"lassen" und Argumentstrukturen

Begonnen von Homer, 2015-07-05, 01:14:27

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Homer

Zitat von: Kilian in 2015-07-04, 23:21:26
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-04, 19:52:27
Ich lasse mir die Haare schneiden.
Ich lasse von Opa den Rasen mähen.
Stimmt, hier fehlt der A und steht nur ein I, vielleicht daher die merkwürdige Einsortur. Wobei ich denke, dass der A einfach elidoren ward. Denn anders, als es bei einem Modalverb der Fall wäre, reicht lassen das Subjekt ja gerade nicht an den untergeordneten Infinitiv weiter, sondern das sind hier zwei verschiedene semantische Rollen.

Ob da wirklich der A einfach elidoren ist?

*Ich lasse Opa mir die Haare schneiden scheint mir ungrammatisch oder mindestens zweifelhaft. Stattdessen würde man wohl sagen Ich lasse mir von Opa die Haare schneiden, was eine sehr seltsame Konstruktion ist, da keine Passivform vorliegt, von der die Agens-Angabe abhängen könnte. Offenbar steckt in lassen 1. das aktive "veranlassen" und 2. bereits die vorweggenommene Passivkomponente des Infinitivs, die deshalb dort nicht mehr ausgedrückt wird. Lassen wäre also = werden veranlassen. Dann wäre aber kein Platz mehr für einen A.

Aber es ist außerdem noch zu beachten, dass lassen drei Bedeutungen haben kann:

Ich lasse Opa rufen kann heißen

1. "Ich veranlasse, dass Opa gerufen wird";
2. "Ich veranlasse Opa, zu rufen";
3. "Ich erlaube Opa, zu rufen".

Dem entsprechen beim Rasenmäh-Beispiel zwei Varianten:

1. "Ich veranlasse, dass der Rasen von Opa gemäht wird" = Ich lasse den Rasen von Opa mähen.
2.+ 3. "Ich veranlasse Opa, den Rasen zu mähen" und "Ich erlaube Opa, den Rasen zu mähen" = Ich lasse Opa den Rasen mähen.

Kurios ist, dass 1. und 2. sinngleich, aber 2. und 3. konstruktionsgleich sind.

2. und 3. sind die Varianten mit A. Ich weiß nun nicht, inwieweit es vorzuziehen ist, ein 1. Ich lasse den Rasen mähen als elliptische Form von 2./3. Ich lasse Opa den Rasen mähen aufzufassen, statt anzunehmen, dass innerhalb von 1. beim "Passiv-Lassen" eine Agens-Angabe wie von Opa fehlt.

Wortklaux

Zitat von: Kilian in 2015-07-04, 23:21:26
Zitat
Vielleicht wenn man es so verwendet:
Ich lasse mir die Haare schneiden.
Ich lasse von Opa den Rasen mähen.

Stimmt, hier fehlt der A und steht nur ein I, vielleicht daher die merkwürdige Einsortur. Wobei ich denke, dass der A einfach elidoren ward. Denn anders, als es bei einem Modalverb der Fall wäre, reicht lassen das Subjekt ja gerade nicht an den untergeordneten Infinitiv weiter, sondern das sind hier zwei verschiedene semantische Rollen.
Na ja, im Falle von "Ich lasse mir die Haare schneiden" kann man eigentlich gar keinen Akkusativ ergänzen, vielmehr hieße es "Ich lasse mir von meiner Frau die Haare schneiden". Und bei dem Satz mit Opa (ich mien natürlich nicht "dem Opa seinen Rasen" sondern "Ich lasse meinen Rasen von Opa mähen" memüsse man immerhin die von-Konstruktion eliminieren, ehe man den Akkusativ wieder ergänzen kann.

Zitat
Zitat
Aber so wie "ich möchte abgeholt werden" lässt sich lassen wohl gar nicht mit einem passiven Verb verbinden.

Hier verstehe ich nicht, was du meinst.
Ich meine, dass es keinen Satz gibt, der "ich lasse PARTIZIP werden" lautet. Also z.B. "Ich lasse saubergemacht werden".

Wortklaux

Entschuldigung, ich hatte meine Antwort geschrieben, ehe ich Deine, Homer, las. Dadurch hat sich das nun überschnitten.

Zitat von: Homer in 2015-07-05, 01:14:27
Aber es ist außerdem noch zu beachten, dass lassen drei Bedeutungen haben kann:

Ich lasse Opa rufen kann heißen

1. "Ich veranlasse, dass Opa gerufen wird";
2. "Ich veranlasse Opa, zu rufen";
3. "Ich erlaube Opa, zu rufen".

Dem entsprechen beim Rasenmäh-Beispiel zwei Varianten:

1. "Ich veranlasse, dass der Rasen von Opa gemäht wird" = Ich lasse den Rasen von Opa mähen.
2.+ 3. "Ich veranlasse Opa, den Rasen zu mähen" und "Ich erlaube Opa, den Rasen zu mähen" = Ich lasse Opa den Rasen mähen.

Kurios ist, dass 1. und 2. sinngleich, aber 2. und 3. konstruktionsgleich sind.

2. und 3. sind die Varianten mit A. Ich weiß nun nicht, inwieweit es vorzuziehen ist, ein 1. Ich lasse den Rasen mähen als elliptische Form von 2./3. Ich lasse Opa den Rasen mähen aufzufassen, statt anzunehmen, dass innerhalb von 1. beim "Passiv-Lassen" eine Agens-Angabe wie von Opa fehlt.

Diese Erklärung scheint mir der Sache auch noch nicht ganz auf den Grund zu gehen. Wenn man einmal analog analysiert:

Ich lasse das Essen kommen.

1. "Ich veranlasse, dass das Essen gekommen wird";
2. "Ich veranlasse das Essen, zu kommen";
3. "Ich erlaube dem Essen, zu kommen".

Dann trifft keine der drei Erklärungen wirklich die Bedeutung von "lassen".

Homer

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-05, 03:37:22
Diese Erklärung scheint mir der Sache auch noch nicht ganz auf den Grund zu gehen. Wenn man einmal analog analysiert:

Ich lasse das Essen kommen.

1. "Ich veranlasse, dass das Essen gekommen wird";
2. "Ich veranlasse das Essen, zu kommen";
3. "Ich erlaube dem Essen, zu kommen".

Dann trifft keine der drei Erklärungen wirklich die Bedeutung von "lassen".

Stimmt. Dann muss 2. wohl etwas umformuliert werden:

2. Ich veranlasse, dass Opa ruft bzw.
2. Ich veranlasse, dass das Essen kommt.

Dann wird auch noch klarer, wie merkwürdig es ist, dass es für den Satz Ich lasse Opa rufen eine aktivische (1.) und eine passivische (2.) Interpretation gibt.

Homer

Umgekehrt natürlich: 1. passivisch, 2. aktivisch.

Kilian

Zitat von: Homer in 2015-07-05, 01:14:27
Zitat von: Kilian in 2015-07-04, 23:21:26
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-04, 19:52:27
Ich lasse mir die Haare schneiden.
Ich lasse von Opa den Rasen mähen.
Stimmt, hier fehlt der A und steht nur ein I, vielleicht daher die merkwürdige Einsortur. Wobei ich denke, dass der A einfach elidoren ward. Denn anders, als es bei einem Modalverb der Fall wäre, reicht lassen das Subjekt ja gerade nicht an den untergeordneten Infinitiv weiter, sondern das sind hier zwei verschiedene semantische Rollen.

Ob da wirklich der A einfach elidoren ist?

*Ich lasse Opa mir die Haare schneiden scheint mir ungrammatisch oder mindestens zweifelhaft. Stattdessen würde man wohl sagen Ich lasse mir von Opa die Haare schneiden

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-05, 02:04:50
Na ja, im Falle von "Ich lasse mir die Haare schneiden" kann man eigentlich gar keinen Akkusativ ergänzen, vielmehr hieße es "Ich lasse mir von meiner Frau die Haare schneiden". Und bei dem Satz mit Opa (ich mien natürlich nicht "dem Opa seinen Rasen" sondern "Ich lasse meinen Rasen von Opa mähen" memüsse man immerhin die von-Konstruktion eliminieren, ehe man den Akkusativ wieder ergänzen kann.

Findet ihr? MUSEN geht das sehr wohl, wenn auch die von-Variante idiomatischer ist.

Es scheint mir somit, als könnte man alle Fälle unter diese Konstruktion subsumieren: lassen steht mit Infinitiv. Vor dem Infinitiv steht optional ein Akkusativ, der das Subjekt des Infinitivs angibt. Fehlt dieser Akkusativ, kann das Subjekt stattdessen durch eine von-Ergänzung angegeben werden. Letzteres scheint in der Regel idiomatischer zu sein, wenn der Infinitiv Akkusativ- oder Dativobjekte oder -ergänzungen aufweist. Es scheint, als würden die sich mit einem vorangestellten A irgendwie auf die Füße treten.

Homer

Richtig lustig wird es übrigens, wenn der Infinitiv nicht nur aktivisch oder passivisch, sondern auch noch intransitiv ausgelegt werden kann:

Ich lasse Opa kochen.

Wortklaux

Zitat von: Homer in 2015-07-05, 12:17:01
Richtig lustig wird es übrigens, wenn der Infinitiv nicht nur aktivisch oder passivisch, sondern auch noch intransitiv ausgelegt werden kann:

Ich lasse Opa kochen.
Ist das nicht nur eine Bedeutungsvariante? Wenn man das Wort "kochen" im Sinn von "Essen machen" verwendet, ist es doch auch intransitiv, oder? Eine Mehrfunktionalität kekünne natürlich bei Verben mit potentiellen zwei unterschiedlich gearteten Akkusativobjekten entstehen:

Homer lässt sich lehren.

1. Man kann Homer (als Unterrichtsgegenstand) gut lehren.
2. Man kann Homer (als Schüler) gut lehren.
3. Homer veranlasst, dass ein Lehrer ihm Unterricht gibt.
4. Homer, dem sonst alles oberlehrerhafte abgeht, lässt ausnahmsweise einmal zu, dass er die Welt (be)lehrt.
5. Homer veranlasst, dass er als Unterrichtsgegenstand behandelt wird.

und vielleicht noch ein paar Sinnrichtungen mehr, wenn man nur lange genug darüber nachdenkt.

Wortklaux

Im reflexiven Gebrauch kann lassen, wenn es im Sinne von "zulassen, dass etwas getan wird" gebraucht wird, offensichtlich bei gleichem grammatischen Subjekt (mindestens) zwei Arten der semantischen Subjektivität ausdrücken:

Herr Meyer lässt sich wählen.

1. Ich finde, Herr Meyer lässt sich wählen (= dass man Herrn Meyer ohne Bedenken wählen kann).

2. Herr Meyer tut nichts dagegen, dass er gewählt wird.

Homer

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-05, 16:53:37
Ist das nicht nur eine Bedeutungsvariante? Wenn man das Wort "kochen" im Sinn von "Essen machen" verwendet, ist es doch auch intransitiv, oder? Eine Mehrfunktionalität kekünne natürlich bei Verben mit potentiellen zwei unterschiedlich gearteten Akkusativobjekten entstehen:

Ich würde unterscheiden zwischen 1. Intransitivität (das Verb bindet kein Akkusativobjekt) und 2. absolutem Gebrauch eines im Prinzip transitiven Verbs (d.h. das Akk.-Obj. wird nicht ausgedrückt, weil es impliziert ist o.ä.). Kochen ist ein Verb, bei dem beides möglich ist:

1. Opa kocht (weil ihm heiß ist, vor Wut, weil er in einem Kannibalen-Suppentopf steckt usw.).
2. Opa kocht (irgendein Essen).

Wortklaux

Zitat von: Homer in 2015-07-06, 11:15:43
Ich würde unterscheiden zwischen 1. Intransitivität (das Verb bindet kein Akkusativobjekt) und 2. absolutem Gebrauch eines im Prinzip transitiven Verbs (d.h. das Akk.-Obj. wird nicht ausgedrückt, weil es impliziert ist o.ä.). Kochen ist ein Verb, bei dem beides möglich ist:

1. Opa kocht (weil ihm heiß ist, vor Wut, weil er in einem Kannibalen-Suppentopf steckt usw.).
2. Opa kocht (irgendein Essen).
Ob die Unterscheidung zwischen Intransitivität und absolutem Gebrauch transitiver Verben wirklich trägt, bezweifele ich. Ist dann fahren auch ein transitives Verb, das nur absolut gebraucht wird, wenn wir sagen "Ich fahre auf der Straße."? Denn man kekünne ja auch sagen "Ich fahre mein Auto auf der Straße", oder "Ich fahre zwei Kilometer auf der Straße." Wenn ich sage "An Wochentagen kocht meine Mutter, am Wochenende mein Vater.", dann empfinde ich das nicht als absoluten Gebrauch eines transitiven Verbs, sondern als intransitiven Gebrauch eines Verbs, das transitiv oder intransitiv verwendet werden kann. Ebenso wäre gehen ein normalerweise intransitives Verb, obwohl man (ebensowenig, wie man in deinem sogenannten absoluten Sinn kochen kann, ohne irgendetwas zu kochen) gar nicht gehen kann, ohne wenigstens einen, meistens jedoch mehrere Schritte zu gehen.

Homer

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 14:32:42
Ob die Unterscheidung zwischen Intransitivität und absolutem Gebrauch transitiver Verben wirklich trägt, bezweifele ich. Ist dann fahren auch ein transitives Verb, das nur absolut gebraucht wird, wenn wir sagen "Ich fahre auf der Straße."? Denn man kekünne ja auch sagen "Ich fahre mein Auto auf der Straße", oder "Ich fahre zwei Kilometer auf der Straße." Wenn ich sage "An Wochentagen kocht meine Mutter, am Wochenende mein Vater.", dann empfinde ich das nicht als absoluten Gebrauch eines transitiven Verbs, sondern als intransitiven Gebrauch eines Verbs, das transitiv oder intransitiv verwendet werden kann. Ebenso wäre gehen ein normalerweise intransitives Verb, obwohl man (ebensowenig, wie man in deinem sogenannten absoluten Sinn kochen kann, ohne irgendetwas zu kochen) gar nicht gehen kann, ohne wenigstens einen, meistens jedoch mehrere Schritte zu gehen.

Dass man sich von Fall zu Fall einmal über die Einordnung als intransitiv oder transitiv-absolut streiten kann, spricht nicht gegen die grundsätzliche Gültigkeit der Kategorisierung. Das kann man ja an Opa kocht1 vs. Opa kocht2 sehr schön sehen, wo die beiden Fälle klar distinkt sind und sich nicht einer aus dem anderen herleiten lässt. Bei fahren, das sowohl transitiv als auch intransitiv gebraucht werden kann, ist im Einzelfall die Einordnung nicht so einfach. Wir fahren in Urlaub ist klar intransitiv – niemand würde es als elliptisch für Wir fahren uns (oder den BMW) in Urlaub auffassen. Anders vielleicht bei Ich habe getrunken, Paul fährt (sc. uns). Das, was man bei uns im Fach die "inneren" Akkusative nennt (wofür es bestimmt einen besseren t.t. gibt), also einen Weg gehen, ein Leben leben, 12 km wandern usw., ist eine spezielle Kategorie des Akk., der aus der Frage der Transitivität völlig herausgehalten werden muss. Als transitiv werden übrigens solche Verben bezeichnet, die eine obligatorische Objektergänzung haben, wobei – wie bei Opa kocht2 – die Ergänzung manchmal weggelassen werden kann. Die Leerstelle ist dann deutlich zu fühlen: Eine naheliegende Frage wäre Was kocht er denn?

Wortklaux

Wenn die Ergänzung weggelassen werden kann, ist sie nicht obligatorisch.

Und wie das Beispiel mit "Mutter kocht an Wochentagen, Vater am Wochenende" zeigt, ist es auch keineswegs klar, ob man nach einem Objekt wirklich fragen würde, es sei denn aus rein semantischen Gründen (ebenso wie man bei "ich fahre auf der Straße" vielleicht "warum?" oder "wohin?" fragt).

Und bei den inneren Akkusativen scheint mir die Grenze zur Transitivität auch unscharf zu sein.
Ich gehe eine halbe Stunde — OK, hier würde ich auch keine Transitivität sehen.
Ich gehe 10 Kilometer — mir nicht mehr ganz klar, ich sehe da einen Unterschied. Die 10 Kilometer können entweder im Sinne von "zehn Kilometer weit" aufgefasst werden — dann ist es vielleicht ein innerer Akkusativ oder auch etwas anderes — oder im Sinne von einer bewältigten Gehdistanz — dann bewegt es sich sehr aufs Transitive zu, weil die Wegstrecke das Objekt ist, das durch das Gehen bewältigt wird.
Ich gehe oft diesen Weg — sehr ähnlich, aber wie die passive Formulierung "Der Weg wird von mir oft gegangen" zeigt, ist das Verb hier schon echt transitiv.

Homer

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 18:37:41
Wenn die Ergänzung weggelassen werden kann, ist sie nicht obligatorisch.

Das ist kein ernstgemeinter Einwand, oder?

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 18:37:41
Und wie das Beispiel mit "Mutter kocht an Wochentagen, Vater am Wochenende" zeigt, ist es auch keineswegs klar, ob man nach einem Objekt wirklich fragen würde, es sei denn aus rein semantischen Gründen (ebenso wie man bei "ich fahre auf der Straße" vielleicht "warum?" oder "wohin?" fragt).

Du kannst danach fragen oder es lassen, aber es handelt sich um ein Verb, das eine Objektstelle vorsieht, die in elliptischer Sprechweise oft unausgefüllt bleibt, wenn der implizierte Objektbegriff der allgemein erwartete ist: Statt Opa kocht Essen sagt man einfach Opa kocht, statt Paul putzt die Wohnung einfach Paul putzt usw. Wenn ein Satzteil problemlos zu ergänzen ist (auch aus dem Zusammenhang), lässt man ihn gern weg, nichts Besonderes.

Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 18:37:41
Und bei den inneren Akkusativen scheint mir die Grenze zur Transitivität auch unscharf zu sein.
Ich gehe eine halbe Stunde — OK, hier würde ich auch keine Transitivität sehen.
Ich gehe 10 Kilometer — mir nicht mehr ganz klar, ich sehe da einen Unterschied. Die 10 Kilometer können entweder im Sinne von "zehn Kilometer weit" aufgefasst werden — dann ist es vielleicht ein innerer Akkusativ oder auch etwas anderes — oder im Sinne von einer bewältigten Gehdistanz — dann bewegt es sich sehr aufs Transitive zu, weil die Wegstrecke das Objekt ist, das durch das Gehen bewältigt wird.
Ich gehe oft diesen Weg — sehr ähnlich, aber wie die passive Formulierung "Der Weg wird von mir oft gegangen" zeigt, ist das Verb hier schon echt transitiv.

"Gehen" hat keine obligatorische Akk.-Objekt-Stelle, also ist es nicht transitiv. Die Möglichkeit der Passivumformung beweist nichts, abgesehen davon, dass man fragen kann, ob Der Weg wird von mir gegangen eine nach strenger Norm akzeptable Umformung von Ich bin den Weg gegangen ist. Schon das Hilfsverb "sein" weist "gehen" als intransitiv aus.

Wortklaux

Zitat von: Homer in 2015-07-06, 19:10:33
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 18:37:41
Wenn die Ergänzung weggelassen werden kann, ist sie nicht obligatorisch.

Das ist kein ernstgemeinter Einwand, oder?
Doch.
Zitat
Zitat von: Wortklaux in 2015-07-06, 18:37:41
Und wie das Beispiel mit "Mutter kocht an Wochentagen, Vater am Wochenende" zeigt, ist es auch keineswegs klar, ob man nach einem Objekt wirklich fragen würde, es sei denn aus rein semantischen Gründen (ebenso wie man bei "ich fahre auf der Straße" vielleicht "warum?" oder "wohin?" fragt).

Du kannst danach fragen oder es lassen, aber es handelt sich um ein Verb, das eine Objektstelle vorsieht, die in elliptischer Sprechweise oft unausgefüllt bleibt, wenn der implizierte Objektbegriff der allgemein erwartete ist: Statt Opa kocht Essen sagt man einfach Opa kocht, statt Paul putzt die Wohnung einfach Paul putzt usw. Wenn ein Satzteil problemlos zu ergänzen ist (auch aus dem Zusammenhang), lässt man ihn gern weg, nichts Besonderes.
Ob etwas problemlos ergänzt werden kann oder obligatorisch ist, ist ein großer Unterschied. Zumal er in den genannten Fällen nur für denjenigen ergänzbar ist, der über Informationen verfügt, die der Sprecher nicht gibt und über die er möglicherweise auch gar nicht verfügt.