Berufe

Begonnen von Kilian, 2005-12-17, 13:19:43

Vorheriges Thema - Nächstes Thema

Kilian

Zurück zum Thema Metzgen, tischeln, schlossen... und doch leicht darüber hinaus:

erken memüsse bedeuten "herausragen, vorstehen"

Wortklauber

Zitat von: Kilian in 2008-07-30, 02:17:14
[Edit: Ursprünglich eigenständiger Faden hier angeknupfen.]

Woher bekommen eigentlich Berufsbezinche wie Metzger, Tischler und Schlosser? Sind das Leute, die metzgen, tischen und schlossen? Da sehe ich einige Verben, die dringend rückgeziuchten gehören:

forsten
klempnen
kürschnen
metzgen
pförtnen
reeden
schlossen
schreinen
tischeln
...

Und jenseits der Berufsbezinche:

stumpen
...

ABER die Gebrüder Grimm und ihre geistigen Nachfahren waren wieder schneller. Selbst beim Rückzüchten, oder, wie sie es nannten, Voraussetzen: tischeln, schreiben sie, sei vorauszusetzen wegen Tischler.

Eins bleibt aber offen: Wie konjugiert man metzgen? Soll man z.B. sagen "Er metzget"? Das klingt doch doof. Ein anderes Verb mit Stamm auf Konsonant-g, röntgen, ersetzt das Konsonantencluster ja gerne mal durch einen stimmlosen palatalen Frikativ: Sie röncht mich. Da metzgen statt t tz hat, mieche ich den noch zur Affrikate. Das wäre dann ungefähr "Er metcht" auszusprechen.
Wenn "Tischler" von "tischeln", "Nachtwandler" von "nachtwandeln", "Zaubrer" von "zaubern" und "Zuwandrer" von "zuwandern" kommt, dann käme man bei Berufen wie Kürschner und Klempner auf die Verben "kürschenn" und "klempenn". Man kekünne sich natürl auch an Redner/reden orientieren, dann hieße es "kürschen" oder "klempen". Oder dem Modell von Gegner - "[ent]gegnen" folgen und "kürschnen" und "klempnen" sagen. All das kommt mir nur mäßig elegant vor. "Kürschenn" und "klempenn" funktioniert hauptsächlich im Infinitiv und einigen finiten Verben schlecht, denn nach dem Modell von "zaubern" hieße es:
klempenn: ich klempene, du klempenst, er klempent, wir klempenn, ihr klempent, sie klempenn
Da aber die anderen, hier nicht rot markierten Formen ohne Schwierigkeit funktionieren und MUSEN auch sehr elegant sind, schlage ich vor, nur bei den Formen, die sonst ein Doppel-n enthielten, die Form auf -nen zu wählen und ansonsten die Formen analog zu zaubern zu nehmen:
klemp[e]nen: ich klemp[e]ne, du klempenst, er klempent, wir klemp[e]nen, ihr klempent, sie klemp[e]nen
Das fakultative "e" in der ersten Person entsteht analog zu "ich zaubre/ich zaubere", und dementsprechen habe ich in den Formen auf -nen ein fakultatives "e" eingefogen. Was meint der Fachverband der Verbenstärker dazu?

Kilian

Zitat von: Wortklauber in 2014-02-01, 09:17:46
Wenn "Tischler" von "tischeln", "Nachtwandler" von "nachtwandeln", "Zaubrer" von "zaubern" und "Zuwandrer" von "zuwandern" kommt, dann käme man bei Berufen wie Kürschner und Klempner auf die Verben "kürschenn" und "klempenn".

Nur unter der Annahme, das Deutsche bzw. Neutsche vermiede das Aufeinandertreffen zweier Silben ohne Vollvokal in all diesen Fällen nach demselben Rezept, nämlich durch das Löschen des Schwas in der Endung – egal, mit welchem Konsonanten der Stamm endet. Dagegen spricht aber, dass das Verb zeichnen es nicht so macht: Hier endet der Stamm mit n, und es wird das Schwa im Stamm gelöscht, nicht in der Endung. Beziehungsweise doch, aber dann muss eins eine Metathese zwischen Stammschwa und Stammendkonsonant annehmen. Mein Vorschlag war, Kürschner und Klempner entprechend zu behandeln. Aber es kann natürlich auch sein, dass das n hier gar nicht zum Stamm gehört, sondern ein Bindelaut ist. Dann hießen die Verben kürschen und klempen, und das klingt MUSEN eigentlich hübscher.

Wortklauber

Eine andere Molg wäre natürl, bei dieser Gelegenheit die Präsensflexion der Verben zeichnen, rechnen, ordnen, leugnen, eignen, trocknen und öffnen gleich mit zu stärken:

ich zeichne, du zeichenst, er zeichent, wir zeichnen, ihr zeichent, sie zeichnen
ich rechne, du rechenst, er rechent, wir rechnen, ihr rechent, sie rechnen
ich ordne, du ordenst, er ordent, wie ordnen, ihr ordent, sie ordnen
ich leugne, du leugenst, er leugent, wir leugnen, ihr leugent, sie leugnen
ich eigne, du eigenst, er eigent, wir eignen, ihr eigent, sie eignen
ich trockne, du trockenst, er trockent, wir trocknen, ihr trockent, sie trocknen
ich öffne, du öffenst, er öffent, wir öffnen, ihr öffent, sie öffnen

Wäre doch auch mal etwas Neues. Dünkt mich noch eleganter.

Berthold

Zitat von: Wortklauber in 2014-02-01, 12:42:05
Eine andere Molg wäre natürl, bei dieser Gelegenheit die Präsensflexion der Verben zeichnen, rechnen, ordnen, leugnen, eignen, trocknen und öffnen gleich mit zu stärken:

ich zeichne, du zeichenst, er zeichent, wir zeichnen, ihr zeichent, sie zeichnen
(...)
Wäre doch auch mal etwas Neues. Dünkt mich noch eleganter.

Widemst Du diesen Fund dem Kilian?

Kilian

Zitat von: Wortklauber in 2014-02-01, 12:42:05
Eine andere Molg wäre natürl, bei dieser Gelegenheit die Präsensflexion der Verben zeichnen, rechnen, ordnen, leugnen, eignen, trocknen und öffnen gleich mit zu stärken:

ich zeichne, du zeichenst, er zeichent, wir zeichnen, ihr zeichent, sie zeichnen
ich rechne, du rechenst, er rechent, wir rechnen, ihr rechent, sie rechnen
ich ordne, du ordenst, er ordent, wie ordnen, ihr ordent, sie ordnen
ich leugne, du leugenst, er leugent, wir leugnen, ihr leugent, sie leugnen
ich eigne, du eigenst, er eigent, wir eignen, ihr eigent, sie eignen
ich trockne, du trockenst, er trockent, wir trocknen, ihr trockent, sie trocknen
ich öffne, du öffenst, er öffent, wir öffnen, ihr öffent, sie öffnen

Wäre doch auch mal etwas Neues. Dünkt mich noch eleganter.

Klingt in der Tat nicht schlecht. Stärken nönne ich das allerdings nicht. Zudem sind diese Formen eher regelmäßiger denn unregelmäßiger als die bestehenden.

katakura

Zitat von: Wortklauber in 2014-02-01, 12:42:05
Eine andere Molg wäre natürl, bei dieser Gelegenheit die Präsensflexion der Verben zeichnen, rechnen, ordnen, leugnen, eignen, trocknen und öffnen gleich mit zu stärken:

ich zeichne, du zeichenst, er zeichent, wir zeichnen, ihr zeichent, sie zeichnen
ich rechne, du rechenst, er rechent, wir rechnen, ihr rechent, sie rechnen
ich ordne, du ordenst, er ordent, wie ordnen, ihr ordent, sie ordnen
ich leugne, du leugenst, er leugent, wir leugnen, ihr leugent, sie leugnen
ich eigne, du eigenst, er eigent, wir eignen, ihr eigent, sie eignen
ich trockne, du trockenst, er trockent, wir trocknen, ihr trockent, sie trocknen
ich öffne, du öffenst, er öffent, wir öffnen, ihr öffent, sie öffnen

Wäre doch auch mal etwas Neues. Dünkt mich noch eleganter.

... das wäre imho nicht gestorken und schon gar nichts neues ... in meiner mundart spricht man schon immer zeichent, rechent, trockent etc. ... dein vorschlag fülge also ledilchg dudens rat "schreibe, wie du sprichst" ... zwahr ehrenwert, aber eben oll :P
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

Wortklauber

Zitat von: Kilian in 2014-02-03, 10:50:42
Stärken nönne ich das allerdings nicht. Zudem sind diese Formen eher regelmäßiger denn unregelmäßiger als die bestehenden.
Inwiefern sind denn die bestehenden Formen dieser Verben überhaupt unregelmäßig? Und inwiefern sind meine regelmäßiger? Um welche Regeln geht es hier? Gibt es irgend ein standarddeutsches Verb, bei dem von der ersten zur zweiten Person Plural der letzte Vokal von der vorletzten zur drittletzten Position wandert? Außer vielleicht in Katakuras Dialekt?

Kilian

trockenst zum Beispiel ist insofern regelmäßiger als trocknest, als wie bei fast allen deutschen Verben 1) die Endung direkt, ohne dazwischentretendes Schwa, auf den Stamm folgt und 2) der Stamm keiner Metathese unterworfen wird. Bei trocknest ist, je nach Erklärungsmodell, entweder das eine oder das andere nicht gegeben.

Wortklauber

Dann memüsse es aber auch "wir trockenen" heißen. Analog zu "du dienst, wir dienen" halt. Also nix regelmäßig.

Wortklauber

Das Modell von "trocknen" entspricht, wenn mich nach einigem Nachdenken nicht immer noch alles täuscht, genau einer ganzen Reihe von Verben, bei denen die dritte Person ohne eingefügtes "e" nicht oder schwer aussprechbar wäre und deren Präsensstamm nicht umlautet, insbesondere allen Stämmen auf -t und -d, die nicht umlauten:

- wa(r)ten: wa(r)te, wa(r)test, wa(r)tet, wa(r)ten, wa(r)tet, wa(r)ten
aber nicht: raten (da es umlautet)

- baden: bade, badest, badet, baden, badet, baden
aber nicht: laden (da es umlautet)

und zudem das von Berthold schon genannte "widmen" und analog dazu "atmen" und eben die ganzen Stämme auf -n mit Verschlusslaut oder stimmlosem Konsonant davor. Es scheint mir also doch eine Regel zu sein. Für die von mir vorgeschlagene Endungsfolge
-ne, -enst, -ent, -nen, -ent, -nen
fällt mir allerdings kein einziger identischer oder analoger Fall ein. Also handelt es sich um eine neue Unregelmäßigkeit, also im weitesten Sinn eine Stärkung.


Kilian

Zitat von: Wortklauber in 2014-02-03, 19:59:17
Das Modell von "trocknen" entspricht, wenn mich nach einigem Nachdenken nicht immer noch alles täuscht, genau einer ganzen Reihe von Verben, bei denen die dritte Person ohne eingefügtes "e" nicht oder schwer aussprechbar wäre und deren Präsensstamm nicht umlautet, insbesondere allen Stämmen auf -t und -d, die nicht umlauten:

- wa(r)ten: wa(r)te, wa(r)test, wa(r)tet, wa(r)ten, wa(r)tet, wa(r)ten
aber nicht: raten (da es umlautet)

- baden: bade, badest, badet, baden, badet, baden
aber nicht: laden (da es umlautet)

und zudem das von Berthold schon genannte "widmen" und analog dazu "atmen" und eben die ganzen Stämme auf -n mit Verschlusslaut oder stimmlosem Konsonant davor.

Stimmt, daran hatte ich nicht gedacht. Hier z.B. ist diese Regel auch aufgeschrieben. Nun bin ich auch überzugener, dass es seinen Reiz hätte, sie, wie du vorschlägst, im Neutschen in zwei Fälle aufzuspalten: -den- und -ten-Verben fügen weiterhin direkt vor der Endung ein Schwa ein; bei Verben hingegen, deren Stammendnasalkonsonant ein stimmloser Konsonant vorausgeht, wie widmen oder atmen, erscheint das Schwa stattdessen zwischen diesen beiden Stammendkonsonanten.

Wortklauber

Zitat von: Kilian in 2014-02-08, 14:27:48
Hier z.B. ist diese Regel auch aufgeschrieben.

Ja, allerdings nicht ganz korrekt, denn es heißt dort:

"Verben mit den Infinitivendungen -den, -ten, -men, -nen (-men, -nen nur, wenn kein r, l, h vorangehen)"
(und die Ausnahme mit den umlautenden Verben ist genannt)

richtiger wäre aber (ob ganz vollständig, weiß ich nun wieder nicht):

"Verben mit den Infinitivendungen -den, -ten, -men, -nen (-men, -nen nur, wenn kein Vokal, r, l, h vorangehen oder der Stamm mit einem Doppelkonsonanten endet)"

denn man spiele einmal die Beispiele säumen, schonen, nennen, kommen und ähnliche durch. Meine Formulierung war da, glaube ich, schon etwas präziser.

Es gilt also mal wieder: Nicht alles, was irgendwo steht, stimmt deshalb auch.

Wortklauber

Ergonz:
Meine Regel ("die ganzen Stämme auf -n mit Verschlusslaut oder stimmlosem Konsonant davor") war aber auch noch nicht vollkommen, und sie lässt sich durch Hinzunahme der Verben auf -mnen mindestens graduell vervollkommnen:
vervollkommnen: vervollkommne, vervollkommnest, vervollkommnet, vervollkommnen, vervollkommnet, vervollkommnen
nach meinem Vorschlag jetzt aber neu:
vervollkommnen: vervollkommne, vervollkommenst, vervollkomment, vervollkommnen, vervollkomment, vervollkommnen

Die bei den Verben auf -ern, -eln, -men und -nen auftretenden Sonderregeln kekünne man als "Liquidaeproblem" bezeichnen. Bekalnnt können "r" und "l" unzweifelhafterweise (nalm im Lateinischen wie im Griechischen und offensichtlich auch im Deutschen), "m" und "n" aber nur zweifelhafterweise (nalm nicht im Lateinischen, aber im Griechischen und offensilcht eingeschronkenermaßen auch im Deutschen) als Liquidae fungieren.

Kilian

Zitat von: Wortklauber in 2014-02-09, 08:56:26
Ergonz:
Meine Regel ("die ganzen Stämme auf -n mit Verschlusslaut oder stimmlosem Konsonant davor") war aber auch noch nicht vollkommen, und sie lässt sich durch Hinzunahme der Verben auf -mnen mindestens graduell vervollkommnen:

Ich süge: die ganzen Stämme auf m/n mit einem gleich oder weniger sonoren Laut davor (sodass die Hinübernahme des m/n in eine neue Silbe und somit die Einfuhr eines Vokals als Silbenkern erforderlich wird).