foll daneben

Begonnen von amarillo, 2005-07-24, 00:19:50

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Wortklauber

In einer Twitter-Nachricht, die auf SPON mitgeteilt wurde:

Wer kann alles kein Arabisch? Also außer mir? Meine Kollegin Anja Reumschüssel kann es. Zumindest hat sie einen Crashkurs belegt.

Einen Crashkurs für kein Arabisch? Oder wie ist das ganze zu verstehen?

Beck Messer

Wilhelm Busch sagte mal:

Wer durch des Argwohns Brille schaut
sieht Raupen selbst im Sauerkraut.


Und du siehst Fehler, wo keine sind. Die Nachricht besteht klar aus zwei Teilen:

a) aus zwei Fragen:
Wer kann alles kein Arabisch? Also außer mir?

b) aus zwei Aussagen:
Meine Kollegin Anja Reumschüssel kann es. Zumindest hat sie einen Crashkurs belegt.

Von daher ist deine Frage ledilchg an den Haaren herbeigezogen, die du partout in der arabischen Suppe (schurba) finden wollest.

Wortklauber

Ich habe es weniger an den Haaren herbeigezogen, als dass ich beim Lesen darüber gesturlppen bin.
Warum bin ich gesturlppen?
Vermutlich weil in der Frage (Wer kann...?) ein Personenkreis eingegrenzt wird, und zwar der Kreis der Personen, die kein Arabisch können. Das wird durch den nächsten Satz noch bekräftigt. Wenn dann der nächste Satz "Meine Kollegin kann es" lautet, sortiere ich automatisch auch diese Person in den genannten Personenkreis ein, d.h. ich beziehe "es" auf "kein Arabisch". Und dann stolpere ich halt über den nächsten Satz.
Laüte der Satz z.B. "Meine Kollegin --- kann es hingegen", wäre ich sicherlich nicht darüber gesturlppen.

Berthold

#2148
Zitat von: Wortklauber in 2015-02-12, 06:51:53
(...) "Meine Kollegin --- kann es hingegen", (...)

"Hingegen" kekünne aber auch ein nettes Verb sein. Ich gege es hin. Was sesülle das bedeuten? - Mein Arabisch (ca. sieben ganz fundamentale Sätze ohne jegliche Verschriftlichung - z.B.: "Niharrak za-id*a!" ([Z.B.:] "Ssabah-*häl ful!") Hamdulillah, kuwajiss! - Min fadlak, wa chet Kurier! - Inta Maßri? El 'Ahram(?) ("...") - "Ana Nimsauwi." Karl May wäre da also eher "Sohn der Österreicher".) habe ich aus-chschlielß von ägyptischen Zeitungshändlern "gelornen"; ze Wiene. Und weder aus einem Crash-, noch aus einem Cashkurs. Da merkste gleich mein Niwoo.
Ich litt ugbrens fast zwei Wochen lang am "Grippalen Infekt".

Kilian

Zitat von: Wortklauber in 2015-02-12, 06:51:53d.h. ich beziehe "es" auf "kein Arabisch"

Genau damit verlässt du den Pfad der sinnvollen Interpretation, denn kein Arabisch denotiert keine Entität, auf die sich das es beziehen könnte. Oder, um einem erneuten Missverständnis vorzubeugen: Es ist nicht der Fall, dass kein Arabisch eine Entität denotiert, auf die sich das es beziehen könnte. Zugegeben eine verwirrende Neigung des Deutschen, Negation mit Hilfe von Determinierern innerhalb von Objekt- und Prädikatsnomen-Nominalphrasen auszudrücken.

Wortklauber

Gibt es eine definierte Menge von Ausdrücken, die von "es" denotiert werden können? Falls ja: Wie ist sie definiert? Falls nein: Wie kommst Du darauf, dass ich den Pfad der sinnvollen Interpretation genau an diesem Punkt verlassen habe?

Der Lehrer fragte: Wer kann dieses Gedicht auswendig vortragen und dabei keine Fehler machen? Nur zwei aus der Klasse konnten es.

Scheint mir vollkommen unproblematisch. Mindestens als Teil einer von es denominierten Entität ist das "keine Fehler machen" kein Problem.

Drei Tage nicht essen sollte kein Problem sein. Aber drei Tage nicht trinken? Man sollte es lieber gar nicht versuchen, denn es wäre lebensgefährlich.

Auch das geht noch durch, denke ich.

Wer kann heute noch kein Englisch können? Ich kann es mir jedenfalls in meinem Beruf nicht leisten.

Damit hätte ich auch keine Schwierigkeiten. Oder habe ich damit schon wieder den Pfad der sinnvollen Sprachverwendung verlassen?

Also ,,womit genau" habe ich den Pfad der sinnvollen Interpretation verlassen?

Homer

#2151
Die in "kein" steckende Negation kann rein syntaktisch auf zweierlei Weise interpretiert werden: als Negation der Nominal- (oder allgemeiner Objekt- oder Subjekt-)phrase (a) oder der Verbalphrase (b). Beispiele:

1. Wer kann keine Sprache sprechen?
a. *Wer kann nicht-eine-Sprache-sprechen?
b. Wer kann-nicht eine-Sprache-sprechen?

2. Wer kann keinen Fehler machen?
a. Wer kann nicht-einen-Fehler-machen?
b. *Wer kann-nicht einen-Fehler-machen?

3. Ich erwarte kein Verständnis.
a.* Ich erwarte nicht-Verständnis.
b. Ich erwarte-nicht Verständnis.

4. Ich habe kein Verständnis.
a. Ich habe nicht-Verständnis.
b. Ich habe-nicht Verständnis.

Die jeweils natürlichste Interpretation scheint mir rein eine Sache der Semantik zu sein, nicht der Syntax (obwohl Chomsky da wohl anderer Meinung wäre): Was passt besser zusammen, das negierte Verb mit der Nominalphrase oder das Verb mit der negierten Nominalphrase? Die b-Fälle dürften die überwältigende Mehrheit bilden (Verbalphrasen negieren sich einfach leichter), aber in 2. ist "Fehler machen" kein semantisch sehr taugliches Objekt zu "nicht können", wohl aber "nicht Fehler machen" zu "können". Deine letzten Sätze sind ebenfalls gut konstruierte a-Fälle. In vielen Fällen läuft auch beides auf ziemlich dasselbe hinaus, wie in 4.

"Ich kann kein Arabisch" ist ein glasklarer b-Fall (analog zu 1.), wie Kilian erklärt hat. Ein nachfolgendes "es" nimmt in a- wie b-Fällen die Nominalphrase wieder auf, je nachdem also mit oder ohne Negation. In diesem Fall wäre das "Arabisch" (und nicht "Nicht-Arabisch"). Mit einer "definierten Menge von Ausdrücken, die von ,es' denotiert werden können", hat das also gar nichts zu tun.

Wortklauber

Zitat von: Homer in 2015-02-13, 03:26:26
Die in "kein" steckende Negation kann rein syntaktisch auf zweierlei Weise interpretiert werden: als Negation der Nominal- (oder allgemeiner Objekt- oder Subjekt-)phrase (a) oder der Verbalphrase (b). Beispiele:

1. Wer kann keine Sprache sprechen?
a. *Wer kann nicht-eine-Sprache-sprechen?
b. Wer kann-nicht eine-Sprache-sprechen?

2. Wer kann keinen Fehler machen?
a. Wer kann nicht-einen-Fehler-machen?
b. *Wer kann-nicht einen-Fehler-machen?

3. Ich erwarte kein Verständnis.
a.* Ich erwarte nicht-Verständnis.
b. Ich erwarte-nicht Verständnis.

4. Ich habe kein Verständnis.
a. Ich habe nicht-Verständnis.
b. Ich habe-nicht Verständnis.

Die jeweils natürlichste Interpretation scheint mir rein eine Sache der Semantik zu sein, nicht der Syntax (obwohl Chomsky da wohl anderer Meinung wäre): Was passt besser zusammen, das negierte Verb mit der Nominalphrase oder das Verb mit der negierten Nominalphrase? Die b-Fälle dürften die überwältigende Mehrheit bilden (Verbalphrasen negieren sich einfach leichter), aber in 2. ist "Fehler machen" kein semantisch sehr taugliches Objekt zu "nicht können", wohl aber "nicht Fehler machen" zu "können". Deine letzten Sätze sind ebenfalls gut konstruierte a-Fälle. In vielen Fällen läuft auch beides auf ziemlich dasselbe hinaus, wie in 4.

"Ich kann kein Arabisch" ist ein glasklarer b-Fall (analog zu 1.), wie Kilian erklärt hat. Ein nachfolgendes "es" nimmt in a- wie b-Fällen die Nominalphrase wieder auf, je nachdem also mit oder ohne Negation. In diesem Fall wäre das "Arabisch" (und nicht "Nicht-Arabisch"). Mit einer "definierten Menge von Ausdrücken, die von ,es' denotiert werden können", hat das also gar nichts zu tun.

Danke für die gut verständliche Erklärung, der ich in allem zustimmen kann. Nur nicht in dem (von Dir nicht explizit, aber impliziet behaupteten) Punkt, dass der Fall (α) "Ich kann kein Arabisch" mit (β) "Wer kann alles kein Arabisch? Außer mir?" so sehr vergleichbar wäre, dass man daraus, dass (α) ein glasklarer b-Fall ist, auch schließen könne, dass (β) ebenso ein glasklarer b-Fall wäre. Denn da hier mit "wer alles ... außer mir" explizit nach bestimmten Personen gefragt wird, ändert sich die semantische Blickrichtung meinem Sprachgefühl nach wesentlich.

Wortklauber

Zitat von: Homer in 2015-02-13, 03:26:26
2. Wer kann keinen Fehler machen?
a. Wer kann nicht-einen-Fehler-machen?
b. *Wer kann-nicht einen-Fehler-machen?
Der Stern gilt aber nur, falls es keine Unfehlbarkeit gibt...
Z.B. Gott kann keinen Fehler machen (... cum in Deo nullum sit accidens ... Thomas Aquinas).

Nubbel

Zitat von: Wortklauber in 2015-02-13, 14:16:37
Z.B. Gott kann keinen Fehler machen (... cum in Deo nullum sit accidens ... Thomas Aquinas).

Glaubt man Nietzsche, kann er doch:

Das Weib war der zweite Fehlgriff Gottes [...]

(in: Der Antichrist, 1894)

Kilian

Zitat von: Homer in 2015-02-13, 03:26:26
Die in "kein" steckende Negation kann rein syntaktisch auf zweierlei Weise interpretiert werden: als Negation der Nominal- (oder allgemeiner Objekt- oder Subjekt-)phrase (a) oder der Verbalphrase (b). Beispiele:

1. Wer kann keine Sprache sprechen?
a. *Wer kann nicht-eine-Sprache-sprechen?
b. Wer kann-nicht eine-Sprache-sprechen?

2. Wer kann keinen Fehler machen?
a. Wer kann nicht-einen-Fehler-machen?
b. *Wer kann-nicht einen-Fehler-machen?

3. Ich erwarte kein Verständnis.
a.* Ich erwarte nicht-Verständnis.
b. Ich erwarte-nicht Verständnis.

4. Ich habe kein Verständnis.
a. Ich habe nicht-Verständnis.
b. Ich habe-nicht Verständnis.

Die jeweils natürlichste Interpretation scheint mir rein eine Sache der Semantik zu sein, nicht der Syntax (obwohl Chomsky da wohl anderer Meinung wäre): Was passt besser zusammen, das negierte Verb mit der Nominalphrase oder das Verb mit der negierten Nominalphrase? Die b-Fälle dürften die überwältigende Mehrheit bilden (Verbalphrasen negieren sich einfach leichter), aber in 2. ist "Fehler machen" kein semantisch sehr taugliches Objekt zu "nicht können", wohl aber "nicht Fehler machen" zu "können". Deine letzten Sätze sind ebenfalls gut konstruierte a-Fälle. In vielen Fällen läuft auch beides auf ziemlich dasselbe hinaus, wie in 4.

"Ich kann kein Arabisch" ist ein glasklarer b-Fall (analog zu 1.), wie Kilian erklärt hat. Ein nachfolgendes "es" nimmt in a- wie b-Fällen die Nominalphrase wieder auf, je nachdem also mit oder ohne Negation. In diesem Fall wäre das "Arabisch" (und nicht "Nicht-Arabisch"). Mit einer "definierten Menge von Ausdrücken, die von ,es' denotiert werden können", hat das also gar nichts zu tun.

Das finde ich auch eine gute Erklärung. Ich würde aber nicht von "Nominal- (oder allgemeiner Objekt- oder Subjekt-)phrase" sprechen, sondern noch allgemeiner vom Argument des Verbs. Denn die Verbalphrase, die das Argument eines Modalverbs bildet, wie in (1) und (2), als "Objekt" desselben zu bezeichnen, wäre eine mir nicht sehr vertraute Terminologie.

Günter Gans

"Die gemeinsamen Wurzeln von VW und Volkswagen" (gemienen war natulr Porsche und Volkswagen)

Ach, SpadL, lass' die Finger von den Drogen...
Gehen Sie immer in den Wald zur Paarung? (Loriot)

Wortklaux

SPON am 10.5.2015: Bürgerschaftswahl: SPD siegt in Bremen
SPON am 11.5.2015: Bremen: Bürgermeister Böhrnsen tritt nach Wahlschlappe zurück

Kilian

Die britische Firma Linguistica International empfiehlt dringend, bei Unternehmenskommunikation auf professionelle Übersetzungsdienstleistungen zu setzen: ,,Alles was es braucht ist ein einfaches Missverständnis, Rechtschreibfehler oder grammatikalische Unterlassung, um an die Professionalität der verantwortlichen Firma zu zweifeln." Dem ist wohl nichts hinzuzufügen.

katakura

 :D :D :D ... sehr hübsches fundstück!  :D :D :D
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)