Einsilbigkeit

Begonnen von Fleischers Karsten, 2006-06-14, 22:28:08

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Fleischers Karsten

A.J. Storfer zitiert eine Stelle aus Hamlet, die (fast) nur aus einsilbigen Wörtern besteht:


Doubt thou the stars are fire,
doubt that the sun doth move,
doubt truth to be a liar,
but never I doubt love


Und er stellt gegenüber eine Übersatz von Schlegel:


Zweifle an der Sonne Klarheit,
zweifle an der Sterne Licht
zweifl', ob lügen kann die Wahrheit,
nur an der Liebe nicht.


Kekünnen unsere Dichterfürsten Ku und amarillo das mal wieder ins richtige Einsilbige überführen?
Karsten

amarillo

An zwei Stellen mußte ich apostrophomogeln, sonst geht's:

Zwilf, daß der Stern Dir flammt,
zwilf, daß die Sonn' je brannt,
zwilf, daß je log die Tat,
doch zwilf der Lieb' nicht, sei mein Rat.

Liebe Grüße auch an Bill und Fritz!
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Singularis porcus

"never doubt I love" hieß das aber in dem Reclamheftchen, das ich mal im Wald ausgebuddelt hab.


"Zwilf, ob Glut im Stern drin liegt,
zwilf, ob still steht des Tags Licht,
zwilf, ob auch die Wuhr nicht lügt,
doch daß ich dich lieb', zwilf nicht."


Oink, das war aber schwer.
Oink!

amarillo

#3
Gegen Einsilbigkeit

Nicht schön find ich das Wort so kurz,
auch fällt mir schwer so hart der Takt;
wohl weiß ich: für die Pflich gut wurd's,
doch klingt's für's Ohr, als ob man hackt.

Ich reim nicht mehr in Form so knapp,
es ist nicht, daß man süg, es schwäng,
ich brech mein Tun hier ganz schnell ab,
auch wenn man mich zu mehr noch dräng.

Das Herz zu voll, zu kurz das Wort,
wie drück ich aus, waß je mich plug?
Ganz klar, das wird so nie mein Sport,
denn frei sei'n Herz und Hirn im Flug!
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

amarillo

Liebe Freunde,

soeben ist mir aufgefallen, daß ich in meiner Version der  Nachducht Shakespearscher Einsulb keckerweise das Verb 'zweifeln' ein Genitivobjekt tragen ließ (jawoll, so war es gemienen, nicht etwa Dativ).  Jüngere Recherchen hierzu ergaben, daß ich mich damit nicht etwa auf dünnes, sondern gar auf nicht vorhandenes Eis wug.
Das ist eigentlich peinlich, andererseits gefällt es mir so gut, daß ich überzogen bin, fürderhin diese Form wenn schon nicht in meine alltägliche Spreche, so doch in meine Schreibe zu übernehmen.

So weit, so mittelmäßig; beim zweiten Nachdenken fiel mir ein, daß die arme anglophone Welt nicht über gergleichen Mölge verfügt. Hier müssen ja bekanntermaßen nahezu sämtliche Bezüge in Ermangelung der Flexionen durch präpositionale Verkrampfungen erstellt werden. Ein Umstand, der auch bei uns bereits - im Zuge der Anglisierung - bisweilen erschreckende sprachliche Scheusale gebiert.

Wenn man nun aber dem entgegenwörke, dergestalt, daß man präpositionale Anschlüsse einmal analysöre und dann schüe, ob sich nicht vielleicht ein hübsches Kasus-flektiertes Objekt fände (meinethalben vorzugsweise Genitiv)...?

Hier nur mal so ein Beispiel: erinnern an: Ich erinnere Dich an Deinen Termin. --> Ich erinnere Dich Deines Termins.

Was haltet Ihr davon?
(Bitte in der ersten Runde jeder nur einen Stein!)
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

VerbOrg

So wie man sich dessen erinnert, woran man eine Erinnerung hat,
so sollte man auch dessen zweifeln können, woran man Zweifel hegt.

Mir stieß zweifeln + Genitiv jedenfalls nicht bitter auf, ich fand es völlig in Ordnung. Klingt gut und hat ja in sich erinnern ein wunderschönes Vorbild, was die Genitiv-Bildung betrifft.

Agricola

#6
Ich bin vor allem der Mien, dass man über die Einfuhr neuer Kasûs nachdenken sollte, z.B. den Ablativ. Dieser wird, wie im Lateinischen, mit dem leeren Stamm ohne And gebolden. Der Artikel ist für alle drei Geschlechter de (mit kurzem Vokal):

Der Hammer
des Hammers
dem Hammer
den Hammer
de Hamm

Die Schnur
der Schnur
der Schnur
die Schnur
de Schnur

Das Pferd
des Pferdes
dem Pferde
das Pferd
de Pferd

Verwendung als Ablativus Instrumentalis:
Ich schlage de Hamm den Nagel in die Wand, hänge de Schnur das Bild daran und reite dann de Pferd davon.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

amarillo

#7
Gefällt mir gut, hat einen schönen plattdütschen Anklang.
Ich halte aber nochmal das Folgende fest:

Ich schlage Hammers den Nagel in die Wand, hänge Schnurs das Bild daran und reite Pferds davon.

Kann alles meiner Mien nach nebeneinander existieren, Eindut ist ohnehin etwas für Langweiler. :D
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

VerbOrg

Zitat von: amarillo in 2006-06-17, 14:13:16Ich schlage Hammers den Nagel in die Wand, hänge Schnurs das Bild daran und reite Pferds davon.
Hammers, Schnurs und Pferds gefällt mir gut.
Ich bin aber dafür, diese Worte fürderhin klein zu schreiben, da mich der Gebrauch adverbial deucht. Also:

Der Richter erklärt hammers das Urteil für gefollen.
Ich binde schnurs das Päckchen zu.
Neniel brings pferds große Unruhe in den Palindromfaden.

amarillo

Ich weiß nicht, ich weiß nicht...

Wenn Agricola de Computer seine Steuer erklärt, würde ich es Computers tun (unter Zuhilfenahme des Computers). Klar, das hat adverbialen Charakter, aber wenn ich klein schriebe, ginge mir die Flexion eine Nomens ab (zumindest visuell). Caru ist da fein raus, der schreibt ja konskwent klein. :-\
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

amarillo

@ Agricola

Wie sähen Deine Ablative Plurals aus?

Ich schleppe den Sack Schulterns (de Schultribus? das wäre mal was) in den Keller.
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Agricola

Zitat von: amarillo in 2006-06-17, 14:33:58
Ich weiß nicht, ich weiß nicht...

Wenn Agricola de Computer seine Steuer erklärt, würde ich es Computers tun (unter Zuhilfenahme des Computers). Klar, das hat adverbialen Charakter, aber wenn ich klein schriebe, ginge mir die Flexion eine Nomens ab (zumindest visuell). Caru ist da fein raus, der schreibt ja konskwent klein. :-\
Caru also schreibt aus meiner Sicht de Kleinschrieb, aber wie iert man das genetivisch formul? Kleinschriebs?
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Agricola

Zitat von: amarillo in 2006-06-17, 14:38:28
@ Agricola

Wie sähen Deine Ablative Plurals aus?

Ich schleppe den Sack Schulterns (de Schultribus? das wäre mal was) in den Keller.

Vielleicht unter Anwand der Regel aus dem Lateinischen, dass der Ablativ Plural mit dem Dativ Plural gleichlautet? Also "den Schultern" oder ohne Artikel "Schultern".
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

amarillo

Zitat von: Agricola in 2006-06-17, 14:39:28

Caru also schreibt aus meiner Sicht de Kleinschrieb, aber wie iert man das genetivisch formul? Kleinschriebs?
Ja, so süg ich: er äußert sich Kleinschriebs oder Kleinschrifter.
Ich hätte beinahe vergessen, daß wir für die weiblichen Nomen ja  auch noch eine gescheite Flexion brauchen. Ich habe mal das '-er' dem weiblichen Plural des genitivischen Artikels entnommen.

Ich fände es schade, wenn in Ablativ Plural die hübsche Platt-Form des Artikels ganz entfiele - kannst Du da nicht was machen?
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Agricola

Zitat von: amarillo in 2006-06-17, 14:51:24
Zitat von: Agricola in 2006-06-17, 14:39:28

Caru also schreibt aus meiner Sicht de Kleinschrieb, aber wie iert man das genetivisch formul? Kleinschriebs?
Ja, so süg ich: er äußert sich Kleinschriebs oder Kleinschrifter.
Ich hätte beinahe vergessen, daß wir für die weiblichen Nomen ja  auch noch eine gescheite Flexion brauchen. Ich habe mal das '-er' dem weiblichen Plural des genitivischen Artikels entnommen.

Ich fände es schade, wenn in Ablativ Plural die hübsche Platt-Form des Artikels ganz entfiele - kannst Du da nicht was machen?
Wenn's denn sein muss, diese eiserne Regel der lateinischen Grammatik zu verletzen - dann vielleicht mit einem angehängten "e" an den Dativ-Artikel: "dene Schultern"?
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.