Verbungen und ihr Aggressionspotenzial

Begonnen von Erseht!, 2016-03-20, 22:53:40

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Erseht!

Während eines Wörtersuchspiels aus der Familie der scrabbleartigen kam es vor einigen Tagen zu folgendem Konflikt zwischen mir und meinen Freunden: Eine Mitspielende war der festen Überzeugung, "füßt" wäre ein gültiges Wort, und begrond das mit dem Satz "Ich füß dir gleich eine!"
Zähneknirschend gewohren wir ihr die Punkte, denn das Beispiel lucht allen ein. Die Problematik beschaftog mich auch den restlichen Abend. Es scheint, als könne man aus so gut wie jedem Substantiv eine Bedrohung verbaler Natur machen:





   (1)     Ich halte lieber den Mund, bevor ich hier noch ermessert werde.
   (2)     Pass auf, gleich bibel ich dir eine!
   (3)     Mein Opa ist beim Erdbeben letzte Nacht erschrankt worden.

Auch Substantive, die sonst gern gesehen sind, werden in dieser Konstruktion direkt furchteinflößend:



   (4)      Es hat sich schon mal einer totgegänseblümchent.

Nur Abstrakta scheinen von dieser Regelmäßigkeit ausgenommen zu sein.



   (5)     *Nach der Entdeckung Amerikas durch die Europäer wurden die dort Ansässigen innerhalb kurzer Zeit erfreiheitet.

So weit, so nachvollziehbar. Vielleicht ist es euch schon beim Lesen aufgefallen: Alle meine Verbungen sind schwach. Was tun? Es besteht die Gefahr, dass beim Stärken der gevorbenen Substantive die Etymologie unklar wird.





   (6)     Bei der Prügelei im Saloon wurden mindestens drei Gäste ermorssen.
   (7)     Nach meinem unpassenden Kommentar krog ich umgehend eine gebolben.
   (8)     Mein Opa wurde letzte Nacht erschronken.

Ich bin unzufrieden. Was meint ihr Experten, wie damit umzugehen ist?

Kilian

Die Vorstellung, dass jemand eine gebibelt kriegt (vom Sonntagsschullehrer, presumably), entzückt mich. :D Related: ,,König Dillefan war berüchtigt für seine Tobsuchtsanfälle, bei denen er seine Minister gerne mal ,zepterte'".

Ein Konflikt wie der, den du beschreibst, ist so alt wie die GSV. Man erfindet ein lustiges Wort und möchte seine Mitmenschen damit erfreuen, allein, trägt man dann auch noch die neutsche Grammatik zu dick auf, wird man nicht verstanden und der Witz geht verloren. Das ist einer der Gründe dafür, dass auf der Großen Liste nur (gestorkene) etablorene standarddeutsche Verben zugelassen sind und keine Neologismen. In der Sprech- und Schreibpraxis hilft nur, je nach Publikum stufenlos einen geeigneten Grad zwischen Nittelhochmeutsch und Deuhochneutsch auszwählen.

Teigbursche

Zitat von: Kilian in 2016-03-20, 23:41:04Ein Konflikt wie der, den du beschreibst, ist so alt wie die GSV. Man erfindet ein lustiges Wort und möchte seine Mitmenschen damit erfreuen, allein, trägt man dann auch noch die neutsche Grammatik zu dick auf, wird man nicht verstanden und der Witz geht verloren. Das ist einer der Gründe dafür, dass auf der Großen Liste nur (gestorkene) etablorene standarddeutsche Verben zugelassen sind und keine Neologismen. In der Sprech- und Schreibpraxis hilft nur, je nach Publikum stufenlos einen geeigneten Grad zwischen Nittelhochmeutsch und Deuhochneutsch auszwählen.

Fürwahr, die Ärmsten würden ja schlechterdings ernotschen.
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