Ϭhakespeare

Begonnen von Vorbeischauer, 2024-12-05, 17:34:22

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Vorbeischauer

Mal wieder etwas Umfangreicheres:

Bis anhin ist das Neutsche ja eher in der komischen Dichtung Bereiche bekannt, wohingegen ernstere (traurige, philosophische usw.) Inhalte nicht immer, aber oft zu kurz gekommene. Was wäre aber bessere geiengen, um daran etwas zu ändern und den Beweis zu führen, dass sich das Neutsche durchaus für ernste Stoffe eignet, als eine Übersatze bekannter und anerkannter dichterischer Werke? Es folgt daher ein Übertrag der ersten drölf Shakespeare'schen Sonette, in wohl schon zielm deuhochneutscher Sprache und etwas extravaganter Rechtschreibe (mit gegebenfalliger Molg einer späteren Erwirt...):

Ƿilliam Ϭhakespeare: Sonette

1. Erstes Sonett

Vernlingt durch uns nicht Ϭchönsteno Vermuhr,
damit der Ϭchöne Rose nie verlürne,
wenn fort die Zeit das Reif're räfft, man nur
des zarten Erben dank sich sein erꜣürnne?
Doch Du, der, eig'nem Aug' vertralg verpflochten,
sein Licht zu nähr'n Wachs- deinzem -vonner hölbst,
mächst Vor- den -Rat zu Mangel und vernochten,
und Dich zum Ϭchinder Deinem süß'ren Selbst.
Dze Zeits bist höchste Zier der Weltenſtatt
Du, Freudenlenzes aller-Hehr-sto -Oldo.
Doch eig'nez Knöspin birgst Du deine Satt
und ſpärst Dich noch ums Leben, Knaus'ro holdo!
Lass mit die Welt Dich leiten, rass nicht verp
dit gfrächen Grabt ihr Eigen joch dein Erb'.

2. Zweites Sonett

Wenn zwanſtieg Wintrje Augen- Deine -Brauen
belag'rert, durch das Ϭtirnfeld furchent Ϭchützen-
die -Gräben, Uni- – wiewohl ſtolz zu ſchauen
– die -Form der Jugend wertlos wird zerfitzen:
Wenn man nach Deiner Ϭchön' Verbleib' dann fräget
joch lust'ger Tago Ϭchatz, so wär's verzehren-
de Ϭchand', unnütze Ehre, wenn man säget,
dass tiefversunk'ner Äuck'ninnens sie wären.
Wie ruhm- memüg's Dich -voll'ren doch gebräuchen
der Ϭchönheit, wenn Du ,,dieses ſchöne Kind",
kekünnest sagen, ,,ist Beleg joch Zeichen"
der meinen Ϭchönheit, worin seine gründt",
dass Dich Dein Kind neu, ärltst Du einst, erschüfe,
ihm warm Dein kaltes Blut den Leib durchliefe.

3. Drittes Sonett

Dzum Ϭpiegeleine sieh, ſprich seinzum Ʞsichten:
Nun sei ihm an der Zeit, ein zweits zu zeugen.
Dass Du nicht willst sein Sein nun Neuit richten,
wird einer Mutter joch der Welt dich träugen.
Die Ϭchöne, deren ungepflog'ner Ϭchoß
sich nicht von einem Kerl wie Dir ließ' pflügen,
wo ist sie? Und wer er, der nachkunftslos
wewüll' dze Grab aus dummer Selbstsucht liegen?
Du elst ja deine Mutter ſpieg, die Ϭpieg-
lins ihren früh'ren fröhlen Frühling sieht:
Wirf Alters- drum dzum -Fenst'rendurch den Blick,   
blick, wirfst Du Falten auch, an Deine Blüt'.
Doch lebst Du, ohne dass Erꜣurnn Dir gült',
ſtirbt, ſtirbst Du ledig, mit Dir auch Dein Bild.

4. Viertes Sonett

Was, eitel Lielbe, gibst für dich nur aus
Du Deiner Ϭchöne Erb'? Nur zum Verleihe
leiht je die Urſtalt. Frei gibt sie heraus
deu, de da selber gibet weit' und freie.
Warum dann, hübiſch Knaus're, treibst Betrug
mit dem, was sie Dir gab, damit Du gebest?
Kann, gwinnlos Wuch'rere, enhoch genug
nicht Deines Reichtums Maß sein, dass Du lebest?
Wenn Du allein mit Dir allein verkehrst,
betreugst Du Dich um Deinen süß'ren Teil.
Und wennst der Urſtalt Ruf zur Abranch hörst,
was beutst Du ihr dann als Deinen Zeugnins feil?
Dem Grabe zöllst Du unꜣeinʞsatzte Zier.
Ein treibt sie ja nur ʞsatzt die Früchte Dir.

5. Fünftes Sonett

Die Ϭtunden, die mit zarter Arbeit mielen
An- diesen -Blick, der jedes Auge wöhnt,
die wollen übel mit demselben ſpielen,
weil Zeit das Ϭchöne nur mit Hälss' entlöhnt.
Ohn' Rast joch Erb- ohn' -Armen treibt sie an
den Sommer Wintert und zerſtört ihn dort,
erfräuert Saft joch Freudenlaub sodann,
verſchneit die Ϭchönheit, kählet jeden Ort.
Und wäßet man dze Sommers nicht gezog'nes
dzun Flaſchenaufen, ein Glas'nein nicht ſpare,
solch' Ϭchönheitswurcht, winnt's Ϭchönheitswerk verflog'nes,
bleibt nicht, noch es, noch Ʞdächtnis, was es ware.
Doch Duft, den man vorm Frost der Blum' entprieß',
bleibt unꜣansehln dze Kerns noch gnauso süß.

6. Sechstes Sonett

Lass nicht des Winters rauhe Hand zerletzen
den Sommer Dërins, ehest Du ausʞsog'ner.
Versüß ein Gfäß, beschätz mit Ϭchönheitsschätzen
doch eine Ϭtätte, eh't dein Ϭchatz verflog'ner.
Nicht zeihet man dens Wuchers Be- joch -Trugs,
de Ϭchuldnen freut mit Zins joch Zinseszins.
Drum wachse Deiner Saat'rauß neuer Wuchs,
ja, zehnfach Glück manchs Kinds joch Kindeskinds!
Zehn Dü'ro wärest zehnmal glülcker Du,
die wieder zehnfach ſpölgen Dir Dein Leben.
Und tät' der Tod Dir auch die Augen zu,
Nach- Deinez -Künftins tät's Dich zehnfach geben.
Vern lass die Ϭchönheit Selbst- durch -Will'n nicht derben,
ern Tod Dich obern, ben Dich Würmer erben.

7. Siebtes Sonett

Ja, Morgen- wie des -Landes gnäd'ges Licht
sein brennend Haupt erhebt, und ihmzu auf
jeds Auge sieht, dem neuerſchien'nen Ʞsicht
joch seiner Harrl zu huld'gen, dessen Lauf
dzum Himmels- ſteilen -Bergsundlang'naufs dann
ſteigt Jugelnd, Mittel- die dem -Alter weicht,
und ſterlber Blick doch findt Bewurnd noch an
der gold'nen Warnde Ϭchönheit: dieses gleicht,
wenn wenn Höchstkëltläng'näbs dann mit müdem Wagen
den Tageslauf es altersſchwachen endet,
der treuen Augen Dienst ihm muss versagen,
dit Niederfert sich eins ums and're wendet,
ganz Dir, der Du, ſchleicht Mit- Dein -Tag davon,
vergessen ſtirbst, enzeugst Du keinen Sohn.

8. Achtes Sonett

Willst, selbst Musik, Du'n der Musik betruben?
Nicht ficht mit Süßem Süßes, Freud' freut Freude.
Was kann, was ſchmerzhaft emp Du fängst, Dir luben?
Was fängst Du glülcken emp, was Dir zu Leide?
Wenn wahre Eintracht wohlgeſtumm'ner Töne
den Deinen Äucken ganz Beleidalg ist,
dann hörst Du wohl wie Ϭchalt joch Tadel jene
dir bietent, deren Chor Dich ſchmerlzen misst.
Mirk auf, wie gegensait'ge sich zum Beben
die Saiten, ver einander mollen, bringent,
als ob mit Einklang einer Ϭtimm' anhöben
anmut'ge Mann joch Weib joch Kind. Sie singent
mit unꜣerhor'nem Sang, doch ein für alle:
Alleine fällst du ver nur Ver- dem -Falle.

9. Neuntes Sonett

Ist's Furcht, dass eine Witwe weint und heult,
die Deine Lad zu lassen Dir versägt,
wenn, so der Tod Dich nachkunftslos ereilt,
die Welt Dich doch, ein einsam Weib, beklägt?
Die Welt wird Deine Witwe sein, sie weint,
weilst Du nicht Deine Gſtalt ihr hinterlass'ne –
wo jeder and'ren Witwe doch erſcheint
der Kinder Äugeninnens der Verblass'ne.
Sieh, was dze Wiltins nutzlos ver man ſchwendet,
bleibt, mag's den Ort auch wechseln, noch der Welt.
Verſchwandte Ϭchönheit jedoch nutzlos endet
und durch del Nutzen Ungebrauch verfällt.
Der Busen kennt' für and're keine Liebe,
der ſchälnden solch Verſchwande mit sir triebe.

Ϩ. Zehntes Sonett

Ϭpiel mir nicht vor, Du tätest Liebe fühlen
zu etwem, wennst Dir selbst kein Achtsam gibst.
Wohl magst Du mit so mancher Liebe ſpielen,
doch gwiss ist, dass du selbst niemanden liebst.
Weil Mörder- Du des -Hasses er Dich pichst,
enist, was wider Dich, Dir nicht zuwider.
Den edlen Bau Du zer zu ſtören süchst,
ſtatt herzurichten, reißt Du ihn hernieder.
Üb Umkehr, dass um meine Mien Du kehrest.
Soll'n Hass Dir lieber gelten denn denn Liebe?
Ach, wenn Du, wie Du ſcheinst, großmütig wärest,
dass Dirt Dein Sinn zumindest güt'gen ſchiebe!
Um meinetwillen ſchaff ein weit'res Du,
worin, wie Dichet, Deine Ϭchönheit ruh'.

Ⲉ. Elftes Sonett

So ſchnelle Du auch ſchrumpfst, so ſchnelle wächst
doch Deinez Kindes das, was Dir entfleucht.
Das junge Blut, das Nachfuhr'nein Du steckst,
bleibt Dein, wenn Deine Jugend hinnen weicht.
Ohn' dies ist Torheit, Greistum nur joch kalter
Verfall, doch Weisheit, Ϭchöne, Ʞdeih darin.
Dächt' jedes Dul, wär' Menschen- futſch das -Alter
nach dreiſtieg Jahren und die Welt dahin.
Lass die durch Ur- die -Ϭtalt Unꜣausꜣerkor'nen
die Rauhen, Formlos-Groben, unfruchtbaren:
Sieh, mehr gab sie dem reichsten schon beſchor'nen:
Mög'st solche Fülle völl'gen Du bewahren!
Ihr Ϭtempel bist Du, sie hat Dich beſtommen,
zu drucken – darum lass Dich nicht verkommen.

Ϫ. Zwölftes Sonett

Die Zeit zu zählen, wie sie Ϭtunden ſchlägt,
wie heller Tag zu düst'rer Nacht wird, ſchauen,
zu sehen, wie Verdurr des Veilchens nägt,
die ſchwarzen Locken silberweiß ergrauen
und buntbelob'ne Bäume laubꜣentblortten
zu seh'n, die Herden einst vor Hitze bargen,
das Sommergrün zu Garben aufvergorten,
weiß- und borstbärtig Bahr'nens einversargen,
das tut mich meiner Deiner Ϭchönheit frägen,
wie weg auch Dich die Zeilte Zukunfts ſchmeißt,
weil Gut joch Ϭchön zu währen nicht vermögen
und ſterbend seh'nt, wie and'res grünt und ſpreußt.
Was einz'gen Zeit- der -Sense trotzen tut,
ist, nimmt sie einens fort, nur ihle Brut.

Ϣ. Drölftes Sonett

Ach, bliebt Ihr doch Ihr selbst! Doch, Liebu, seid
Ihr Euer nur, so lange Ihr hier lebt.
Für Euer künft'ges Ende seid bereit
Ihr, wenn Ihr anderm Euer Abbild gebt.
Und wenn die Ϭchönheit, die Ihr půchtet, fände
Auf- keine -Kundag, Ab- noch -Lauf, wärt bald
Ihr selber neu Ihr selbst, und selbst das Ende
trœg' süße Nach- die -Kunft der süßen Gſtalt.
Wer biët's, der solch ſchönen Bau, den Pflege
joch Zucht bewåhre ehrenvoll, verfällte,
nicht Winter- wider -Tago Ϭtürme häge
joch Eises- wider ew'gen Todes -Kälte?
Verſchwenden nur! Seid, meinu Liebu, mir
wie Euch der Vater Eurem Sohne Ihr.

Vorbeischauer

#1
Fortsatz zum Beweise, dass selbst dze stärksten Deuhochneutschs sich noch dichten (bzw. Gedichte übersetzen) lässt:

Ϧ. Vielftes Sonett

Nicht Ϭternen sind's, wovon ich Urteil pflücke,
und dünk' mich Ϭternen- wohl ein -Deuter doch:
Ensag' zwar weis Erfolg nicht Un- noch -Glücke,
nicht Seuchen, Jahr- noch schlechter -Zeit'no Joch,
enkann auch Augen- jeden -Blick vorher
nicht sagen, weder Donner, Wind noch Regen,
enheiße auch der Fürst'no Los nicht ver,
enweiß nichts von des Himmels Fluch joch Segen.
Doch Deinen Äuckeräuze her ich's leite,
les' dieser Ϭtirnnvörënnens dort solch' Künst'   
als: Weis- joch Ϭchön- zusammen ʞdeuhert -Heitte,
so Du bald Deinet Wuhret um bloß wünd'st.   
Sonst zei ich Ϭchick- Dir solches -Sal prophez:
Was biët wahr und ſchön je: Dirz vergeht's.

5Ϩ. Fuchzehntes Sonett

Betracht' ich, wie, was wächset, kurze Zeit
nur weilet seinez Blütins joch    Vollkünftins
wie un- die gwalt'ge Bühne Ϭchein nur beut
und Ϭchau- ihr -Ϭpiel steht Ϭterneno Beſtünftins,
Beſchau' ich, wie der Mensch Krault auf sich bäumet,
vom selben Himm'le ʞgossen wie auch ʞgeilßen,
der Ϭchrumpfs noch stolz dzel Jugendsalftes ſchäumet
bis Zu- des -Stands Erürnne selbst verſcheulßen
Dann zëigt mir vor dem Ʞsichte an ein Ʞsicht
von zeitweisem Verweil Dich jugendreinchen,
wo Zeitenfülle Ver- mit -Falle ficht,
der jugendtag- Dich -hellen nacht- zëigt -gleinchen.
Und wenn ich mit der Zeit dze Kriegs auch sei:
Was sie Dir ſtib itzt, ich ſchrieb's Dir'nein neu.

6Ϩ. Sechzehntes Sonett

Was mächet, dass Du mächt'g'ren be nicht fichtst
dze Kriegs die böse Zeit, den blut'gen Herrscher,
und nicht Ver- Deinzem -Fallen er Dir rëchtst
die Burg mit dem, was meinem Reime förscher?
Denn Haufenuffen glülcker Ϭtundno hockst Du,
und viel jungfräule Gärten, unbesät,
die gerne Deine Blume trügen, lockst Du,
viel besser doch denn gmalnes Por- Dein -Trät.
Es ſchenken ja des Lebens Linien Leben
wie nicht mein Pinsel, noch der Zeitno Pins
nicht inn'ren Wert noch äuß'res Abbild geben,
dass Du doch lebest Menſchenheitsäugins.
Drum setz Dich ein, dass ſtill Du sitzen kannst
selbst Lein- Dein Leben dzur -Wandnannen bannst.

7Ϩ. Siebzehntes Sonett

Wer glåube meinem Ʞdichte künft'ger Tagens,
füll' ich's mit Deiner allerhöchsten Lölfte?
Weiß Gott! Ein Grab ist's Deiner 'neingetragens:
es hüllt dich ver, und ent nicht mal die Hälfte.
Beſchrieb' den Glanz ich Augen- Deiner -Lichtro,
kekünn' ich zähl'n die Zahl des, das Dir eignet,
das künft'ge Alter ſpräch': ,,Du leugest, Dichtro!
Solch Himmelszug das Erdenʞsicht nie zeichnet."
Einst, meins vergulb'nen Werkes wegverlachtes,
geſcholtenes diel Ϭchwänkel, die sich Greise      
so ſchwätzent, Deines Rechts nicht höher ʞdachtes,
als über- Dichtergrill'no -komm'ne Weise,
dann lübest zweimal Du Deins Kindes lebends,
durch sich joch meinen Reim Dir Leben gebends.

8Ϩ. Achtzehntes Sonett

Gleich'n ich Dich einem Tag voll Sommersonne,
da Du doch lielber, linder, milder, heit'rer bist?
Es ſchültt ein rauher Wind die Knospen Wonne-
des -Monats, raſch läuft ab des Sommers Frist.
Zu heiß sind oft des Himmelsauges Lorden,
und oft ist trüb sein goldener Betracht.
Wie oft enist nicht Ϭchön ſchon unſchön worden
wenn des Gſchicks Wandel übel zu es racht?
Doch Deinem ew'gen Sommer folg' kein Herbst,
nicht führ' die Huld er, deut Dir zugeteil'ne.
Nicht brüste sich des Todes Furnst, Du ſterb'st
– Du wächst hinfort dze jeden einz'gen Zeil'ne.
Solang ein Auge glötzt, ein Atem ſchnäubt,
Solang Dir Leben gebend dieses blëibt.

9Ϩ. Neunzehntes Sonett

Wölltst, Zeit', dem Leu'n der Krallno Manie kürzen,
verſchlönkst die Erd' ihrs Kinds du Ϭchlingerin,
ſpöltst Zahn- dens -Arzten, bis dem Tigre ſchmürzen
die Kiefer, külkst du ver die Phönigin,
magst gute, schlechte Zeiten du mir bringen,
du hast'ge Zeite, alles, wie du möchtest,
magst alle Welt joch alles Süße zwingen.
Doch ʞbiet' ich, dass auf eines du verzächtest:
Nicht darf meinem Liebsten dein Meißel kitzeln
die Ϭtirn, mach kein Origami daraus.
Säh' ich deinen Lauf sein Haupt je bekritzeln,
das Urbild aller Ϭchönheit: Was ein Graus!
Alt Zeite! Alles, auch dein Ϭchlimmstes tu:
Mein Lieb lebt meinez Liedins immerzu.

ϨϨ. Zwanzigstes Sonett

Ein Frauenʞsicht, durch Ur- die -Ϭtalt belohnenes,
hast Du, Du meines Leidens Herrikunwere,
ein Frauen- mildes -Herz, das nicht gewohnenes
an Wandel sich, der, heißt's, ze Wëibins schlummere.
Ein Auge, ihrem hell'res, ehrlern ſchweifendes,
ein alles, was es siehet, stets veredelndes,
ein Mannsbild, unter allen Bildern reifendes,
ein Männeraugen, Frauenseel'n benebelndes.
Die Urſtalt, die Dich einst als Weibsbild ſchuf,
eh Ver- durch -Knall dann ent sich um sie ſchied
die Dir hinzufug, und Dich mir entruf,
durch Zugefog'nes ferner mirt Dich zieht,
memuch, dass Du Vergnug dem Frauenzimmer bist,
doch auch meinz Herzens gleichfalls Raum Dir immer ist.

ⲈϨ. Elfzehntes Sonett

So'n tu' ich nicht wie jener Dichterlümmel,
der der geſchmunk'nen Ϭchönheit Zeilen ſchmiert,
der ihr zu Dienste zwëngt den höchsten Himmel,
ins Feld für seine alles Ϭchöne führt,
Er müht sich, selbst Vergleiche noch zu finden,
mit Boden-, Meeresſchätzen, Sonn' joch Mond,
des Lenzes Erstlingsblüten einzubinden,
joch alles Selt'ne dieser Himmelsroond.
Ach, lasst mich Treuen treulen ab nur bilden
und gläubt mir: ist mein Lieb auch wohl so licht
als irgendeiner Mutter Kind; so gülden
als jene Himmelsfackeln dort ist's nicht.
Mag and'rer and'rem Werbung anverwandeln,
enrühm' ich nicht, was ich nicht ver will handeln.

ϪϨ. Zwölfzehntes Sonett

Mein Ϭpiegelchen engläubt mich nicht, ich ürlte,
solang Dich Jugendtage nicht verließen.
Doch wenn Dein falt'ges Ʞsicht die Zeit mir ſchürlde,
säh' ich dem Tod mich meine Tage büßen.
Denn all die Ϭchönheit, die ſchön um Dich hüllt,
ist hübſche Kleidung nur des Herzens mein,
die Deinen Busen wie Deins meinen füllt.
Kekünn' ich denn dann denn Du älter sein?
Drum mög'st, mein Liebe, für Dich selbst Du sorgen,
ganz ilch – nicht meinet-, sondern Deinetwegen –
Dein Herzerl trag, es warm joch wohlestʞborgen
diel Ammel vor der Seuch' das Kind zu hegen.
Vernlang Dein Herz nicht, wenn ver meines dörrt:
Was man verſchonken, zu- nicht -rück man förrdt!

ϢϨ. Drölfzehntes Sonett

Ein mittelmäß'gelz Ϭchauſpielel dze Bühne,
so ihlez Angsts der Worte sich gebrecht,
ein wildels Vielch mit übermäß'ger Miene,
dem seine eig'ne Ϭtärk' das Herzlein ſchwächt,
fürcht' ich, man glöb' mir nicht, und drum vergess' ich
die Dings, äh, rechten Liebeszauberwörter.
Ϭcheint meiner Liebe Macht drum nur noch mäßig,
beläst sie mich tatsalchen umso härter.
Drum lass' die Wort' ich meinen Büchern über,
ſtumm verzukünden, was dze Büs'nins fäuchet.
Sie, liebt mir be, würben um Liebe lieber
denn ver- die brooch'ne Zung', die sonst man bräuchet.
Lernt lesen ſtiller Liebe Ϭchrift. Denn wisst:
Das Augenhören ist der Lieb' Geist.

ϦϨ. Vielfzehntes Sonett

Mein Aug' seſpel dens Malen und es ſtallte
dzur Herzensſtaffeleinauf Deine Gſtalt,
dass so mein Leib ein dich stets grahmen halte.
Und die Betracht erst mächt del Künstlens Ghalt.
Du musst erst durch die Kunst dzum Künstlens glangen
Dein wahres Bild zu finden, fein joch glatt
auf Werk- dze meines Busens -Ϭtatte ghangen.
die Deine Äucken sich zu Fenstern hat.
Welch gute Taten Äucke Äucken muchen!
Mält meines Deine Gſtalt, lässt Deines mich
dzer meinen eig'nen Brust'rein seh'n, lässt suchen
die Sonne Dich, dran zu ergötzen sich.
Doch Voll- ohn' -Ϭtand verſchönt des Auges List:
Es mält nur, was es sieht, und nicht, was ist.

ϤϢϢ. Vordoppeldrölftes Sonett

Mög' stolz sich Ruhms joch Ehren brüstend, wer
dze Gunste ſtehet Ge- der -Ϭtirno, tönen.
Sägt mir das Ϭchicksal solchen Ruhm auch ver,
mag ich doch heilmen höchster Ehrfurcht frönen.
So Ringel- sücht die -Blum' das Aug' der Sonnen,
wie Hof- die -Ϭchranze auffält ihre Blätter,
mit ihrem Grab schon sërins: ihre Wonnen
ſchmettert schon zer ein einz'ges Donnerwetter.
Die Ehre tausend Siego, deut erfocht'ne
de Recke, söt sich Ϭchweißs joch Ϭchmerzes gſchlagen,
doch deut alsbald vergess'ne und vernocht'ne,
die tilgnet schon durch Nieder- eine -Lagen.
Fröhl bin joch glülck ich liebend joch auch globen,
beweg' ich nichts, bewegt mich nichts dort droben.

ϢϢ. Doppeldrölftes Sonett

O Herro meiner Lieb', Dein starker Ϭtrick
zwang Ver- durch -Dienst mich Lehnspflichts Dir zu beugen.
Dir sende Ab- als -Urnd ich Ϭchrift- dies' -Ϭtück
von Pflicht zu zeugen, nicht den Witz zu zeigen.
Solch große Pflicht ſchaint meinen Witz so ſchlicht
joch bloß er, dass sie keins der Worto jähe.
Doch hoff' ich, dass An- Deine gute -Sicht
dze Seelengeists den Nack'nen ver- wohl -sehe.
Bis Ge- ein -Ϭtirn, von dessen Licht ich leide,
mit ſchönem Anſchein gnäld'gen be mich tucht,
dass Lumpen- meine -Liebe hübſch sich kleide,
ich würdig zeigne Deiner süßen Ucht.
Ich, bis ich dann mich dich zu lieben brüste,
enzieg' mich nicht, dass mich mein Herr nicht tüste.

Und damit fürs Erste auch genug.