Schüttelreim, anyone?

Begonnen von caru, 2005-06-07, 23:41:55

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Agricola

#75
Zitat von: Berthold in 2006-12-11, 20:42:58
In der Gletscherspalte

Er denkt, im Gletschereise, nach:
Ach, säß' ich, warm, zu Eisenach! - -
Mich töte dieses Eisen - ach...
"Valoren" sangen leis eh Nach-
tigallen "hamwa'im Eis een' - ach!"
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

AmelieZapf

Ich fabrizor dermaleinst:

Wie ich doch meine Reibe liebe,
Und wie gern ich doch Laibe riebe
Vom Weißbrot mit dir, liebe Reibe!
Hätt' ich die Wahl, ich riebe Laibe!

Grüße,

Amy
Religion heute:
Ex oriente deus,
ex machina lux.

Agricola

Zitat von: AmelieZapf in 2006-12-16, 17:18:49
Ich fabrizor dermaleinst:

Wie ich doch meine Reibe liebe,
Und wie gern ich doch Laibe riebe
Vom Weißbrot mit dir, liebe Reibe!
Hätt' ich die Wahl, ich riebe Laibe!

Grüße,

Amy
Ließe sich natülr leicht zu einem Achter erweitern, indem man von beiden auf "be" endenden Wörtern eines durch eine andere Endung ersetzt, etwa so:

Auch wenn ich eine Reibe lease
bin ich zwar nicht, beileibe, Riese.
Doch wie ich auch die Reise liebe,
zu Haus' ich lieber leise riebe.

Ich hör, dass Amelie bereise
die Welt, sei's drum, ich riebe leise
viel lieber mit der Lease-Reibe
zu Hause wie ein Riese Laibe.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Berthold

#78
Ach, lieber Agricola, das, was ich da eben von Dir las, dünkt mich doch eher komponoren denn gedochten. Kekünne ich das strengen Kritikern, wie den Leuten im abendlichen 10A-Autobus, vortragen? - Ich weiß auch nicht, wohin das i bei 'Frau'n in Loh' gleich in der zweiten Zeile verschwindet. - Ich denk mir: Musiker stehen der Mathematik näher, während ich die Ma. zumindest nicht liebe. - Und ob man jetzt orthographische, phonetische oder noch freiere Schüttelverse schriebe (oder sich in diesen drei Arten abwölchse, wie das z.T. bei 'Zu viert zu Vent' geschehen ist) und was man auch daherdefinöre: Ich stelle die einfache Regel auf, daß man solcherlei mehrfach überschlafen muß. Das habe ich oben auch getan, und mittlerweile ist die Sache insgesamt - eben zusammen mit den Versen der Frau "Königin des Schüttelverses - Erika Wendelken" auf 28-fache Schüttelverse angewachsen. Mit - wie ich finde - nicht irgendeinem Gebilde, das irgendeinem Schema zu folgen hat, sondern einer halbwegs logischen und ziemlich verständlichen Handlung. In der Hauptsache römisch zwei eine Theken-Szene. Solcherlei zu schreiben ist aber an einem Tag gar nicht möglich; in so kurzer Zeit ist es zumindest mir nicht möglich. Ich glaube, daß die einzige Freiheit, die ich mir nahm, darin bestand, lange und kurze Vokale bisweilen willkürlich zu verwenden:
z.B.: 'Wirrhaar, nett
war hier nett.'
Der Dreifachschüttler in drei Silben:
'Du bist ein armer Narr. Weh, Hirt!
Und du denkst, daß ich harr': Nee, Wirt!' -
- der ist doch sicher auch recht lieb.
Und: Es gäbe noch allerhand Möglichkeiten, die mir aber nicht in die Geschichte paßten/pießen (- von der ich ausging, bzw. von Bildern davon - die natürlich stark von den Versen mitbestommen waren - oder wie immer ich das sagen soll.) Nein, auf die 'Nier-Haar-Wett' und auf 'Herta Wirr'n' will ich gerne verzichten. Ebenso auf das h als bloßes Längenzeichen. Einen kleinen Nachteil vom 'Hirten war'-Schüttelvers sehe ich, wie oben kurz gestriffen, in den Stellungsschwierigkeiten von w, aber auch von h.

Und endlich: Ich bin mir sicher, daß die famosesten Oto-Laryngologen nicht gleichzeitig auch die besten Sänger sind.

P.S.: Ein roh zu essender Floh als Arbeitslohn!-: Das gefällt mir froychl schon! 

Singularis porcus

Am Miste kräht der wilde Hahn.
Darob erfaßt Frau Hilde Wahn;
quäkt jener auf der Halde wie'n
Serpent, sie rennt zum Walde hin.

Drum sprech' ich Schwein zum Hahne wild:
Was treibest du zum Wahne Hild'?
Fehlt jener der bovine Halt1,
mein Wohnsitz wird der hine2 Wald.


1d.h. Wenn die Kuh nicht bleibt, wo sie ist...
2 Denn es ist zu gewärtigen, daß Hilde früher oder später im Wahne den Wald verwüstet.
Oink!

Berthold

#80
Zitat von: Berthold in 2006-12-17, 20:41:22
Ich weiß auch nicht, wohin das i bei 'Frau'n in Loh' gleich in der zweiten Zeile verschwindet.
Ach, bei der 'Baronin*, flau,' (wie auch immer sich eine solche betrage) tritt es wieder zu Tage. Die zwei Zeilen, hochgeschotz'ner Agricola, zieh ich Dir aber, bei und mit allem Respekte, ab.
Außerdem: Ich triüwe mich nicht einmal mit carus 'Rhapsodie über Neviges' im 10A-Autobus hervorzutreten. Befiärchte dabei zunächst jene Sätze, die mit 'Heasd, Oida...' anheben. Das Ende jedoch, das wäre wohl das Gragmme...

*Eher hätte ich von Dir ja einen 'Ronin (浪 人), flau' arwnart.

Agricola

#81
Lieber Berthold,

das mit "Frau'n in Loh" und "Baronin flau" ist eine Frage der Aussprache - mag sein, dass es in Wien nicht geht, aber in Berlin ist es vollkommen unproblematisch. Hingegen gingen die beiden Zeilen aus Deiner Schüttelei:
     Wer hat das bloß getan hier? Wer?
     Es schlucke, wer im Wahn hier, Teer!
in Berlin beim besten Willen nicht - man würde den Zusammenhang mit den anderen Zeilen nicht erkennen.

Ansonsten fällt mit bei Deiner Selbsteinschätzung als Poet nur die alte Weisheit ein:

Neminem cognovi poetam, quin ipse optimus sibi videretur.

Und ich halte es mit Amarillo (wenn ich mich recht entsinne), indem ich kein verstärktes Bedürfnis spüre, meine Verse in öffentlichen (oder öfentlichen) Verkehrsmitteln zu rezitieren.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

caru

Zitat von: Agricola in 2006-12-18, 05:38:39
Neminem cognovi poetam, quin ipse optimus sibi videretur.
...Nimis poeta es.
hoc valde vitium periculosum est.
et stanti legis et legis sedenti,
currenti legis et legis cacanti.
in thermas fugio: sonas ad aurem.
ad cenam propero: tenes euntem.
lassus dormio: suscitas iacentem.
vis, quantum facias mali, videre?
vir iustus, probus, innocens timeris.

ZitatUnd ich halte es mit Amarillo (wenn ich mich recht entsinne), indem ich kein verstärktes Bedürfnis spüre, meine Verse in öffentlichen (oder öfentlichen) Verkehrsmitteln zu rezitieren.
ich, nun ja, auch nicht. und gewiß wird ja das publikum im nächtlichen 10a-bus lieber gedichte über das f***en hören als über einen auch mir unbekannten wallfahrtsort ;)
(\___/)
(>´x´<)
('.')__('.')

Nijntje - de echte nederlandse konijn

Agricola

Zitat von: caru in 2006-12-18, 11:20:41
...Nimis poeta es.
hoc valde vitium periculosum est.
et stanti legis et legis sedenti,
currenti legis et legis cacanti.
in thermas fugio: sonas ad aurem.
ad cenam propero: tenes euntem.
lassus dormio: suscitas iacentem.
vis, quantum facias mali, videre?
vir iustus, probus, innocens timeris.


In einigen entlegenen Quellen dieses Gedichts ist noch folgende Zeile enthalten:

vicatim legis aut in omnibussen.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

amarillo

#84
Leute, waß Ihr hier so an Lateinischem abliefert ist gewiß allererste Sahne und zeugt darüber hinaus von überlegenem Intellekt. Aber gerade jetzt zur Weihnachtszeit, da sich doch die Herzen erwärmen sollen und auch der halb verblödete Nachbar aus dem Ruhrgebiet nicht ausgeschlossen werden darf, bitte ich um Übersetzung. Meiner untertänigsten Hochachtung für diese altphilologischen Intermezzi wird Euer Abstieg in die Niederungen des Laientums keinen Schaden zufügen - versprochen!
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

Agricola

#85
Neminem cognovi poetam, quin ipse optimus sibi videretur.

Ich habe noch keinen Dichter kennengelarnen, der sich nicht selbst als der beste erschiene.
Ich weiß nicht, von wem der Satz ist (Cicero?), vielleicht war's auch etwas unkorrekt aus dem Gedächtnis zitoren.

...Nimis poeta es.
hoc valde vitium periculosum est.
et stanti legis et legis sedenti,
currenti legis et legis cacanti.
in thermas fugio: sonas ad aurem.
ad cenam propero: tenes euntem.
lassus dormio: suscitas iacentem.
vis, quantum facias mali, videre?
vir iustus, probus, innocens timeris.

Das ist Horaz, und heißt in etwa:
Zu sehr bist du Dichter.
Das ist ein sehr gefährliches Laster.
Du liest dem Stehenden und liest dem Sitzenden,
liest dem Laufenden und liest dem Kackenden.
Ich fliehe in die Thermen: Du tönst mir ans Ohr.
Ich eile zum Essen: Du hältst den Gehenden auf.
Ich schlafe erschöpft ein: Du weckst den Liegenden.
Willst du sehen, wieviel des Bösen du anrichtest?
Obwohl du ein gerechter, anständiger, unschuldiger Mann bist, wirst du gefürchtet.

vicatim legis aut in omnibussen

Du liest in den Gassen oder in ... (der Rest ist kein Latein)
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Berthold

#86
Liebe Leut'!
Daß ich von mir als Poet nun gar so viel hielte, daß ich vielleicht gar miene, aus anderthalb Litern Gehirnmasse wäre weiß Gott was zu gewinnen, herauszudestillieren - das habt Ihr mir in die Schuhe geschoben. Menschen, die mein Auftreten hierorts kennen, lälchen dabei sowieso. Wenn ich aber etwas lese, bei dem's mir, wie's bei uns heißt, 'die Bock auszieht', dann melde ich das schon. Es ließe mir einfach keine Ruhe. Das ist auch eine Art Familientradition - und hat noch nix mit guten Gedichten zu tun. Wenn mich ein Gedicht berührt - wie etwa amarillos 'one-o-one' -, werde ich Euch das auch mitteilen.
Und daß ein deutlich ausgesprochenes 'warten hier' nix mit  '-tan hier? Wer?' oder 'Wahn hier, Teer! zu tun haben soll, ein 'Frau'n in Loh' aber dafür mit 'Launen froh' zu tun hätte, das halte ich für Gerüchte, Wiener Aussprache hin und Berliner her.
Das mit dem 10A war natchulr als, na sagen wir, Satire gemienen. Aber, daß Menschen unsere Sachen auch hören sesüllen, daß sie auch fürs Ohr klingen sollen, daran halte ich fest. Da unterschätze man auch das 'Publikum' im 10A nicht.

katakura

Zitat von: Agricola in 2006-12-18, 13:26:32
Ich habe noch keinen Dichter kennengelarnen, der sich nicht selbst als der beste erschiene.

... also ich schon ...

... die an sich selbst und ihrem können zweifelnden (nicht nur dichter) sind mir ohnehin lieber als jene, die keinerlei zweifel hegen, was sie selbst, ihr wissen und ihr tun angeht ... solch hochmut ist mir nicht nur suspekt, sondern wirkt zumeist auch lächlr ...
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

Agricola

Zitat von: katakura in 2006-12-18, 13:49:30
Zitat von: Agricola in 2006-12-18, 13:26:32
Ich habe noch keinen Dichter kennengelarnen, der sich nicht selbst als der beste erschiene.

... also ich schon ...

... die an sich selbst und ihrem können zweifelnden (nicht nur dichter) sind mir ohnehin lieber als jene, die keinerlei zweifel hegen, was sie selbst, ihr wissen und ihr tun angeht ... solch hochmut ist mir nicht nur suspekt, sondern wirkt zumeist auch lächlr ...
Ich glaube, genau das (zumindestens das im letzten Satzteil Gesagte) wollte Cicero (wenn er es denn war) damit auch sagen.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Berthold

Zitat von: katakura in 2006-12-18, 13:49:30
Zitat von: Agricola in 2006-12-18, 13:26:32
Ich habe noch keinen Dichter kennengelarnen, der sich nicht selbst als der beste erschiene.

... also ich schon ...

... die an sich selbst und ihrem können zweifelnden (nicht nur dichter) sind mir ohnehin lieber als jene, die keinerlei zweifel hegen, was sie selbst, ihr wissen und ihr tun angeht ... solch hochmut ist mir nicht nur suspekt, sondern wirkt zumeist auch lächlr ...
Und sesülle (nur als wangzes Beispiel) das mehrfache Überschlafen nicht zum Zweifeln zählen? - Na also.
Habt Ihr schon Schreibhefte gesehen, in denen nahe den unteren Ecken die Tinte im Schweiß zerronnen war? Ich schon.