Tmesis für Fortgeschrittene

Begonnen von Kilian, 2006-01-18, 21:07:02

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Bertl

Zitat von: Fleischers Karsten in 2006-01-20, 10:59:07
(...)
Hier wird bei der Konjugutz das Verb langsam von einer Seite auf die andere umgegossen, (...)
Lieber Karsten! Lieber Kilian! All Ihr Lieben!

Die "Konjugutz", die ich da vor wenigen Tagen vorschlug, war noch unausgeriffen (<Möglich, daß da verbal auch was geht; ich suche hier nicht danach.)

Auf daß bei der "Konjugation" eine Hintergrundgeschichte da sei, fällt mir ein Wort ein, daß auch beim althochdeutschen Konsonantenverschub, mitsamt den "Kilianschen Auflautregeln", möglich erscheint. Denn das "t" kann sich im Auslaut auch weiter als bis zu "(t)z" verschieben - das wir ja von der "Nation" her ohnehin kennen und das nun auch im "Kumpanutz", der Kombination, vorkommt -, nämlich bis zu Doppel-"s" oder "s".

Dann ergibt sich für das folgende Wort natürlich der simple, kleine "recessus narrativus", daß es jemanden gibt, der den Spaß hinter einer Konjugation versteht. "Ich kenn den Jux!"
Konjugation heißt dann:
"Kennjokus" (-ses, -se: masc.). Ich betöne es auf der zweiten Silbe:  

Selbst der tmetische Kennjokus,
ist fürwahr kein Hokuspokus.
Er ist auch nicht für den Lokus.
Flicht zum Frühlingskranz Dir Krokus!

Im Plural wäre der Ausruf "Jöh, die Küsse!" natürlich verlockend: also "Kennjöhküsse". - Die Küsse aber haben mit einer Konjugation wenig gemein. Ich rächte [kurzes "ä"] mich da doch nach dem "Krokus, Krokusse"-Schema - das freilich, laut Max Goldt (1997: "Darf man den Herbst duzen?"), auch nicht allen klar ist.
Plural, ausgeschrieben: "Kennjokusse"
Ich zitiere zum Abschluß Maxen: "(...) Das mischtonarme Geblümel wurde mir auch nicht durch die zähflüssige Scherzhaftigkeit [Scherzhäfte] sympathischer, die sich aus den alljährlich wiederkehrenden Gesprächen darüber ergab, wie denn wohl der Plural von Krokus laute. Ich mochte den Frühling nicht. (...)"




 

Bertl

... ein Wort ..., das ... möglich erscheint.

... Kennjokus
ist fürwahr...

Fleischers Karsten

Zitat von: Bertl in 2006-01-25, 18:18:15
Denn das "t" kann sich im Auslaut auch weiter als bis zu "(t)z" verschieben - das wir ja von der "Nation" her ohnehin kennen und das nun auch im "Kumpanutz", der Kombination, vorkommt -, nämlich bis zu Doppel-"s" oder "s".

Dös ist mir auch gerade faufgeallen, als ich nalm ein kleines Programmerl schrieb, welches den althochdeutschen Lautverschub (für die Konsonanten) durchführt. Kombination ward da doch zu Kchompinassion.
Karsten

Fleischers Karsten

...und was machen wir aus der Deklination?

Ein Teichlein, Tüchlein, Tachlohn?
Karsten

Fleischers Karsten

Reparation -> Raper -> Raffer

Die Siegermächte, diese Raffer, verlangen auch noch Wiedergutmuch von dem Ländle was sie plattgemochen haben.
Karsten

Bertl

Zitat von: Fleischers Karsten in 2006-01-25, 18:51:58
Kombination ward da doch zu Kchompinassion.
Dieses Kch- (ich bezieh mich nun auf den Anlaut) ist heute zum einen auf südbairische Dialekte beschronken: Bayern: Werdenfelser Land; Osttirol, große Teile Nordtirols und Südtirols, bairische Sprachinseln in Norditalien; Schweiz: Samnaun; Kärnten (hier eher Kh-; aber "h" "kehliger" als in der deutschen Bühnensprache oder bei (z.B.) "K(h)affää" in Niederösterreich), Teile Salzburgs (vor allem der Lungau), Teile der Steiermark.

Noch weiter verschoben kann der Laut im Alemannischen sein, wo er bis zum Schweizer Ch- im Anlaut reicht. Ob das K- gar irgendwo zu H- geworden ist - etwa in irgendeinem "Ultrawalser Höchstalemannisch", weiß ich nicht. Beim Alemannischen kenn ich mich nicht aus.

Das war soeben nicht nur Bildungsblabla, - wenn sich auch meine eigenen Dialektaufnahmen (unpubl.) auf Orte am Weissensee/Kärnten beschronken. Hexengeschichten etwa gab's dort zu hören (Gewährsfrau: Elisabeth Rindler/Oberdorf), das hieltet Ihr nicht für möglich! A. D. 1981!
Dialogfetzen am Stammtisch beim "Kolbitsch"-Wirt(en) in Oberdorf; ohne Lautschrift ungefähr: "Khriass ti Goutt (Kout), Puerschi, hoschsch a Frau (retroflexes, "amerikanisches" 'r'! Das 'au' zentraler als im Hochdeutschen, fast 'äü') wo(u)l aa tapai?" - [Einwurf:] "Weart ar wo(u)l hoobn, pan Hirn ausnschwitssn khonn ar s joo niit!" (NB: Damals beglitt mich keine Frau.)
Das "Khriass" für "Grüß(e)" ist eine kleinerräumige Besonderheit, das "kh" in "khonn" (kann), das ist das althochdeutsche "Kh-",  um das es hier ging.
Verzeiht mir die Abschwiffe, aber wenn es um österreichische Dialekte geht...




Bertl

Zitat von: Fleischers Karsten in 2006-01-25, 18:58:24
...und was machen wir aus der Deklination?

Ein Teichlein, Tüchlein, Tachlohn?
Lieber Karsten!
Krawutzikaputzi! Du stulchest mich an! Ich hab's gestern Abends lang in einer Pizzeria gewolzen. - Ein Ideedscherl hätte ich da jetzt schon. Das will aufberitten sein:

A) Die Verse
(Sechshebige Jamben, denn vierhebige drangen schon bis in die härteren Tageszeitungen vor)

Ein Phyllologe (= Jemand, der nach Worten blättert) wätzt ksch! lug:

Auf ,Mensch', auf ,Lerche' fänd' ich Reime, - doch auf ,einus'? ...
In Dschöamen noch dazu – and not the English 'minus'. ...
Ich übersotz recht viel, selbst einen Spruch der Ainus;
ein Hode ihres heil'gen Bären heißt dort ,Weihnuss'.
Der Wein auf Scherz-Latein klingt haargenau so: ,Weinus'.
Ein Reim noch! – Hieß' der Gottseibeiuns ,Gottseibeinus',
früg' ich euch nur noch nach des Teufelsworts DIEKLEINUS.

B) Der ,,recessus narrativus"

Im Germanistenjargon des 19. Jahrhunderts nannte man (,man', das waren backen-, voll- oder rauschebärtige alte Professoren), der unterschalden Schweirick folgend, die Konjugation ,Die harte Nuss', die Deklination dagegen ,Die weiche Nuß'. Ein paar sprachen auch von einer ,großen' und einer ,kleinen Nuß'. Das heißt, sie sprachen so vorm so genannten gemeinen Volke, in solch Volk bildenden Vorträgen etwa (Gab's die oft?), welche sie in Fräcke[r]n, Plastronen, Vatermördern und schwarzen Schleifen abhielten. In kleineren Fachkreisen - nun gehollen in etwas salopperes
,Gewölle' (JägerInnen und Ornit[h]ologinnen beuteln nun gewiss die Schädel) - blus man sich selbst vor der Konjugation des Thoytschen auf, beschmunzelte sie als den ,Kennjokus' – von ,,Ich kenn den Jux!"
  Die Deklination miech man überhaupt herunter, behielt die ,kleine Nuss' im Jargonnamen bei und hing dem Wort damit – als bodenloser Sexismus war's gemienen, doch es entsprach halt den Nüssen – gar das Femininum an.
  Insgeheim nacken freilich einige vor sich hin: DIE kleine Nuss, die ist auch nicht gar so klein – und weich schon überhaupt nicht. Dieses anerkennende ,Die' ward – wohl ein Unikum in der deutschen Sprache – später fest mit dem Hauptwort verknopfen, verschwissen.

C) Erkläre/Erklüre

Nur zwei Laute muss ich überhaupt erklären: Das ,D' im Anlaut und das darauf folgende ,IE'.
  Sesülle man nicht meinen, germanisches ,d' entwölcke, ja sogar entwickle sich im Anlaut im Althochdeutschen zu ,t'? Etwa Englisch ,deep', Deutsch ,tief'. Meistens schon, aber die Schreiber der Handschriften waren hier nicht konsequent. Ich beziehe mich nicht einmal auf rheinfränkische Quellen, denn die sind sowieso nördlich angehuchen. Aber was im ostfränkischen ,Tatian' sein dedurf – diuri/ ,teuer', duri/Tür', duon/'tun' -, das darf auch in fratris Bertholdi (Ratisbonensis?) cellula geschrieben werden.
  Beim ,ie' habe ich mich auch im Vokalismus an den Althochdeutschen Lautverschub und nicht an die ,Kilianschen Auflautregeln' gehalten. Das darf ich erst recht! Das ,ie (ia)' ist jenes, das sich aus dem germanischen langen ē² herleitet: z.B. hēr>hiar, hier/,hier'; mēta>miata, mieta/,Lohn, Miete'. Gerade in alten Lehnwörtern aus dem Lateinischen finden wir diesen Wandel: z.B. tegula>ziagal, ziegel; breva>briaf, brief; speculum>spiagal, spiegel; febris>fiebar. Die Landschaft ,Ries' bei Nördlingen kommt von lat. Rhaetia (Beispiele aus Braune / Eggers (1975): Althochdeutsche Grammatik). Noch im Mittelhochdeutschen wurde der ,ie'-Laut als Diphthong ausgesprochen. Im Neuhochdeutschen ist ,ie' bekanntermaßen ein langes ,i'.

  Ich bin also zu Deklination > Diekleinuss, 0, -nüsse (wie Nuss gebugen) berochtegen. Betunen (>Verse) auf der zweiten Silbe.      

Bertl


Bertl

Zitat von: Bertl in 2006-01-25, 20:00:35
Orte am Weissensee/Kärnten*
*Belo Jezero/Koroška
Das war mein politischer Beitrag.

Bertl

Zitat von: Bertl in 2006-01-26, 11:47:51
Nur zwei Laute muss ich überhaupt erklären...
Das 'k' kann nicht zum 'ch' werden, weil es am Silbenanfang (bzw. am Wortanfang nach einer Vorsilbe) steht.

Fleischers Karsten

Zitat von: Bertl in 2006-01-25, 20:00:35
Dieses Kch- (ich bezieh mich nun auf den Anlaut) ist heute zum einen auf südbairische Dialekte beschronken: (...)

Ja. Die Quelle, die ich verwandt, um meine Progrämmchen zu schreiben, erwähnt dies nur in einem Satz:

Die k>kch-Verschiebung fand nur im südalemannischen Bereich statt. ("Kind-Kchind-Linie").

Ich werde mein Programm um eine Option erweitern, so dass es entweder K oder Kch erzeugt.

Teilweise wurden ja wohl auch w, v und f nach b verschoben.
Damit kekünne man aus dem Pazifik eine Pfützibach machen...
Karsten

Bertl

Lieber Karsten!
Meine Hauptbeiträge sind #51 und #50. Weil ich all[e]weil so penibel korrigiere, schieb ich die Schriebe oft ein gutes Stück hinauf.

Bertl

Zitat von: Bertl in 2006-01-26, 12:09:17
Lieber Karsten!
Meine Hauptbeiträge sind #51 und #50. Weil ich all[e]weil so penibel korrigiere, schieb ich die Schriebe oft ein gutes Stück hinauf.
Hauptbeiträge? - Na ja, von neulich halt und so...

Bertl

Zitat von: Fleischers Karsten in 2006-01-26, 12:01:49

Die k>kch-Verschiebung fand nur im südalemannischen Bereich statt. ("Kind-Kchind-Linie").
Gemienen ist hier wohl die 'Kchind-Chind-Linie'.
  Deutlicher als im Anlaut kann dieses 'kch' im In- (ein Sprachatlaswort: 'trinken') oder im Auslaut sein. Ich erspare mir, nun nachzulesen, wo und wann es zu 'ch' (weiter)verschoben wurde.
  Nur eine Wanzack, die mir unlängst selbst begong; Da hat mir der Otto hier in der Arbeit die Farbkopie eines Blattes einer alten Urkunde (14. Jhdt.) aus Niederösterreich gegeben, mit der Bitte, ob ich da irgendwas herauslesen könne. Unklar blieb vor allem ein Wort, das später ein Germanist und Ortsnamenforscher (der Dr. Karl Hohensinner) einfach als "Rockch" (für Männer) erkannte. Gegenwärtig heißt der Rock aber in Niederösterreich (dem Bundesland, das Wien umgibt) nirgendwo mehr "Rockch", sondern "Roog" oder auch "Ro(u)g". Das wäre ein Beleg dafür, daß dieses 'kch' sogar noch im späteren Mittelalter an Raum verloren hat (sich sozusagen nach Süden zurückzog, was ja eh bekannt ist), es sei denn, der Schreiber wäre etwa aus Tirol in die Umgebung von Pöchlarn gekommen.

Bertl

Zitat von: Bertl in 2006-01-26, 11:47:51
&#275;²
Was hier das Programm verhonz ("Hähähä!"), ist das lange germanische e².