Zum Genetivus absolutus

Begonnen von Berthold, 2009-01-07, 12:41:16

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Berthold

Genitiv

Fleischers Karsten

Karsten

Berthold

Ich werd schon noch mein Aufsatz'l schreiben. Schlechtes Gewissen (Arbeitsbeginn!) harnd mich, die Schreiberei abzuschließen.

Kilian

Ich hab's gesehen, es hat irgendwas mit Genetiv zu tun. :)

Berthold

#4
Da ist's. Viel mehr Zeit ist heute nicht mehr. Muß ich halt morgen, wie wir sagen: 'aou(n)dsaa-n'.

Genetiv heißt es in der wundersamen Lateinischen Grammatik von Dr. Emil Gar und Dr. Mauritz Schuster (Dieser schrieb auch eine Grammatik des Wienerischen!). Vor mir liegt die 13., unveränderte Auflage, Hölder-Pichler-Tempsky, Wien / '... zum Unterrichtsgebrauch an Mittelschulen zugelassen'. Viele LateinlehrerInnen lieben diese Grammatik.

Vorher ein winziger Abschwiff, Thema Latein: Daß Deutsche in aller Faustregel schlechter Latein können als Österreicher, die aber weit von den Ungarn übertroffen werden, dazu kenne ich eine sichere Ausnahme: Agricola. Der käme gut zurecht, in den Klöstern Budapests.

Über den Genetivus absolutus gibt's bei uns eh ein G'sätz'l, das halt bloß sehr am Deutschen klebt und die festen Wendungen hervorhebt: 'Ein genitivus absolutus (losgelöster Genitiv) ist eine Nominalphrase im Genitiv, die als freie Angabe etwas über die Umstände eines Geschehens aussagt.' Weil ich zwei Jahre länger Latein lorn als Altgriechisch, gehe ich vom ablativus absolutus aus, wobei ich in aller Schlichte a. durch genetivus ersetze. Gaar & Schuster lehren den g. (a.) a. beim Partizip (v.a § 162 - § 164): 'A. a.: Das Partizip ist als Prädikativum mit einem 'freien' Ablativ verbunden, der kein Satzteil ist. / Der g. (a.) a. dient als adverbiale Bestimmung des Satzes. (...) Außer Partizipien stehen auch Substantiva und Adjektiva als Prädikative beim g. (a.) a.'
Das gedankliche Verhältnis der Partizipialkonstruktion zum Hauptverb kann im Deutschen nicht nur modal (die Art und Weise bezeichnend), sondern wohl auch temporal sein: dieser Tage; eines (fernen, schönen) Tages; eines, des Nachts
Fürs Neutsche läßt sich der g. a. stark erweitern. Öfters erschiene mir ein Beistrich (Komma) erleichternd

a) temporal:
Ihre Pframietz feiernder Amelie Zapfens (dann wäre Zapf wohl ein Hausname), kamen just dazu kaum Verbenstänker-, pardon, -stärkerInnen – (modaler Anhang ->), weder trippelnden, noch stampfenden, noch schlurfenden, noch hatschenden Fußes.
Durch Kilian einberufener Frühlingshauptversammlung der GSV, erschienen am 1. 4. 200. nur wägne Mitglieder. (Wäre der Zusammenhang konzessiv hieße es eher: … erschienen trotzdem …)

b) kausal:
(-> grausal) Brechreiz erregenden Bockanzes, floh ich aus dem Ziegenstall.
Kaputt gagnangen Computers, konnte er seinen Forumsbeitrag nicht abschließen.

c) modal:

Des durch eine rechte Gerade KO gehenden Herausforderers, gewann der Champion in der elften Runde.
Nicht unterbrochenen Marsches, ielen wir heim.

d) kondizional:
Zweier Streitender, freut sich der Dritte. (Hier zeigt’s der Beistrich an.)
Matt gnäsotzen gegnerischen Königs, hast du die Schachpartie gewonnen.

e) konzessiv:
Vielleicht vorgebenden Kus, er verstünde diesen Satz nicht, schreibe ich ihn trotzdem her.
Des fast immer forz beongen Strebers Paul(s), schrieb Urban, diesmal & gleichwohl, die beste Deutsch-Schularbeit.

f) adversativ:
Zögernder anderer, miech ich mich dran, Sätze zum g. a. herzuschreiben.
Des mit dem Gummiknüppel gaschlangen Demonstranten, triwurf der Polizist von einem Pflasterstein.     

Agricola

#5
Eben gelesenen Beitrages schließe ich mich der Meinung meines Vorschreibers an. Außer in kleinen Detäilen:

Matt gnäsotzen gegnerischen Königs, hast du die Schachpartie gewonnen.
(und ein paar ählne Bleistifte)

memüsse es flex georenen Participii nicht "Matt gnäsotzenen gegnerischen Königs" heißen?
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Fleischers Karsten

Zitat von: Agricola in 2009-01-07, 16:18:17
memüsse es flex georenen Participii nicht "Matt gnäsotzenen gegnerischen Königs" heißen?

Der Bertl zieht doch das -en des Partizips immer nach vorne, in diesem Falle ist es direkt hinter dem g gnelond.
Karsten

Kilian

Recht hast du, Berthold, eigentlich erstaunlich, dass wir uns dessen nicht längst annahmen. Chab's gleich eingewukun.

Fleischers Karsten

Zitat von: Berthold in 2009-01-07, 16:00:21
Des mit dem Gummiknüppel gaschlangen Demonstranten, triwurf der Polizist von einem Pflasterstein.     

Trawurf, oder?
Karsten

Berthold

Zitat von: Fleischers Karsten in 2009-01-07, 16:54:31
Zitat von: Berthold in 2009-01-07, 16:00:21
Des mit dem Gummiknüppel gaschlangen Demonstranten, triwurf der Polizist von einem Pflasterstein.     

Trawurf, oder?

Trawurf ginge auch, ich hatte aber urspruchlng i gespolnk (Vokaltrapez, -dreieck und so) im Sinn: also
i <--> u. Aber ich mein sowieso immer: in fast 1000 km Entfarn, da kann & darf im Neutschen vieles um ein weniges (hier schreib ich's klein) anders sein. 

Berthold

#10
Zitat von: Agricola in 2009-01-07, 16:18:17

Matt gnäsotzen gegnerischen Königs, hast du die Schachpartie gewonnen.
(und ein paar ählne Bleistifte)

memüsse es flex georenen Participii nicht "Matt gnäsotzenen gegnerischen Königs" heißen?

Bei 'gnäsotz' läßt sich, als Höflichkeitsform, bequem das n (von -en) nach dem gn(e->ä)... einfügen.
Gedacht ist etwa an folgenden Satz: 'MAJESTÄT, IHR seid, alleruntertänigst GNÄ'mien*, matt GNÄ'sotz.'
Ich hoffe, daß eine Form, wie ich sie mir hier GNÄ'statt habe, ein wagn japanischen Geistes atmet.

* Hier heißt es nicht gumnien.
   

Agricola

Kapp georen.

Man sollte das Reppertwahr auch noch um die Formulierungen des Types "L. Valerio Flacco, M. Porcio Catone consulibus" erweitern, also z.B.

Willi Brandts (oder süddeutsch "Brandts Willis") Bundeskanzlers besuchte ich das Gymnasium.

Meiner Kindes konnte sich noch niemand einen Computer zur privaten Nutzung vorstellen.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Agricola

Eines sommerwarmen Nachts kamen einige Soldaten, die gerattenen Hautes den Heimweg hatten antreten können, in unsere Stadt, wo sie warmen Herzens empfangen wurden. Wir saßen gerade offenen Türes auf der Terrasse, wo wir zusammengelaufenen Spuckes auf den Braten wurten. Die Soldaten, die gespotzenen Nases dem Bratenduft nachgeschnoffen hatten, luden wir freundlichen Zuredens zu Tisch. Überschwänglichen Dankes nahmen sie unsere Einladung an. Sobald das Essen dampfenden Schüssels auf dem Tisch war, miechen wir uns gezückenen Zunges darüber her. Sattogenen Magens brachen wir noch zu einer Kneipentour auf, die wir berittenen Lebers in Angriff nahmen. Nach der harten Zeit an der Front mögen sie schönen Erinnerungs ihren Heimweg fortsetzen!
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Übertreiber

Pieße auch zu Schlafes Bruder. Du spielst auch eine Maskulination sämtlicher Verben adverbiellen Genitivs an? Prinzipiell zwar ein schöner Gedanke, aber föhre das nicht zu einem Formenzusammenfall derjenigen Substantiva, welche in verschiedenen Genera vorkommen?
Kampf dem Schicksal!

Agricola

Ich habe es einfach einmal versoochen, was raus kommt, wenn man es so macht. Manche der Ausdrücke, wie z.B. "offenen Türes auf der Terrasse sitzen", kommen mir so natürlich vor, dass ich mich wundere, dass es sie nicht schon längst gibt. Bei anderen geht es mir nur mit Schluckbeschwerden hinunter. Bei manchen wilben Ausdrücken wäre für mich der Genitivus Absolutus auch ohne -s denkbar, etwa "gezückter Zunge" oder "gespitzter Nase".
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.