Konsonantenverschiebung

Begonnen von Arnymenos (unlogged), 2005-02-09, 15:27:48

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Arnymenos

best: steh erst verb
mach verständlich das, struktur von satz
ist frei von nicht nötig form

Ly

Zitat von: versucher in 2005-05-10, 11:33:39
Eins davon wollte ich auch fragen: Ist Kreolisierung eine Vereinfachung? Schließlich sind die romanischen Sprachen auch Kreolisierungen des Lateinischen.

... und sehr viel einfacher als Latein.
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

Ly

Zitat von: Arnymenos in 2005-05-10, 10:45:19
Nootka hat ja erfrischend übersichtliche Vokale *gg* Da haben die also gespart. Das Deutsche hat immerhin 16 plus vokalisches R (LehrER) plus 3 echte Diphtonge plus ca. 15 Diphtonge mit vokalischem R (i:r, Ir, e:r, ...).

Manche Sprachen können 1000 Silben bilden, und ich glaube es war Thai, das 25000 verschiedene Silben erlaubt.

Wieviele sind das denn bei uns?
Zitat von: Arnymenos in 2005-05-10, 10:45:19
Stellen wir fest, dass Sprachen dann einfacher werden, wenn sie in Kontakt mit anderen Sprachen stehen [...] Deutsch in Berlin-Kreuzberg?

;D ;D ;D

Ey guckstu habisch konkret fettes Vereinfachung!

Zitat von: Arnymenos in 2005-05-10, 10:45:19

Oder ist es die Gesetztheit einer Sprechergemeinschaft, welche die Ecken und Kanten der Sprache langsam abschleift (Spanisch)?

Also, mit meinem noch nicht mal ein Jahr alten Spanisch verstehe ich das Cantar del Mio Cid eigentlich überraschend gut...

Zitat von: Arnymenos in 2005-05-10, 10:45:19
Oder ganz anders gefragt: Wenn Sprachen immer nur einfacher werden, können wir uns dann in 200 Jahren noch unterhalten, und das überhalb des Blöd-Zeitungs-Niveaus?[/color]

Wenn es mit der Volksverdummung so weiter geht, wollen wir uns in 200 Jahren gar nicht mehr oberhalb des Bild-Niveaus unterhalten...
It isn't always how you look. Look at me. I'm handsome like anything, and I haven't got anybody to marry me yet.

Arnymenos

Okay, dann versuche ich die Frage mal zu beantworten: Wie viele Silben gibt es im Deutschen?

Eine Silbe besteht aus Anlaut, Gipfel und Auslaut (Onset, Peak, Coda im Angelsächsischen). Manchmal behandle ich etwas als einen einzelnen Laut, das aber nach zweien aussieht. Bei "z" und "x" seht ihr das Motiv dafür. Ich habe auch schon ein p mit Hacek gesehen, fürs pf :)

Im Anlaut stehen an Einzellauten (alle dt. Konsonanten außer N0: p,b,pf,f,w,m,t,d,ts,z1,S2,n,l,r,k,g,ks,C3,j. insg. 18
selten: tS
An Doppellauten: {p,b,pf,f,S,k,g}+l,{p,b,pf,t,d,S,k,g}+r, kn, Sn, tsw, kw
An seltenen Doppellauten: pn (Pneu...), tm (Tmesis), km (Khmer), wr (wringen, Wrack)
An Dreifachlauten: Str,Spr,Spl
Einige davon sind sehr selten, andere kommen nur in Fremdwörtern vor. Rechnen wir mit ca. 40.

Im Silbengipfel stehen die oben aufgelisteten Vokale und Diphtonge, also ca. 20 (das r behandeln wir mal als Konsonanten; dafür kommt vielleicht das "ey" bald in unserer Sprache an).

Im Auslaut wird's kompliziert. Der ist bekanntlich verhärtet:
Einfach: p,pf,f,m,t,ts,tS,s,S,n,l,r,k,ks,C/x4,N. insg. 16
Doppelt: {r,l}+{p,f,m,t,ts,s,S,n,C}, ft, m+{p,pf,t,s,S}, rl, {C,kt,ks,p,s,S}+t, n+{t,ts,s,C}, Nk. insg. 35
selten: sp

Ein paar Beispiele für noch mehr:
Dreifach: {r,l,m,n,p,C,N}+st
Vierfach: rnst, rpst
Da steckt dann oft WortFORMbildung dahinter, wir können also keine neuen Stämme daher kriegen. Echte Stämme mit so vielen Konsonanten sind (relativ) selten; deswegen zählen wir die mal nicht mit, und rechnen mit ca. 50.

Ohne all das, was ich vergessen habe, können wir ca. 40x20x50 = 40.000 Silben bilden. Dabei sind sehr viele unaussprechbare, weil ich Gipfel und Auslaut nicht voneinander abhängig gemacht habe ("Baunk" geht nicht, oder?). Es sind aber erschreckend viele. Ich hätte auf maximal die Hälfte getippt.


Uff! Das war eine schwere Geburt. Ich brauche eine Pause.



0) ng
1) stimmhaftes s
2) sch
3) (i)ch
4) (a)ch

Kilian

Zitat von: Arnymenos in 2005-05-10, 10:45:19
Stellen wir fest, dass Sprachen dann einfacher werden, wenn sie in Kontakt mit anderen Sprachen stehen (Pidgins, Kreolsprachen, keltisches Vulgärlatein, iberisches Vulgärlatein, italisches Vulgärlatein, Deutsch in Berlin-Kreuzberg)?

Oder ist es die Gesetztheit einer Sprechergemeinschaft, welche die Ecken und Kanten der Sprache langsam abschleift (Spanisch)?

Oder ganz anders gefragt: Wenn Sprachen immer nur einfacher werden, können wir uns dann in 200 Jahren noch unterhalten, und das überhalb des Blöd-Zeitungs-Niveaus?

Kommt drauf an, was du mit "einfacher" meinst. Das Abschleifen von Ecken und Kanten, wie es durch Kontakt mit anderen Sprachgemeinschaften passiert, dürften eigentlich keinen Verlust an Niveau zur Folge haben, solange die Sprache nicht ausstirbt.

Was meinst du mit "geht nicht"... ich kann Baunk schon aussprechen, aber besonders deutsch klingt es nicht, das stimmt.

Arnymenos

"Baunk" sollte als überschwere Silbe unmöglich sein. Aber das Deutsche ist für sowas aufnahmefähig, wie's scheint.

MrMagoo

#51
Zitat von: Arnymenos in 2005-05-08, 22:36:39
Das Vereinfachungsargument führt mich direkt zu einer Frage an dich: Denkst du, dass die Sprache unserer Vorfahren "schwieriger" war? "unregelmäßiger"? Mit mehr Suppletivformen?

Nein, jein, ja.
Ich denke nicht, daß die Sprache unserer Vorfahren "komplizierter" war, jedenfalls nicht im Ganzen - wir hatten doch dazu schon einen Faden lang diskutiert... muß ich später mal nach wühlen; ganz knapp:
"Vereinfachung" auf der einen Seite hat meist auch Änderungen auf anderen Ebenen der Sprache zur Folge (Beispiel: Das Englische hat in der Substantivflexion die Fälle fast vollständig aufgegeben, diese "Vereinfachung" hatte zur Folge, daß die Wortfolge strikt gergelt werden mußte, sonst gäb's Mißverständnisse. etc)

Also "schwieriger" war sie nicht, "unregelmäßiger" war sie vielleicht, aber wenn, dann nur in Bezug auf die heutige Sprache, denn in sich war sie sicher nicht unregelmäßiger: Bis zu einem gewissen Grad muß Sprache gewissen Regeln folgen (seien sie auch noch so wirr), damit sprachliche Kommunikation überhaupt möglich ist.
Zu den Suppletivformen kann ich nicht viel sagen, ich denke schon, daß es derer in früheren Sprachstufen mehrere gab - sie haben aber sicher dem ökonomischerem Prinzip  der Flexion Platz gemacht.



ZitatEine Eigenschaft von Sprache ist, dass sie für alles eine offene Klasse hat. Im Beispiel: Ein neues Verb ist immer zu einem Paradigma erweiterbar. Diese offene Klasse ist bei unseren Verben die schwache, und im Allgemeinfall sollte sie "regelmäßiger" sein als andere Klassen. Nur mit analogen Bildungen bzw. abstrakten Bildungsregeln (beide könnten auf das selbe hinauslaufen) kann man ein neues Verb für alle verständlich verwenden. Meine Behauptung ist, dass keine Sprache ausschließlich suppletiv arbeiten kann.

Dies ist jetzt nur eine Vermutung und zudem meine persönliche Meinung, aber:
Doch, das glaube ich schon, daß das geht - es wäre nur absolut unökonomisch und der menschliche Organismus vielleicht damit überfordert.
Theoretisch gesehen ginge das meiner Meinung nach trotzdem.
Ich kenne mich leider nicht mit den asiatischen Sprachen aus, dennoch gibt es, soweit ich das behalten habe, beispielsweise im Chinesischen Unmengen an Suppletivformen.
Wâ mag ich mich nu vinden? wâ mac ich mich nu suochen, wâ? nu bin ich hie und bin ouch dâ und enbin doch weder dâ noch hie. wer wart ouch sus verirret ie? wer wart ie sus zerteilet mê?
(Gottfried von Straßburg)

Arnymenos

Wie erfinden die Chinesen dann neue Wörter?

Affixe haben sie nicht, Morphologie auch nicht. Es gibt ein paar wenige Partikeln. Ich denke, deren Regelfall ist, die Wortart au dem Kontext zu erschließen. Ein neuer Wortstamm wird einfach gar nicht flektiert und damit hat es sich. Das ist mir offene Klasse genug.
Suppletivformen sind ja nicht vorhersagbar (denk ich mal, wäre ein sinnvoller Definitionspunkt). Wären sie die einzige Möglichkeit, dann könnte man ein neues Wort gar nicht in allen Formen verwenden. Das ist unproduktiv, und Sprache muss produktiv sein. Ausnahme: Tote Sprachen; Altgriechisch ist nicht mehr produktiv. Ausnahme dazu: rauchein.

Kilian

Solange es noch kleine Kreise gibt, die eine "tote" Sprache pflegen, ist auch deren Produktivität keine Grenze gesetzt. Es gibt z.B. lateinische Konversationsklubs und demzufolge auch lateinische Wörter für Telefon und Motorrad, sogar im Langenscheidt.

Arnymenos

dia touto to paradeigma. Hellenikos.
Daher das Beispiel: Griechisch

VerbOrg

Zitat von: versucher in 2005-05-10, 11:33:39Und zur Einfachheit: Leute wie Wolf Schneider betreiben darüberhinaus eine (m. E. zweifelhafte) professionelle Vereinfachung der Satzstrukturen zugunsten einer "Verständlichkeit". (Er lobt einsilbige Wörter, aber das schadet der Vielfalt!)
Der Mann bezieht sich hauptsächlich auf die Sprache der Medien. Und deren Ziel sollte es nicht sein, sich in hochgestolzenen Formulierungen zu ergehen, unter dem Motto: "Sehr her, ich bin viel schlauer als ihr und beherrsche viele Langwörter", sondern Inhalte rüberzubringen. Einen Zeitungstext, bei dem man in einem Satz mehrere Fachwörter liest, die man alle erst im Lexikon nachschlagen muss, würde man nach wenigen Augenblicken wieder weglegen. Der Zweck der Zeitung, zu unterrichten, ist damit nicht erfüllt.
Die Kritik an langen Wörtern und Sätzen hängt mit der Aufmerksamkeitsspanne eines normalen Menschen zusammen, der sich einfach nur informieren will.
Wolf Schneider geht es m.E. hauptsächlich darum, dass die Sprache auch dazu geiegnen sein muss, den ihr zugedachten Zweck zu erfüllen.
Das heißt: Fachwörter in Fachkreisen benutzen und sich ansonsten so ausdrücken, dass auch der Laie versteht, worum es geht.

Damit sagt er noch lange nicht, dass der Leser/Hörer/Zuschauer mit einem Deutsch konfront georen werden soll, das selbst vierjährige Kinder verstehen. (Eine Philosophie, die man allerdings leider sehr oft bei privaten Radio- und Fernsehsendern findet.)

Norbert Mappes-Niediek

Der ostwestfälische Ort Bad Salzuflen wird in der gesamten Region "Salzuffeln" ausgesprochen. Ein Fall von Liquida-Metathese, wie im Slawischen (Milch - mleko) oder im Niederländischen (presse - pers).

Arnymenos

Liquida-Metathese wie die genannte finde ich durch den Schwa-Vokal begünstigt. Die Aussprache der unbetonten Silbe liege irgendwo bei [zalts'ufln], also mit silbischem L, vermute ich.

Gestern gooolg ich nach recyclebar vs. recycelbar. Ersteres ist ein wenig häufiger. Hier spräch' ich niemals von einer Metathese, das ist nur orthographische Konvention. Wer süge schon [rIsaIklebar]?

amarillo

#58
Siehe spanisch corbata (Krawatte) und cocodrilo (Krokodil)
Das Leben strebt mit Urgewalt nach Entstehung und Musik.

FinnCrisp

Das mit dem Kokrodil kannte ich noch nicht!

Aber ich habe schon mehrere Amerikaner intregal statt integral sagen hören.

PS: Ist das eigtl. korrekt - "sagen hören"? Oder sagt man "sagen gehoren"?