwestern, als sie das hörten, waren sehr traurig.

Aschenputtel aber ging hin und war die einzige, weil sie bisher immer was anderes zu tun hatte. Dem Königsohn gefiel sie und er hob sie in den Wagen, um mit ihr auf seines Vaters Schloss zu fahren und Hochzeit zu feiern.

Und kein Mensch weiß warum, aber als sie durchs Tor fuhren, da steppten oben die Tauben und riefen:
,,Rucke di gu-hu, rucke di gu-hu. Kein Blut ist im SchuhSchuhSchuhSchuh-hu.
Der Schuh-hu, der ist nicht zu klein, die rechte Braut, die führt er heim. Yeah, yeah!"

Und das ist der Grund, warum heute noch so viele Tauben vergiftet werden.


So, liebe Kinder, ihr schlaft ja schon vor lauter Langeweile.
Aber nehmt euch künftig ein Beispiel an dem netten jungen Königssohn, der das Aschenputtel höflich in den Wagen hob, anstatt es einfach hineinzuschmeißen. Vielleicht werdet ihr ja auch einmal Gelegenheit haben, einer Jungfrau in euer Automobil zu helfen, obwohl ich das für sehr unwahrscheinlich halte. Aber wenn sich die Gelegenheit ergibt, dann macht es wie der nette junge Königsohn.
Und bald erzähle ich euch ein noch langweiligeres Märchen.

Stollentroll

3 Dinge sagen immer die Wahrheit : Kinder, Besoffene und Leggings.

Ku

Und hier, liebe Kinder, ist das zweite Märchen:

Vorzeiten war ein König und eine Königin, die sprachen jeden Tag: ,,Ach, wenn wir doch ein Kind hätten!" und kriegten immer keins. Da trug sich zu, als die Königin einmal im Bade saß, dass der schöne junge Pferdeknecht zu ihr stieg und sprach: ,,Dein Wunsch wird erfüllt werden; ehe ein Jahr vergeht, wirst du ein Kind bekommen." Was der schöne junge Pferdeknecht gesagt hatte, das geschah, und die Königin bekam ein Mädchen, das war so schön, dass sich der König vor Freude nicht zu lassen wusste, denn er dachte, es wäre von ihm. Er stellte ein großes Fest an und lud nicht bloß seine Verwandten, Freunde und Bekannten, sondern auch die weisen Frauen dazu ein, damit sie dem Kinde hold und gewogen waren. Es waren ihrer dreizehn in seinem Reiche; weil er aber nur zwölf goldene Teller hatte, von welchen sie essen sollten, so musste eine von ihnen daheim bleiben. Das Fest ward mit aller Pracht gefeiert, und als es zu Ende war, beschenkten die weisen Frauen das Kind mit ihren Wundergaben; die eine mit Tugend, die andere mit Schönheit, die dritte mit Reichtum, und so mit allem, was auf der Welt zu wünschen ist. Als elf ihre Sprüche eben getan hatten, trat plötzlich die dreizehnte herein. Sie wollte sich dafür rächen, dass sie nicht eingeladen war, und ohne jemand zu grüßen oder nur anzusehen, rief sie mit lauter Stimme: ,,Jeder soll wissen, dass das Kind nicht vom König ist, sondern vom schönen jungen Pferdeknecht!" Und ohne ein Wort weiter zu sprechen, kehrte sie sich um und verließ den Saal. Alle waren erschrocken, dem König traten die Augen aus den Höhlen wie einer Garnele zur Paarungszeit und die Königin versank eigenem Wunsch gemäß zehn Klafter tief unter die Erde. Da trat die zwölfte hervor, die ihren Wunsch noch übrig hatte, und weil sie den bösen Spruch nicht aufheben, sondern ihn nur mildern konnte, so sagte sie: ,,Das soll aber auch jeder gleich wieder vergessen."
Und die Erschrockenen dachten bei sich: "Was war nur mit mir, wessen erschrak ich gerade?" Der König brachte seine Augen wieder auf Parkposition. Die Königin drückte auf den Knopf  '1. Etage, Festsaal', erschien wieder vor Ort und hatte nun selber vergessen, von wem das Kind war. 
Der König und die Königin lebten glücklich bis an ihr Lebensende und kriegten immer kein weiteres Kind. Denn der schöne junge Pferdeknecht flatterte wie ein Schmetterling von Königshof zu Königshof und war hinreichend beschäftigt.
Das Königskind aber wuchs heran, war schön, sittsam, freundlich und verständig, dass es jedermann, der es ansah, lieb haben musste. Und kein Mensch weiß warum, aber als es fünfzehn Jahre wurde, fing es an zu gähnen und gähnte den ganzen Tag. Und wenn es nicht gestorben ist, dann gähnt es noch heute.

So, liebe Kinder, ihr schlaft ja schon vor lauter Langeweile.
Aber nehmt euch ein Beispiel an dem schönen jungen Pferdeknecht, der älteren Herren hilft, wenn es dort mal nicht so klappt. Auch ihr werdet gelegentlich in die Situation kommen, zu Königinnen ins Bad zu steigen, um dem Gatten etwas nachzuhelfen.
Und bald erzähle ich euch ein noch langweiligeres Märchen.

amarillo

Zitat von: Ku in 2007-04-15, 21:31:56

Ich sehe, ihr sitzt schon zu meinen Füßen, habt große Augen und offene Münder, wie sich das für Kinder gehört, die Märchen anhören. Gruselt euch ruhig ein wenig, das gehört dazu.

Gleich geht's los.

Wir sitzen zu Deinen Füßen und hängen mit gekreuzten Beinen an Deinen Lippen.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

amarillo

Das mit den großen Augen erinnert mich noch an einen Freund, der bei jeder passenden Gelegenheit diesen Vergleich anzustellen nicht unterlassen kann: Männerfüße müssen wie Kinderaugen sein: groß, schwarz und feucht.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Berthold

#6
Lieber Ku!
Dann darf ich Dir als Märchenerzähler folgendes chinesisches ku zuteilen/anhängen:

ku4: Schatzhaus, Lagerhaus.
Die chinesische Europazeitung (ou1 zhou1 ri4 bao4) indt dieses ku4 auch als erste Silbe des Familiennnamens unseres Bundeskanzlers verw - obwohl der Alfred gar nicht Kusenpauer heißt.

Ku

Und hier, liebe Kinder, ist das dritte Märchen:

In alten Zeiten lebte ein König, dessen Tochter war blond. Nahe bei dem Schlosse lag ein großer, dunkler Wald, und in dem Walde unter einer alten Linde war eine Quelle. Wenn nun der Tag sehr heiß war, ging die Königstochter hinaus in den Wald und setzte sich an den Rand der kühlen Quelle, nahm eine goldene Kugel, warf sie in die Höhe und fing sie wieder. Das war ihr liebstes Spielwerk; sie war, wie gesagt, blond.      
Nun trug es sich einmal zu, dass die goldene Kugel der Königstochter nicht in ihr Händchen fiel, das sie in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug und geradezu ins Wasser hineinrollte. Die blonde Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und die Quelle war tief, so tief, dass man keinen Grund sah. Da fing sie an zu weinen und weinte immer lauter, was, wie man weiß, eine der wesentlichsten Ausdrucksformen blonder Königstöchter ist. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu: ,,Was ist dir, blonde Königstochter?" Sie sah sich um, woher die Stimme kam, da erblickte sie einen Frosch, der seinen Kopf aus dem Wasser streckte. ,,Ich weine über meine goldene Kugel, die mir in die Quelle hinab gefallen ist." - ,,Sei still und weine nicht", antwortete der Frosch, ,,ich kann wohl Rat schaffen; aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraufhole?" ,,Was du haben willst, lieber Frosch", sagte sie, ,,meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, auch noch die goldene Krone, die ich beim Spielen immer trage." Der Frosch antwortete: ,,Deine Kleider (obwohl das interessant wäre), deine Perlen und Edelsteine und deine goldene Krone, die mag ich nicht. Du sollst mich gegen eine Wand schmeißen". 
Ach ja", sagte sie, ,,ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wiederbringst."
Der Frosch, als er die Zusage erhalten hatte, tauchte seinen Kopf unter, sank hinab, und über ein Weilchen war er wieder heraufgerudert, hatte die Kugel im Maul und warf sie ins Gras. Die Königstochter war voll Freude, als sie ihr schönes Spielwerk wieder erblickte. ,,Schmeiß", sprach der Frosch, ,,mich jetzt gegen eine Wand!"

Aber die blonde Königstochter dachte bei sich: "Mutter hat mir erzählt, dass Vater auch erst ein ekliger Frosch war, doch als sie ihn geküsst hatte, wurde aus ihm ein stattlicher Prinz und sie heirateten und wurden glücklich. Warum will dieser Frosch, dass ich ihn gegen eine Wand schmeiße? Wenn ich das tue, heiratet er vielleicht die Wand und wird mit ihr glücklich." Sie war, wie gesagt, blond. Und sie hob den Frosch auf ihre Hand und ehe er es sich versah, küsste sie ihn. "Nein!" rief der Frosch, aber es war schon zu spät, denn plitsch platsch hatte sich die blonde Königstochter in einen blonden Frosch verwandelt.     


So, liebe Kinder, ihr schlaft ja schon vor lauter Langeweile.
Aber nehmt euch künftig ein Beispiel an dem netten Frosch. Auch ihr könntet einmal in die Situation geraten, blonden Königstöchtern goldene Kugeln aus tiefen Quellen heraufzuholen, wenn sie versprechen, euch dafür an Wände zu schmeißen.
Und bald erzähle ich euch ein noch langweiligeres Märchen.

Grinsekater

Ach ja . . .  solcherart Entspannendes gibt es viel zu selten auf der Welt. Besser als Fahrstuhlmusik, Taiji und heiße Schokolade zusammen und dabei noch - etwas Dialektik zur Abendstund - zumindest ebenso unterhaltsam, wie es langweilt.

Was kommt wohl als nächstes? Der gestiefelt Kater? Noch ein Märchen, Papa Ku, ich will noch nicht schlafen!

Ku

#9
Und hier ist schon das vierte Märchen:

Es war einmal ein Prinz, der wollte eine Prinzessin heiraten. Aber das sollte eine wirkliche Prinzessin sein. Da reiste er in der ganzen Welt herum, um eine solche zu finden, aber überall fehlte etwas. Prinzessinnen gab es genug, aber ob es wirkliche Prinzessinnen waren, konnte er nie herausfinden. Immer war da etwas, was nicht ganz in Ordnung war. Da kam er wieder nach Hause und war ganz traurig, denn er wollte doch gern eine wirkliche Prinzessin haben.

Eines Abends zog ein furchtbares Wetter auf; es blitzte und donnerte, der Regen stürzte herab, und es war ganz entsetzlich. Da klopfte es an das Stadttor, und der alte König ging hin, um aufzumachen.

Es war eine Prinzessin, die draußen vor dem Tor stand. Aber wie sah sie vom Regen und dem bösen Wetter aus! Das Wasser lief ihr von den Haaren und Kleidern herab, lief in die Schnäbel der Schuhe hinein und zum Absatz wieder hinaus. Sie sagte, dass sie eine wirkliche Prinzessin wäre.

,Ja, das werden wir schon erfahren!' dachte die alte Königin, aber sie sagte nichts, ging in die Schlafkammer hinein, nahm alles Bettzeug ab und legte eine Erbse auf den Boden der Bettstelle. Dann nahm sie zwanzig Matratzen, legte sie auf die Erbse und dann noch zwanzig Eiderdaunendecken oben auf die Matratzen.

Hier sollte nun die Prinzessin die ganze Nacht über liegen. Am Morgen wurde sie gefragt, wie sie geschlafen hätte.

"Oh, prima", sagte die Prinzessin. "Ich habe allerdings nicht gewusst, wie ich da oben rauf kommen soll und deshalb hab ich auf dem Boden geschlafen. Aber euer Frühstück hier, das ist echt Scheiße. Bei uns gibt es morgens immer Biberschwanzbutter und Safrangelee."   

Daran konnte man sehen, dass sie eine wirkliche Prinzessin war, da es bei ihr zu Hause immer Biberschwanzbutter und Safrangelee zum Frühstück gab. So feinschmeckig konnte niemand sein außer einer echten Prinzessin.

Da nahm sie der Prinz zur Frau, denn nun wusste er, dass er eine wirkliche Prinzessin gefunden hatte. Und die Erbse kam auf den Müll.

So, liebe Kinder, ihr schlaft ja schon vor lauter Langeweile.
Aber nehmt euch künftig ein Beispiel an dem netten alten König, der trotz des Dreckwetters ans Stadttor ging und aufmachte. Auch ihr könntet einmal in die Situation geraten, dass wirkliche, wenn auch klatschnasse  Prinzessinnen an eure Stadttore klopfen.
Und bald erzähle ich euch ein noch langweiligeres Märchen.

Ku

Und jetzt, liebe Kinder, erzähle ich euch schon das fünfte Märchen:

Es war einmal eine kleine, süße Dirne, die hatte jedermann lieb, der sie nur ansah, am allerliebsten aber ihre Großmutter; die wusste gar nicht, was sie alles dem Kinde geben sollte. Einmal schenkte sie ihm ein Käppchen von rotem Sammet, und weil ihm das so wohl stand und es nichts anderes mehr tragen wollte, hieß es nur das Rotkäppchen.

Eines Tages sprach seine Mutter zu ihm: "Komm, Rotkäppchen, da hast du einen Beutel Extasy, eine Flasche Fusel und eine Stange Zigaretten, bring das der Großmutter hinaus, sie braucht das Zeug. Mach dich auf, bevor es heiß wird, und wenn du hinauskommst, so geh hübsch sittsam und lauf nicht vom Wege ab, sonst fällst du und zerbrichst das Glas und die Großmutter hat nichts. Und wenn du in ihre Stube kommst, so vergiss nicht guten Morgen zu sagen, und guck nicht erst in allen Ecken herum." "Ich will schon alles gut machen", sagte Rotkäppchen zur Mutter und gab ihr die Hand darauf.

Die Großmutter aber wohnte draußen im Wald, eine halbe Stunde vom Dorf. Wie nun Rotkäppchen in den Wald kam, begegnete ihm der Wolf. "Guten Tag, Rotkäppchen", sprach er. - "Schönen Dank, Wolf." -"Wo hinaus so früh,   Rotkäppchen?" - "Zur Großmutter." - "Was trägst du unter der Schürze?" "Kuchen und Wein; gestern haben wir gebacken, da soll sich die kranke und schwache Großmutter etwas zugute tun und sich damit stärken." - "Na, dann bis zum nächsten Mal", sagte der Wolf und ging seiner Wege. Aber er dachte bei sich: "Traurig. So ein junges, zartes Ding, und lügt schon so perfekt. Klar bringt sie der Alten wieder das Zeug."

Als Rotkäppchen bei dem Haus der Großmutter angelangt war und in die Stube trat, kam es ihm so seltsam darin vor, dass es dachte: "Ei, du mein Gott, was sind das für Geräusche?" Es rief: "Guten Morgen!" bekam aber keine Antwort. Darauf ging es zum Bett und zog die Vorhänge zurück; da lag die Großmutter mit dem Jäger. "Ei, Großmutter", fragte Rotkäppchen, "Was hast du für rote Ohren?
Ei, Großmutter, was hast du für einen schnellen Atem? Ei, Großmutter, warum sagst du dauern 'Ja'?" 

"Verdammt noch mal!" keuchte die Großmutter, "ihr sollt doch vorher anrufen, wenn ihr mir was bringt!"


So, liebe Kinder, ihr schlaft ja schon vor lauter Langeweile.
Aber nehmt euch künftig ein Beispiel an dem netten jungen Jäger, der sich gerade älteren Damen gegenüber sittsam verhält und ihnen gelegentlich mit seiner Flinte behilflich ist. Auch ihr werdet bestimmt einmal Gelegenheit haben, einer alten Dame auf die andere Straßenseite zu helfen, wo sie gar nicht hin wollte.
Und bald erzähle ich euch ein noch langweiligeres Märchen.

Ku

Und hier ist das sechste Märchen:

Es war einmal ein Müller, der war arm, aber er hatte eine schöne Tochter. Nun traf es sich, dass er mit dem König zu sprechen kam, und um sich ein Ansehen zu geben, sagte er zu ihm: ,,Ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen." Der König sprach  zum Müller: ,,Das ist eine Kunst, die mir wohlgefällt;  wenn deine Tochter so geschickt ist, wie du sagst, so bring sie morgen in mein Schloss, da will ich sie auf die Probe stellen." Als nun das Mädchen zu ihm gebracht ward, führte er es in eine Kammer, die ganz voll Stroh lag, gab ihr Rad und Haspel und sprach: ,,Jetzt mache dich an die Arbeit, und wenn du diese Nacht durch bis morgen früh dieses Stroh nicht zu Gold versponnen hast, so musst du sterben!" Darauf schloss er die Kammer selbst zu, und sie blieb allein darin.
Da saß nun die arme Müllerstochter und wusste um ihr Leben keinen Rat; sie verstand gar nichts davon, wie man Stroh zu Gold spinnen konnte, und ihre Angst ward immer größer, dass sie endlich zu weinen anfing. Da ging auf einmal die Tür auf, und ein kleines Männchen trat herein und sprach: ,,Guten Abend, Jungfer Müllerin, mein Name ist Rumpelstilzchen. Ach Schei ....."


So, liebe Kinder, ihr schlaft ja schon vor lauter Langeweile.
Aber nehmt euch künftig ein Beispiel an dem netten kleinen Männchen, das sich gerade Damen gegenüber sittsam verhält und sich bei der ersten Begegnung vorstellt, wie es sich gehört. Auch ihr werdet bestimmt einmal Gelegenheit haben, arme Müllerstöchter zu fragen, ob ihr ihr beim Spinnen von Stroh zu Gold behilflich sein könnt. 
Und bald erzähle ich euch ein noch langweiligeres Märchen.

Ku

Und hier ist das siebte Märchen:

Es war einmal mitten im Winter, und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel herab, da saß eine Königin an einem Fenster, das einen Rahmen von schwarzem Ebenholz hatte, und nähte. Und als sie so nähte und nach dem Schnee aufblickte, stach sie sich mit der Nadel in den Finger, und es fielen drei Tropfen Blut in den Schnee. Und weil das Rote im weißen Schnee so schön aussah, dachte sie bei sich: "Hätt' ich ein Kind so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarz wie das Holz an dem Rahmen'." Bald darauf bekam sie ein Töchterlein, das war so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie Ebenholz, und wurde darum das Schneewittchen genannt. Und als das Kind auf der Welt war, starb die Königin.
Über ein Jahr nahm sich der König eine andere Gemahlin. Es war eine schöne Frau, aber sie war stolz und übermütig und konnte nicht leiden, dass sie an Schönheit von jemand sollte übertroffen werden. Sie hatte einen wunderbaren Spiegel, wenn sie vor den trat und sich darin beschaute, sprach sie:
"Spieglein, Spieglein an der Wand,
Wer ist die Schönste im ganzen Land?"
Und der Spiegel antwortete:
"Frau Königin, Ihr seid die Schönste im Land."
Da war sie zufrieden, denn sie wusste nicht, dass der Spiegel diesen Satz nur sagte, weil das vom Hersteller so programmiert worden war.
Schneewittchen aber wuchs heran und wurde immer schöner, und als es sieben Jahre alt war, war es so schön wie der klare Tag, und schöner als die Königin selbst. Als diese einmal ihren Spiegel fragte:
"Spieglein, Spieglein an der Wand,
Wer ist die Schönste im ganzen Land?"
so antwortete er:
"Frau Königin, Ihr seid die Schönste im Land."
Schneewittchen aber wuchs weiter heran und wurde immer noch schöner, und als es siebzehn Jahre alt war, war es noch schöner als der klare Tag, und noch schöner als die Königin selbst. Als diese wieder einmal ihren Spiegel fragte:
"Spieglein, Spieglein an der Wand,
Wer ist die Schönste im ganzen Land?"
da wurde er schwarz und es erschien in Flammenschrift der Text: ,,System Error To Text (#) 1", und der Spiegel verstummte.
Da erschrak die Königin und ward gelb und grün vor Zorn, weil sie merkte, dass der Spiegel sie jahrelang falsch informiert hatte. Sie rief einen Jäger und sprach: "Bring den Spiegel hinaus in den Wald und zerschmettere ihn, ich will ihn nicht mehr vor meinen Augen sehen."
Der Jäger gehorchte und trug den kaputtenen Spiegel hinaus. Dann reparierte er den Spiegel und änderte das Programm, so dass es jetzt sagte: "Schneewittchen, Ihr seid die Schönste im ganzen Land" und schenkte Schneewittchen den Spiegel.   

So, liebe Kinder, ihr schlaft ja schon vor lauter Langeweile.
Aber nehmt euch künftig ein Beispiel an dem netten jungen Jäger, der sich gerade älteren Damen gegenüber sittsam verhält und ihnen gelegentlich kaputtene Spiegel aus Wohnungen trägt. Auch ihr werdet bestimmt einmal älteren Damen begegnen, die nicht mehr die Schönsten im Land sind und deswegen Spiegel fortwerfen wollen.
Und bald erzähle ich euch ein noch langweiligeres Märchen.

Ku

Und jetzt, liebe Kinder, erzähle ich euch das achte Märchen:

Es war einmal eine alte Geiß, die hatte sieben junge Geißlein, und hatte sie lieb, wie eine Mutter ihre Kinder lieb hat. Eines Tages wollte sie in den Wald gehen und Futter holen, da rief sie alle sieben herbei und sprach: "Liebe Kinder, ich will hinaus in den Wald, seid auf der Hut vor dem Wolf! Wenn er hereinkommt, frisst er euch alle mit Haut und Haar. Der Bösewicht verstellt sich oft, aber an der rauen Stimme und an seinen schwarzen Füßen werdet ihr ihn schon erkennen." Die Geißlein sagten: " Liebe Mutter, wir wollen uns schon in acht nehmen, du kannst ohne Sorge fortgehen." Da meckerte die Alte (!) und machte sich getrost auf den Weg.
Es dauerte nicht lange, so klopfte jemand an die Haustür und rief: "Macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist da und hat jedem von euch etwas mitgebracht!" Aber die Geißlein hörten an der rauen Stimme, dass es der Wolf war. "Wir machen nicht auf", riefen sie, "du bist unsere Mutter nicht, die hat eine feine und liebliche Stimme; aber deine Stimme ist rau, du bist der Wolf!"
Da ging der Wolf fort zu einem Krämer und kaufte ein großes Stück Kreide, die aß er und machte damit seine Stimme fein. Dann kam er zurück, klopfte an die Haustür und rief: "Macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist da und hat jedem von euch etwas mitgebracht." Aber der Wolf hatte seine schwarze Pfote in das Fenster gelegt, das sahen die Kinder und riefen: "Wir machen nicht auf, unsere Mutter hat keinen schwarzen Fuß wie du; du bist der Wolf."
Da lief der Wolf zu einem Bäcker und sprach: "Ich habe mich an Fuß gestoßen, streich mir Teig darüber!" Und als ihm der Bäcker die Pfote bestrichen hatte, lief er zum Müller und sprach: "Streu' mir weißes Mehl auf meine Pfote!" Der Müller dachte: "Der Wolf will einen betrügen", und weigerte sich, aber der Wolf sprach: "Wenn du es nicht tust, so fresse ich dich!" Da fürchtete sich der Müller und machte ihm die Pfote weiß. Nun ging der Bösewicht zum dritten Mal zu der Haustür, klopfte an und sprach: "Macht mir auf, Kinder, euer liebes Mütterchen ist heimgekommen und hat jedem von euch etwas aus dem Walde mitgebracht." Die Geißerchen riefen: "Zeig uns erst deinen Fuß, damit wir wissen, dass du unser liebes Mütterchen bist." Da legte er die Pfote ins Fenster, und sie lachten und riefen: "Das ist kein Geißenfuß! Das ist ein Wolfsfuß mit Teig und Mehl darüber! Du bist nicht unser liebes Mütterlein".
Da lief der Wolf zu einem Chirurgen und sprach: "Tausch mir meine Pfote gegen einen Geißenfuß aus!" Der Chirurg besah sich den Wolf und dachte, der sieht aus wie ein Kassenpatient und die Kasse übernimmt so was nicht. Also sagte er zum Wolf: "Wenn du bar bezahlst, kannst du einen Geißenfuß bekommen". "Na, gut", sprach der Wolf, der Kassenpatient war. Und nachdem der Wolf bar bezahlt hatte, tauschte der Chirurg die Wolfspfote gegen einen Geißenfuß aus. Nun humpelte der Bösewicht zum vierten Mal zu der Haustür, klopfte an und sprach: "Macht mir auf, Kinder, euer liebes Mütterchen ist heimgekommen und hat jedem von euch etwas besonders Schönes aus dem Wald mitgebracht." Die Geißen riefen: "Zeig uns erst deinen Fuß, damit wir wissen, dass du unser liebes Mütterlein bist." Da legte der Wolf den Geißenfuß ins Fenster. Aber die Geißen lachten und lachten und lachten und riefen: "Unser liebes Mütterlein hat einen Schlüssel und kann selber aufmachen. Außerdem ist unser liebes Mütterlein längst zu Hause. Du bist nicht unser liebes Mütterlein."
Da stieß der Wolf einen Fluch aus, der in das Buch der Rekorde aufgenommen zu werden versprach, ließ sich taufen und wurde Vegetarier.

So, liebe Kinder, ihr schlaft ja schon vor lauter Langeweile.
Aber nehmt euch künftig ein Beispiel an dem netten Chirurgen, der verbrecherischen Wölfen gegenüber grundsätzlich misstrauisch ist, vor allem, wenn sie Leistungen verlangen, die die Kasse nicht ersetzt. Ihr werdet zwar kaum Gelegenheit haben, Wölfen zu fremden Füßen zu verhelfen, aber wenn doch, denkt an den Chirurgen.
Und bald erzähle ich euch ein noch langweiligeres Märchen.

Stollentroll

Da gehen mir als Arzt doch das Herz und die Beine auf   ;D
3 Dinge sagen immer die Wahrheit : Kinder, Besoffene und Leggings.