Anfrage

Begonnen von amarillo, 2006-09-07, 09:23:21

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Fleischers Karsten

Eben im MIAL gelesen:

Statt über nackten Betonboden, legte McNabb den Ausstellern nahe, sollten die Besucher besser über Teppiche flanieren - das verleihe den Messetänden eine viel gediegenere Atmosphäre, so der gewitzte Anbieter von Auslegeware.

Das Argument verfing.


Geht das? Ich kenne nur sich in etwas verfangen.
Karsten

Berthold

Zitat von: Fleischers Karsten in 2008-01-08, 12:31:04
Eben im MIAL gelesen:
Das Argument verfing.[/i]
Geht das? Ich kenne nur sich in etwas verfangen.

Das geht offenbar. Das 'Duden-Stilwörterbuch' hat bei
verfangen '2.: <etwas verfängt, meist verneint> etwas nützt, wirkt bei jmdm.: Dieser Trost, Trick verfängt nicht; Versprechungen, Ratschläge, solche Argumente, Bitten, diese Mittel verfangen bei ihm nicht.'

Ich kann mich nicht erinnern, so etwas je bei uns golens zu haben. Vielleicht ist's ein Regionalismus. Im hiesigen Dialekt hieße es wohl: Bae eam is so a(n) Rååd um(ma)suntßt; b. e. hüüf(f)t dees (goa) nikß; gääd dees nääd aeni/aene; funkdßeoniad dees nääd.   
   

Fleischers Karsten

Ja, auch die Grimms haben einige Beispiele parat:

a)  verfangen mit sächlichem subjecte, absolut: mhd.

swaჳ mir ze lidenne geschiht,
eჳ vervâhe wol oder niht,
ich versuoche eჳ immer unz ich lebe.
         HARTMANN büchlein 1, 1065;

nhd. aber vil beichten und dick zu dem heiligen sacrament gon on soliche übung der tugend, das verfahet nüt und wurd der mensch nuwent dester verharteter. KEISERSBERG seelensp. 23a; und so die nit verfahen oder würken wolten oder die artznei versumpt war. feldbuch d. wundarzn. (1528) 78; dieser treu rath des königs Hiero verfieng nit vast gegen seinem sun Gelo, wann im stund sein herz zu Hannibal. Livius 127a, übersetzt von Carbach; do es aber nit verfahen wolt, dann der gunst des königs Tarquinii war zu grosz in dem römischen volk. 16; weil die güte so gar nicht verfangen hat. ABELE unordn. 33; dieser vorschlag verfieng. THÜMMEL 1, 254; suchte ich die vertheidigung des herabgesetzten zu übernehmen und seine vorzüge geltend zu machen; diesz aber verfieng nicht, man hatte partei ergriffen und blieb auf dem sinne. GÖTHE 29, 54; meine besten witze verfangen nichts mehr. SPIELHAGEN in reih u. glied 4, 83;

wenn fast kein mittel mehr in solcher noth verfing,
stund der beherzte geist doch allzeit unbeweget.
         CHR. GRYPHIUS poet. wälder 1, 272;

wen hat nicht dieser gift, wenn er verfängt, vergiftet?
         HAUGWITZ Sotiman 229;

der einzige trost, der noch verfing,
war, dasz es anderen nicht besser erging.
         WIELAND 21, 18;

welches fest man auch ersann,
ward umsonst begangen,
pfänderspiel und dritter mann
wollten nicht verfangen.
         GÖTHE 41, 28;


Heutzutage scheint jedoch hauptsalch nur noch die Phrase "Das Argument verfängt (nicht)" in Gebrauch zu sein. Jedenfalls liefert Google da einiges.
Karsten

Berthold


Lieber Karsten!
Du immer mit Deinen ollen Grimms, diesen Megabyte-Giganten! Das liest sich jetzt schon immer so, als berittest Du eine Neuauflage vor:
'Brothers Grimm, the luxus and redux Wöaschn, gently modernized by K. F. - Pentagon Press, Opladen', oder so.
Mache ich mit den ruhmvollen Brüdern den einfachen 'Zuckmückentest', dann schneiden sie gar nicht aufregend ab, obwohl Meigen damals schon längst publizoren hatte(!):

'ZUCKMÜCKE, f., mückenart KRÜNITZ öcon. encykl. 242, 361; chironome MOZIN d.-fr. wb. 43, 1305b. --'

Am geheimnisvollsten bei diesem Zitat finde ich die zwei Stricherln am Ende.
Nein, beim 'Zuckmückentest' erweist sich ein ganz anderes Wörterbuch als weit besser:
António Houaiss: Dicionário Houaiss da Língua Portuguesa. Temas & Debates, Lissabon 2003 (portugies. Ausgabe). Das ist ein Wörterbücherl!


Fleischers Karsten

Lieber Bertl!

Die Grimms sind wenigstens anleinig kostenlos verfügbar. Ich werd doch nicht meine ganzen Bücher mit hier ins Büro schleppen! Außerdem sind die meisten, wie schon an anderer Stelle erwahnen, noch in einem gigantischen Karton in Ellens Keller untergebracht, so dass der Grimm mein einziges "griffbereites" Nachschlagewerk ist. Außerdem finden sich dort noch einige Überraschungen, schöne starke Partizipien und Präterita, wie du an meinen umfangreichen Erwierten der roten Liste ersehen kannst.

Zur Zuckmücke ist denen wuhrl wenig eingefallen, aber mich stört das nicht, hab ich doch nix mit diesen Viecherln zu tun.  ;)
Karsten

Berthold

#65
Lieber Karsten!

Ist ja wahr, und man sesülle vor solchen Sammlungen eh nur auf dem Bauch im Staube liegen. Noch dazu bin ich selber ein strenger Verfechter der Gelehrsamkeit. Nur kekünne man den Professoren (schriebe ich jetzt 'Professoris', dann führe mir Agricola zum dritten Mal, mit 'Professoribus' drein) auch einmal eine Antwort aus ihrem Werk vorlegen, die sich gewaschen hat und in eine ganz andere Richtung weist. Heute in der Nacht habe ich jenes Märchen - mehr wert dünkt es mich als ein Dutzend solcher Wörterbücher - wieder einmal gelesen und an seinem Ende derart Tränen vergossen (kein Schmäh!), wie sie bei mir sonst nur Meister Franzl Schubert hervorrufen kann.
Ich aktualisiere ein klein wagn den Schluß:

Wie eine Schnecke kam er zu einem Feldbrunnen geschlichen, wollte da ruhen und sich mit einem frischen Trunk laben: damit er aber die zwei Kisten mit dem Wörterbuch der Brüder Grimm im Niedersitzen nicht beschädigte, stellte er sie bedächtig neben sich auf den Rand des Brunnens. Darauf setzte er sich nieder und wollte sich zum Trinken bücken, da versah er's, stieß ein klein wenig an, und beide Kisten plumpten hinab. Karsten, als er sie mit seinen Augen in die Tiefe hatte versinken sehen, sprang vor Freuden auf, kniete dann nieder und dankte Gott mit Tränen in den Augen, daß er ihm auch diese Gnade noch erwiesen und ihn auf eine so gute Art und, ohne daß er sich einen Vorwurf zu machen brauchte, von den schweren Büchern befreit hätte, die ihm allein noch hinderlich gewesen wären. "So glücklich wie ich", rief er aus, "gibt es keinen Menschen unter der Sonne." Mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter war.

katakura

Zitat von: Berthold in 2008-01-10, 11:47:43
... Mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang er nun fort, bis er daheim bei seiner Mutter war.

... na, ob karsten nicht wohl doch eher ganz befreit und wohlgemut in die nächste eckkneipe springt? ;D
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

Fleischers Karsten

Also, erst einmal hätt' ich ja den Klumpen Gold behalten.  ;D
Na ja, und wenn ich denn doch nur die Buchausgabe des Grimmschen Wörterbuches gehabt hätte, so hätt' ich's dennoch schad' gefunden, wenn sie mir in einen Brunnen gefallen wäre.

Das mit der Eckkneipe ist anzunehmen.
Karsten

Agricola

Ist ein Grimm in'n Brunn' gefallen
hab ihn hören plumpen,
wär er nicht hineingefallen
hättst du nicht getrunken.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Fleischers Karsten

Ich bekam gestern eine Anfrage, die ich hiermit an alle weiterleite.

Bei einem Bekannten im Betrieb wird mittlerweile, wenn es um das Beseitigen von Produktionsengpässen geht, von Debottlenecking gesprochen. Mein Bekannter benötigt nun ein adäkwates deutsches Verb dafür. Fällt euch was ein?
Karsten

amarillo

Entflaschenhalsung
Entengpassung (könnte man zur Enten-Passung verschleifen)
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Berthold

#71
Zitat von: Fleischers Karsten in 2008-01-15, 09:52:00
Ich bekam gestern eine Anfrage, die ich hiermit an alle weiterleite.

Bei einem Bekannten im Betrieb wird mittlerweile, wenn es um das Beseitigen von Produktionsengpässen geht, von Debottlenecking gesprochen. Mein Bekannter benötigt nun ein adäkwates deutsches Verb dafür. Fällt euch was ein?

Und das ist echt etwas anderes als ergänzen? Wozu's noch die Erganz gäbe.
Die Synonyme zu erweitern im Synonyme-Duden (dem wahrschoychln brauchbarsten von allen) lauten:
anbauen, aufstocken, ausbauen, ausdehnen, ausgestalten, ausweiten, bereichern, ergänzen, hinzufügen, hinzutun, verbreitern, vermehren, vergrößern, verstärken, weitern; (bildungsspr.): amplifizieren (vielleicht denkt ihr noch an den Impflaufeich); (veraltet): extendieren; (Fachspr.): dilatieren; (Politik, Wirtsch.): expandieren.

Vielleicht denkt man nun: Aber ein Bottleneck bei der Produktion ist doch was ganz Besonderes. - Ein Schmarr'n ist das was ganz Besonderes! Kunstverben wie erzeugänzen oder produlatieren sind wohl nicht erforderlich.

Agricola

Zitat von: Berthold in 2008-01-15, 15:18:07
Vielleicht denkt man nun: Aber ein Bottleneck bei der Produktion ist doch was ganz Besonderes. - Ein Schmarr'n ist das was ganz Besonderes!
Ja, schon was Besonderes, denke ich.
Wie wär's mit "Passentengung"? Nicht zu verwechseln mit dem "Entenpassgang".
Oder "Öhrentnadelung".
Auf Neutsch vielleicht
Passentang, Öhrentnudel
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Berthold


Mich stört da halt die erdachte, viersilbige Unstandskra/ämerei. Da wäre mir so was wie progeln (= die Produktion regeln) noch lieber. Nur klingt's nach mogeln. Und pregeln? Weitpassen?
Aber jetzt muß ich weiterarbeiten.

Fleischers Karsten

Ich dachte auch schon an einen Kausativ, da ja etwas passend gemachen werden soll. Vielleicht weitpetzen.
Karsten