Verbzeuge

Begonnen von Fleischers Karsten, 2006-06-14, 22:15:34

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Agricola

Aus der "Töffel" lässt sich rückwärts das Verb "tecken" erschließen, das nach einem mir von meinem Großvater überlieferten Gedicht die Tätigkeit des Mitdergabelsuppeundmitdemlöffelfleischessens bezeichnet.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Kilian

Zitat von: Agricola in 2006-06-28, 04:53:00taufen - Teufel

Du meinst, der Teufel ist ein Werkzeug der Kirche, um die Menschen zur Taufe zu bewegen? :D

katakura

#17
... im zuge der von uns angestrobenen verkomplizur des deutschen kam mir gerade angesichts des verbs ,,fleuchen" eine hübsch blöde idee ... wie wäre es, wenn man analog dazu alle verben auf -iegen umwälnde zu -euchen? ... man bälde gälnz neue verben, deren formen sich recht hübsch anhoeren:

fliegen: fleuchen – fleucht – floch – flöche – fli(e)ch – geflochen
liegen: leuchen – loch – löche – li(e)ch – gelochen
schmiegen: schmeuchen – schmoch – schmöche – schmi(e)ch – geschmochen
biegen: beuchen – boch – böche – bi(e)ch – gebochen
siegen: seuchen – soch – söche – si(e)ch – gesochen

... vor allem der neue imperativ klingt so, wie thüringer und sachsen ihn ohnehin schon immer aussprechen :D ...
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

Berthold

#18
Lieber katakura!
Ich bin jetzt zu faul, in meiner 'Cellula scrutorum sapientiae' (dem 'Baumhaus') unter all den Papieren mein Etymologiebüchl (eines meiner Etymologiebüchln) hervorzukramen. Freilich kenne ich kriechen und kreuchen ('Alles, was da kreucht und fleucht'). Aber ob nun fleuchen warlk zu fliegen (fleugen) gehört - und nicht doch zu fliehen? Ging's freilich um dahinseuchen (das könnt's ja warlk geben), oder um kneuchen, zeuchen..., dann wäre ich gleich dabei, entzööche mich nicht. Gewiß fielen mir auch wieder Kennjokusse zu Hauf ein, aber solang da immer noch einiges Pfuhrohteikmuttes (Wenn Du das nicht verstündest, dann kökünnest Du die Amy fragen!) beim Kilian, quasi nur als potentielle Energie, archivoren ist (eh erst seit höchstens achteinhalb Monden), mach ich DAMIT nicht weiter.
Das war jetzt freilich ein Witz, nur ja kein Vorwurf an die 'Gesellschaft für Beinkleider, Animalpoesie und geflügelte (geflolg'ne) Diekleinüsse'.
           - - -
Gewiß, gewiß, da gäb's ja wohl (obwohl nur orthographische Varianten) auch bläuchen, gläuchen, (sich) mäuchen, spräuchen und verbräuchen. Tja - und erst drohen - dreuen; lohen - leuen...
Danke, lieber katakura, das war anregend! Vielleicht bräuchst (oder gar breichst)/brööchest Du Dir einen guten Kaffee - ?
Herzlichst!
Der Berthold    

katakura

#19
hallo berthold,

ich hab' rasch bei den grimms nachgeschlagen und pflichte dir bei: fleuchen gehört zu flüchten ... die gebrüder schreiben:

FLEUCHEN, in tutum perferre, flüchten: und jagt in schlechts auch vom himel und aus dem geist, dahin doch in die schwermer gefleucht hatten als in eine feste burg. LUTHER 3, 360a.

... aber was verschlägt's, wenn es von flüchten kommt, wir gebrauchen es doch heute für "fliegen" ... von daher kekünne man (nur um der blöden idee willen, stets logisch ist sprache und sprachbildung ohnehin nicht) schon auch die anderen verben auf -iegen dementsprechend neubilden, oder? ...

... nun, aber - wie von dir vorgeschlagen - zum braunen gebräu ('s ist in der tat die beste zeit) :D

片倉 --> singt (schön falsch freilich):

"Ei! wie schmeckt der Coffee süße,
Lieblicher als tausend Küsse,
Milder als Muskatenwein.
Coffee, Coffee muß ich haben,
Und wenn jemand mich will laben,
Ach, so schenkt mir Coffee ein!"


... gegen einen bordeaux als alternative hätte ich indes auch nix einzuwenden ;)
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

Berthold

#20
Sag, katakura, weißt Du, von wem der Text dieser Bachkantate ist?
Ich schreib lieber diese Frage her, als daß ich gleich ins Internet nachwassern und nachnasern ginge.

katakura

Zitat von: Berthold in 2006-08-18, 16:01:00
Sag, katakura, weißt Du, von wem der Text dieser Bachkantate ist?
Ich schreib lieber diese Frage her, als daß ich gleich ins Internet nachwassern und nachnasern ginge.

... als alter bachfreund und einstiger wahl-leipziger meine ich mich erinnern zu können, daß der text von christian friedrich henrici ist, der sich auch picander nannte ...
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

katakura

... jepp, es stimmt: hab's gerade in der wikipädie nochmal nachgeschlagen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Friedrich_Henrici
Toleranz ist vor allem die Erkenntnis, dass es keinen Sinn hat, sich aufzuregen. (Helmut Qualtinger)

Berthold

#23
Zitat von: katakura in 2006-08-18, 16:03:40
Zitat von: Berthold in 2006-08-18, 16:01:00
Sag, katakura, weißt Du, von wem der Text dieser Bachkantate ist?
Ich schreib lieber diese Frage her, als daß ich gleich ins Internet nachwassern und nachnasern ginge.
... als alter bachfreund und einstiger wahl-leipziger meine ich mich erinnern zu können, daß der text von christian friedrich henrici ist, der sich auch picander nannte ...
Ich dank Dir schön! - Da gab's unlängst einmal in meinem Stammcafé eine kleine Fragerei, wer denn nun die Texte der Bachchoräle... Ich bin ja eher Schubertianer...

VerbOrg

#24
Im ersten Beitrag much Karsten darauf aufmarks, dass das Wort Sessel aus sitzen gebolden ward.

Ein "essel" ist das, worin man eine Tätigkeit, das dazu gehörige "itzen" ausübt.

Ich finde, da geht noch was:

schwitzen - der Schwessel (z.B. die Sauna)

flitzen - der Flessel (z.B. ein Fußballstadion)

stibitzen - der Stibessel (Ort, an dem was geklauen wird, z.B. eine Bank, eine Gemäldegalerie oder Vaters Weste, in der er die begohrenen Autoschlüssel aufbewahrt)

kibitzen - der Kibessel (Ort, an dem sich die Sonntags-Skatrunde trifft)

blitzen - der Blessel (z.B. ein Fotostudio, kann aber auch eine Verkehrskontrolle sein)

erhitzen - der Erhessel (wahlweise ein Topf, Teekesselchen, Wasserkocher oder eine Mikrowelle)


anders herum:

nitzen (von Nessel)
sich in die Nesseln gesotzen haben

fitzen (von Fessel)
gefolssen sein

kitzen (von Kessel)
ich wollte schon immer mal wissen, wo die kleinen Rehe herkommen

amarillo

Geht das auch mit anderen Stammvokalen - mal sehen:

Drossel --> drotzen
Dussel  --> dutzen
Rassel --> ratzen
Pissel --> pitzen

jau, klappt - phantastisch!
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

VerbOrg

Die Frage ist nur, ob man den Stammvokal beibehalten kann.

Bei Sessel => sitzen hat man ja eine Vokaländerung, die im Beispiel Pissel => pitzen wegfällt.

Müsste man ggf. umlauten?

Drossel => drötzen
Fussel => fützen

Ginge dann

Pissel => pïtzen?

Damit bringst du mich aber auf die Idee:

Spressel => spritzen

Agricola

Die Regel könnte man doch auch verallgemeinern, indem man das -n starker PPPs durch ein -l austauscht:
gesessen: der Sessel usw.
gelassen: der Lassel (ein Behälter zur Aufbewahrung aller möglichen Dinge, die man nicht mit sich rumschleppen will)
der Schriebel: Schreibtisch
der Fundel: Fundort
der Fahrel: Fahrzeug
der Trunkel: Kneipe
der Butel: Kirche
der Standel: Stehplatz
der Sprongel: Stollen
der Spazorel: Park
der Mordel: ein Turmverlies in Eisenach
usw.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

Agricola

Ich hatte den Beitrag eben ohne die Lektüre der vorigen beiden geschrieben. Ist also ein Alternativvorschlag.

Im übrigen wäre nach meinem Vorschlag die Form zu erhitzen nicht Erhessel, sondern Erhotzel.
The future lies in front of me,
but "lies" is all that I can see.

VerbOrg

Das spaßt.
Und bei all den Substanzen auf -ssel, zu denen wir keine Verben haben, können wir dann frei rückzüchten.